Bergisch GladbachStreit zwischen Städtepartnervereinen für Nahen Osten eskaliert

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Die Künstlerin Orna Ben-Am mit ihrem „Schlüssel zur Freundschaft“ – er steht auf dem Ganey Tikva-Platz in Gladbach. 

Die Künstlerin Orna Ben-Am mit ihrem „Schlüssel zur Freundschaft“ – er steht auf dem Ganey Tikva-Platz in Gladbach. 

Bergisch Gladbach – Es gibt in der Bundesrepublik nur eine Handvoll Kommunen, die gleichzeitig eine Partnerschaft mit einer Stadt in Israel und einer im Westjordanland unterhalten. Bergisch Gladbach ist so eine Stadt. Es gibt Verbindungen nach Israel (Ganey Tikva) und ins Westjordanland (Beit Jala) Aber es kriselt zwischen den beiden Gladbacher Partnerschaftsvereinen. Nach einer Veranstaltung – die beide Vereine zusammenbringen sollte – ist nun der Streit eskaliert und das gesamte Konstrukt der trilateren Partnerschaft steht auf der Kippe.

Eigentlich waren Michael Fürst und Dr. Yazid Shammout nach Bergisch Gladbach gekommen, um für neue Impulse in der Partnerschaft zu sorgen. Fürst ist Vorsitzender des jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, Shammout, Vorsitzender der Palästinensischen Gemeinde Hannover. Die beiden sind eine Art Vorzeigepaar in Sachen Verständigung zwischen Palästinensern und Israelis. Und in Gladbach sollten sie mit den Vertretern der Partnerschaftsvereine diskutieren. Was auch – unter Ausschluss der Öffentlichkeit – unter der Leitung von Bürgermeister Lutz Urbach geschah.

Über die Bewertung der Veranstaltung kam es zum heftigen Streit.

Eine gemeinsame Presseerklärung wurde vom Ganey Tikva-Verein schließlich grundsätzlich abgelehnt. Man sollte besser „den Mantel des Schweigens“ über die Veranstaltung legen.

Dr. Yazid Shammout (links) und Michael Fürst konnten nicht helfen, den Streit der Partnervereine in Gladbach zu schlichten. 

Dr. Yazid Shammout (links) und Michael Fürst konnten nicht helfen, den Streit der Partnervereine in Gladbach zu schlichten. 

Die Stadt veröffentlichte dann aber eine Presseerklärung die fast wortgleich mit dem Vorschlag des Beit Jala-Vereins ist. Danach war das Gespräch mit dem Duo Fürst-Shammout ein voller Erfolg. Kein Wort von dem Streit der Partnerschaftsvereine. Im Gegenteil – wörtlich heißt es in der städtischen Mitteilung zum Verhältnis der beiden Vereine: „Man kennt sich, man schätzt sich, aber gemeinsame Aktivitäten sind rar.“

Auf Anfrage erklärte die Pressestelle der Stadt: „Die Veranstaltung lief harmonisch und war aus Sicht der Stadtverwaltung und des Bürgermeisters ein Erfolg. Dass im Nachgang der Ganey-Tikva-Verein über diese Veranstaltung den Mantel des Schweigens hüllen möchte und auch keine Fotos hiervon freigegeben hat, entspricht nicht unserer Vorstellung von Öffentlichkeitsarbeit.“

Hemming will an Partnerschaftsprojekten festhalten

Petra Hemming, die Vorsitzende des Ganey-Tikva-Vereins, hält die Pressearbeit der Stadt für einseitig und eindeutig vom Beit-Jala-Verein dominiert. „Und da machen wir nicht mehr mit. Für uns ist jetzt ein Punkt erreicht, an dem wir uns neu aufstellen müssen.“ Ihr Verein werde sich in Zukunft sehr deutlich gegen jede Form des Antisemitismus in der Stadt positionieren. „Es ist für uns eine traurige Tatsache, dass der Beit Jala-Verein diesem Antisemitismus Vorschub leistet.“ Das müsse so deutlich gesagt werden und es müssten daraus die Konsequenzen gezogen werden.

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Ausdrücklich will Hemming an den Partnerschaftsprojekten festhalten. So gebe es am 11. November eine gemeinsame – also mit beiden Partnerschaftsvereinen – veranstaltete Lesung mit der israelischen Autorin Lizzie Doron. Aufgabe der Vereine sei es schließlich, die Menschen zusammenzubringen. Und nicht ständig und einseitig die Politik Israels zu kritisieren. Denn die Grenze zwischen einer Kritik an der israelischen Politik und des Antisemitismus sei fließend. Tatsache sei, dass es auch in Bergisch Gladbach immer häufiger Fälle von Antisemitismus gebe. Hemming: „Es gibt Drohbriefe und Beleidigungen auf der Straße.“

Beim Beit Jala-Verein wird die Entwicklung mit einer Mischung aus Unverständnis und Bestürzung kommentiert. Jörg Bärschneider, Sprecher des Beit-Jala-Vereins: „Wir lassen uns ganz sicher nicht in die Antisemitismus-Ecke stellen.“ Selbstverständlich müsse in den Vereinen über die aktuelle Politik gesprochen werden dürfen. „Wir organisieren zum Beispiel Reisen und wenn die Menschen zurückkommen, tauschen sie ihre Erfahrungen aus. Das gehört zu einer Städtepartnerschaft dazu.“

Unumstritten ist der angekündigte neue Kurs des Ganey Tikva-Vereins auch intern nicht. Es gab bereits Austritte, andere haben ihn angekündigt. Von der per Ratsbeschluss gewollten gemeinsamen Linie der beiden Vereine, dem Aufbau von trilateralen Beziehungen ist man in Bergisch Gladbach weiter entfernt denn je.

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