Bergisches MuseumSchmiedeaktion für morsches Hammerwerk

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Am Hammerwerk: Herbert Ommer (r.) vom Förderverein erklärt Besuchern, wie es funktioniert.

Bergisch Gladbach – Schlägertypen wie Ingo Schultes und Herbert Selbach, die auch am Feiertag für eine ordentliche Keilerei sorgen, werden gebraucht im Bergischen Museum. Die am Burggraben gelegene Einrichtung hat ein buchstäblich stämmiges Problem, für dessen Beseitigung man gar nicht genug Haudraufs in petto haben kann. Museumsmitarbeiterin Bettina Vormstein, die das Ganze mit der Kamera dokumentiert, spielt zwischen den beiden auch noch gehörig mit dem Feuer.

Was auf den ersten Blick martialisch scheint, dient einzig und allein dem guten Zweck. Um das dringend restaurierungsbedürftige, weil morsche Hammerwerk zu retten, werden am Pfingstmontag (passenderweise) Hämmer verkauft, die Museumsschmied Schultes sowie sein selbsternannter Lehrling Selbach gekonnt zusammenkeilen.

Test per Hammerschlag

Bettina Vormstein drückt dem Ganzen dann ihren Stempel auf, der das Werkzeug als Museums-Souvenir im positiven Sinne brandmarkt. Jeder Hammer kann vor dem Erwerb auf einem Klotz auf seine Schlagfertigkeit getestet werden.

Hausherrin Sandra Brauer rührt derweil mit dem Rest des Teams kräftig die Werbetrommel für den Wolfertshammer, in dem einst Eisen für die Klingenindustrie veredelt wurde. Kurz-Führungen stehen ebenso auf dem Programm wie Erläuterungen am Modell, das Mitarbeiter Horst Müller angefertigt hat, sowie Hufeisenwerfen und Nagelbilder gestalten für Kinder.

Gearbeitet wird ansonsten nur in der Schmiede, denn nebenan, an dem aus dem Gelpetal stammenden Hammerwerk, das seit 60 Jahren im Museum das Zusammenspiel zwischen Schmiedefeuer und Wasserkraft veranschaulicht, hat buchstäblich der Zahn der Zeit genagt.

Welle und Wasserrad morsch

Welle und Wasserrad des technischen Denkmals sind morsch und müssen ersetzt werden. Dass Herbert Ommer vom Förderverein da schon mal der Hut hochgeht, liegt allerdings nicht an den geschätzten Kosten von rund 60.000 Euro, sondern am nicht ungefährlichen Arbeitsplatz im Schwingsessel neben dem Schwanzhammer.

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Welle und Wasserrad des historischen Hammerwerks sind marode und müssen ersetzt werden.

Ein Werkstück hat ihm dort schon mal bei der Bearbeitung die Kappe vom Kopf gerissen. Zurzeit indes steht der 40 Kilo schwere Eisenhammer, der lautstark bis zu 200 Mal pro Minute zuschlägt, ebenso still wie das Wasserrad. Für den mächtigen Eichenstamm, der quer durch die Hammerschmiede führt, wurde bereits Ersatz in einem Wald bei Würzburg gefunden und ins Erzgebirge gebracht, wo der Baum für seinen Einsatz in Bensberg vorbereitet wird.

Acht Meter astfrei muss er sein und einen stattlichen Umfang besitzen, erläutert Mühlenbauer Karl Höller derweil im Ausstellungsraum, wo historische Fotos und Filme die Geschichte des nach dem letzten Besitzer Ernst Wolferts benannten Hammerwerks dokumentieren. „So was steht nicht an jeder Ecke“.

Würde man noch auf die historischen Vorgaben achten, dürfe die Eiche auch nicht an einem Hang stehen und müsse im Winter bei Vollmond gefällt werden. Der Mühlenbau ist im Hause Höller Familientradition, erklärt Höller und verweist auf eine lückenlose Kette bis zum Urgroßvater. Mühlen seien immer noch gefragt (vor allem für Getreide) allerdings finde die Konstruktion längst am Computer statt.

In der Schmiede wird derweil backende Steinkohle der Marke „Fettnuss 4“ nachgelegt, um 1100 bis 1200 Grad zu gewährleisten, werden weiter Hämmer zusammengehämmert und mit Keilhülsen versehen. Dazu gibt es Anekdoten aus Zeiten, in denen Schmieden ein Pakt mit dem Teufel nachgesagt wurde, und Machthaber eine perfide Art hatten, besonders geschickte Experten am Amboss an ihren Hof zu binden, indem sie dem Mann am heißen Eisen Sehnen im Bein durchtrennten, um ihn am Weglaufen zu hindern.

Und während die Besucher erfahren, wie Hufeisen oder Gleisnägel entstehen, und dass der Begriff Rennofen nichts mit Tempo zu tun hat, sondern sich vom Wort Rinne ableitet, erinnern Schultes und Selbach daran, dass Karbid-Recycling einst der Knaller war, in dem das Abfallprodukt bei Polterabenden zum Milchkannenschießen verwandt wurde.

Ob das für einen seltsamen Nachgeschmack gesorgt hat, sei nicht bekannt. Die Kannen seien danach jedenfalls gereinigt und wieder mit Milch gefüllt worden.

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