Blick nach vorneBergisch Gladbach plant Einrichtung eines Zanders-Ausschusses

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Schon lange geschlossen: Das Tor durch das früher die Kohle fürs Kraftwerk per Bahn geliefert wurde.

Schon lange geschlossen: Das Tor durch das früher die Kohle fürs Kraftwerk per Bahn geliefert wurde.

Bergisch Gladbach – Die Papierfabrik Zanders gibt es seit dem 1. Mai nicht mehr. Und von außen gesehen passiert auch nichts. Aber der Eindruck täuscht. Auf mehreren Ebenen wird an der Zukunft des Geländes gearbeitet, und die Verwertung der Zanders-Maschinen läuft ebenfalls. Wir fassen die wichtigsten Entwicklungen zusammen.

Gibt es Neuigkeiten auf politischer Ebene?

Die Fraktionsvorsitzenden haben sich in den vergangenen Wochen mehrmals mit Bürgermeister Frank Stein (SPD) getroffen. Und haben sich bereits im Groben auf einen Fahrplan für die nächste Zeit geeinigt. So soll Bergisch Gladbach einen neuen Ausschuss bekommen – den Zanders-Ausschuss. Dort soll es dann um nichts anderes als die Gestaltung des 37 Hektar großen Geländes im Herzen der Stadt gehen. Zugearbeitet wird von einer Projektgruppe der Verwaltung, die direkt dem Bürgermeister unterstellt ist. Also klassische Chefsache. Konkret hat die Stadt bereits ein externes Büro mit der Planung einer Struktur - was muss bei der Entwicklung von Zanders zuerst geschehen? - beauftragt.

Und Bürgermeister Frank Stein zieht die Fäden?

Tut er. Und er kann dabei auch persönliche Expertise einbringen. Bei der Konversion der ehemaligen Bahnfläche im Leverkusener Stadtteil Opladen zur „Neue Bahnstadt Opladen“ war Stein beteiligt. Das sind 72 Hektar Land, die dort einer neuen Nutzung zugeführt wurden und immer noch werden.

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Ist das Projekt Neue Bahnstadt Opladen ein Erfolg?

Ja das ist es. Stein hat im vergangenen Jahr mehrere Gruppen nach Opladen eingeladen, um zu zeigen, was aus einer Industriebrache werden kann.

Ist denn Zanders mit Opladen vergleichbar?

Jein. Zanders liegt im Herzen einer Stadt, Opladen am Rande. Das Zanders-Gelände umfasst 37 Hektar, die Bahnstadt 72 Hektar. Es sind schon unterschiedliche Projekte. Aber natürlich kann von der Projektsteuerung gelernt werden. Wie man eine solche Aufgabe anpackt. Den Planungsauftrag an das externe Büro, die Bündelung der Verwaltungsstränge und auch den Zanders-Ausschuss hat Stein vorangetrieben.

Was passiert auf dem Werksgelände?

Da ist der Insolvenzverwalter Marc d’Avoine bemüht, möglichst viel Kapital aus den Maschinen zu schlagen. Er hat dafür externe Hilfe engagiert. Die Zanders-Maschinen werden weltweit feilgeboten. Die Gerüchteküche brodelt kräftig. Mal ist von Investoren aus Asien die Rede, die die PM3, also die größte Papiermaschine auf dem Gelände, kaufen und tatsächlich wieder aufbauen wollen. Dann sind es Investoren aus der Schweiz, die sich die Maschinen sichern und ausschlachten wollen. Am Ende des Tages wird sich zeigen müssen, ob die Inventarliste das Papier wert ist, auf die sie gedruckt wurde.

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Inventarliste?

Eine echte Fleißarbeit. Zur Bewertung der Zanders-Masse wurde diese Liste erstellt. Und da steht für die PM3 zum Beispiel ein Wert. Leider ist diese Liste ja nicht öffentlich. Erst mit dem Geld aus dem Verkauf der Masse hat der Insolvenzverwalter auch das Geld, um das Gelände zu räumen. Können die Preise der Inventarliste nicht realisiert werden, dann muss vom Verwalter die „Masseunzulänglichkeit“ erklärt werden.

Dann bleibt der Rückbau samt Entsorgung bei der Stadt hängen. Allein die Entsorgung der Chemikalien, die nun nicht mehr gebraucht werden, kostet viel Geld. Aber nicht nur das. Auch wenn nichts mehr produziert wird, zahlt d’Avoine weiter eine Miete an die Stadt. Es gibt also viele Gründe für die Stadt, d’Avoine bei seinen Verkaufsaktivitäten die Daumen zu drücken.

Und die Zandrianer?

Es ist unglaublich, wie schnell die Menschen aus dem Fokus geraten. Jetzt soll doch noch eine Jobbörse organisiert werden. Genaueres ist allerdings unbekannt. Jahrelang, ja jahrzehntelang, ging es darum den Betrieb der Papierfabrik für die Zandrianer aufrechtzuerhalten. Oberstes Ziel der Stadt war es, die Produktion zu sichern. Jedenfalls stand das so in den Ratsbeschlüssen. Innerhalb weniger Wochen dreht sich alles nur noch um die Frage, was aus dem Gelände wird. Mag sein, dass das normal ist, weil es weiter gehen muss, weil vielleicht alles so zu erwarten gewesen ist. Aber dennoch: Das Tempo des Vergessens ist atemberaubend.

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