Bundesanstalt für StraßenwesenBeim Aktionstag gab es Crashtests und Fahrsimulationen

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Nachgestellte Unfallszenen verdeutlichten, wie gefährlich der Straßenverkehr für Radfahrer ist.

Nachgestellte Unfallszenen verdeutlichten, wie gefährlich der Straßenverkehr für Radfahrer ist.

  • 50 Aktions- und Informationsstände bot die Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast) ihren Besuchern beim Tag der Verkehrssicherheit
  • So war zum Beispiel das Dummy-Museum ein Besuchermagnet
  • Was alles ausprobiert und entdeckt werden konnte, lesen Sie hier

Bensberg – Intelligente Brücken, eine Carrera-Bahn mit Tunnelblick und ein als Rennauto getuntes Polizeifahrzeug: „Gibt’s nicht“ gab’s nicht beim Tag der Verkehrssicherheit auf dem Gelände der Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast), die mit 16 Kooperationspartnern 50 Aktions- und Informationsstände aufgebaut hatte.

Das 374 PS starke BMW i8 Coupé, das als Polizeifahrzeug für sicheres Tuning wirbt, konnte ebenso bestaunt werden wie der begehbare Tunnel der Feuerwehr Niedersachsen, der in zwei Containern (inklusive Notausgang) zum „Dialog im Dunkeln“ einlud.

Bundesanstalt in Zahlen

1951 gegründet, ist die Bundesanstalt für Straßenwesen 1983 von Köln nach Bergisch Gladbach gezogen. Auf dem 20 Hektar großen Areal an der Brüderstraße stehen zehn Versuchshallen, in denen teilweise weltweit einzigartige Großversuche aufgebaut sind.

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407 Beschäftigte, 19 Auszubildende und zehn internationale Gastwissenschaftler waren dort im vergangenen Jahr aktiv, zudem war die Frankenforster Einrichtung im In- und Ausland in 875 Gremien vertreten und betrieb mit 198 Wissenschaftlern rund 300 eigene und weitere 300 externe Forschungsprojekte.

700 Publikationen und Vorträge entstanden 2018. Ziel der Bast, die über einen Etat von 47 Millionen Euro verfügt, ist es, die Leistungsfähigkeit des Verkehrssystems Straße, die Verkehrssicherheit sowie die Umweltverträglichkeit von Straßenbau und -verkehr zu verbessern. Forschungen und Feldversuche gehören ebenso dazu wie die Fortschreibung von Regelwerken sowie die Prüfung und Zulassung von Produkten. (kme)

Carrerabahn simuliert Tunnel

Dass man mit Carrerabahn-Fahren sein Geld verdienen kann – wenn man es denn zu Forschungszwecken betreibt – erfuhren die Besucher bei Ingo Kaundinya, der mit seinen Kollegen auf einer 50 Meter langen Strecke knapp 700 Meter Tunnel simulieren kann. Was auf den ersten Blick wie ein Spielzeug wirkt, ist eine deutschlandweit einmalige Versuchsanordnung: Lüftungsventilatoren blasen Partikel in die Röhren, Laser machen die Strömung sichtbar.

Während auf dem Außengelände sehr zur Freude von Bast-Pressesprecherin Iris Schneidermann ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Güterverkehr einen Knirps auf dem Kettcar per Kelle zum Wiegen einweist und wenige Meter weiter Kinder in Splithaufen nach „Edelsteinen“ suchen, erklärt Janine Kübler in der Halle, was es mit der perforierten Leitplanke auf sich hat, hinter der sich eine Art stählerne Matratze befindet. Damit soll Lärm dort absorbiert werden, wo er entsteht. Für gerne als Motorradrennstrecken genutzte Serpentinen ist das indes mangels geeigneter Kurvenlage der „Matratzen“ nicht nutzbar.

Oscar und Pinocchio im Dummy-Museum

Wenige Meter weiter ist der Andrang groß, auch wenn die Räder stillstehen: In einem Rundlauf werden im Dauerversuch Materialien für Fahrbahnmarkierungen getestet. Insgesamt zwei Reifensätze rollen vier Wochen lang nonstop über die Teststreifen. Europaweit, informiert Kübler, gibt es nur zwei solcher Versuchsanlagen; die zweite steht in Spanien.

Gemütlicher geht es im Dummy-Museum zu. Hier begegnet man dem hölzernen Oscar, der 1970 nicht nur seinen Kopf für Gurttests hinhalten musste. Genauso alt ist auch Pinocchio, der erste Kinderdummy und Begründer einer ganzen Serie von Crashtest-Figuren.

Der „Hilfefinder“ im Internet

Erste Hilfe für die Seele ist ihnen eine Herzensangelegenheit: Mit einem symbolischen Knopfdruck schalteten Professor Stefan Strick von der Bundesanstalt für Straßenwesen (Bast), Silke von Beesten von der Verkehrsunfall-Opferhilfe Deutschland (VOD) und Professor Walter Eichendorf vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) mit dem „Hilfefinder“ im Foyer der Bast ein „neues und bislang einzigartiges Internetportal zu psychischen Unfallfolgen“ online. Es versteht sich als Informationsangebot für Unfallopfer, Angehörige, Zeugen oder Helfer und listet rund 100 Kontaktadressen zu Institutionen auf, die erste Unterstützung bieten.

„Die Idee kam aus unserer Forschung“, erläuterte Ingo Koßmann, der Leiter der Abteilung Verhalten und Sicherheit im Verkehr der Bast, der beim „Tag der Verkehrssicherheit“ gemeinsam mit dem Verkehrspsychologen und -pädagogen Fabian Surges für das kostenlose Angebot warb. Untersuchungen hätten ergeben, dass bei jedem tödlichen Verkehrsunfall im Durchschnitt 113 Menschen betroffen sind, angefangen von den Helfern vor Ort über die Angehörigen bis zum Freundeskreis des Unfallopfers. Sie alle können, wie es im Fachjargon heißt, „Belastungsreaktionen auf ein Extremereignis“ zeigen, die zu psychischen Erkrankungen führen. Der Hilfefinder soll diese Entwicklung bereits im Vorfeld stoppen, frühzeitig und unbürokratisch den Weg zu professionellen Hilfsangeboten weisen.

Unter anderem kann der Nutzer der Seite in einem „Trauma-Check“ psychische Belastungssymptome erkennen und regionale Institutionen finden, die Hilfe anbieten, „schnell und in der Regel kostenfrei“, wie die Macher versprechen. Auch aktuelle Forschungsprojekte, rechtliche Aspekte oder Behandlungsmöglichkeiten werden beleuchtet.

Ziel der Webseite ist es, „sowohl die Betroffenen als auch die Behandelnden im Hinblick auf psychische Unfallfolgen zu sensibilisieren, und eine schnelle und zielführende Versorgung psychisch belasteter Verkehrsunfallopfer zu erreichen“. Bereits im Vorfeld habe das neue Projekt eine sehr positive Resonanz erhalten. (kme)

www.hilfefinder.de

Neuster Dummy kostete 700 000 Euro

„Die Nase könnte länger sein“, gibt André Eggers, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Referat passive Sicherheit und Biomechanik, zu. Ein Dummy könne 30 bis 40 Jahre halten, aber zwischendurch müssten Bauteile wie einzelne Rippen erneuert werden. Der Modernste ist der hochtechnisierte Thor, der Sensoren in einer Box zusammenfasst und den Forschern mit rund 700 000 Euro ebenso lieb wie teuer ist. „So eine historische Sammlung findet man sonst nirgends“, erklärt Eggers.

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Belagert und als Selfie-Objekt begehrt ist auch der große Lkw, der normalerweise Warnschild-Hänger über die Autobahnen zieht und zudem mit einem Assistenzsystem gegen tote Winkel ausgestattet ist. Wer von Patrick Seiniger erfährt, dass die Lebenserwartung eines Schilderhängers gerade mal zweieinhalb Jahr beträgt, dem wird schnell klar, warum der Lkw eines Tages autonom fahren soll.

Kopfstand testen im Überschlagsimulator

Zu den Höhepunkten im Programm gehörten die spektakulären Crashtests, bei denen Blech zu Schrott wurde und Radfahrer-Dummys durch die Luft flogen, um zu demonstrieren welch verheerende Wirkungen schon ein Aufprall mit niedriger Geschwindigkeit haben kann.

Wer wollte, konnte im Überschlagsimulator den Kopfstand proben, in Liegestühlen Informationen über den Sekundenschlaf sammeln oder sich als Proband für eine Studie zum automatisierten Fahren bewerben. Gezeigt wurden zudem die Siegerentwürfe des Bast-Wettbewerbs zum Thema Autobahnkunst. Einer davon, „Das Rad“, gefertigt von Lukas Süß aus Teilen einer der ältesten Autobahnen Deutschlands, der Autobahn 11 von Berlin nach Stettin in Polen, soll einen Platz auf dem großen Außengelände der Bundesanstalt finden.

www.bast.de

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