Abo

Busse für ButschaWie Bergisch Gladbach Hilfe in die Partnerstadt bringt

Lesezeit 4 Minuten
Busse für Butscha_2

Die ersten Busse waren unterwegs von Bergisch Gladbach nach Butscha.

Bergisch Gladbach/Butscha – Die Nachricht kommt erst spät Dienstagabend, als es in Butscha schon dunkel ist: Die ersten von insgesamt zehn Linienbussen aus Bergisch Gladbach haben die ukrainische Partnerstadt erreicht.

Aufatmen bei den Helfern. Bis dahin ist der jüngste Hilfskonvoi, den die Stadt Bergisch Gladbach unter organisatorischer Leitung der Feuerwehr, mit dem neu gegründeten Partnerschaftsverein, der Bethe- und der Kultopia-Stiftung sowie zahlreichen Unterstützern für die Menschen in der Stadt nordwestlich von Kiew auf den Weg gebracht hat, streng geheim gewesen.

Konvoi in die Ukraine sollte nicht gefährdet werden

Um den Konvoi nicht zu gefährden. Schließlich wären zehn Busse auch für Drohnen und Raketen der russischen Angreifer ein lohnendes Ziel gewesen. Dabei könnte die Hilfslieferung für die Partner in Butscha nicht nur in den nächsten Wochen (über-)lebensnotwendig werden, sondern sie ist in den vergangenen Tagen auch mehr als einmal von Unvorhersehbarem bedroht gewesen...

„Die russischen Besatzer haben sämtliche Busse zerstört oder mitgenommen“, hatte Butschas Vize-Bürgermeisterin Mykhailyna Skoryk-Shkarivska noch vor wenigen Wochen bei der Eröffnung der Fotoausstellung über die von russischen Soldaten auf offener Straße erschossenen Bewohner Butschas im Gladbacher Rathaus berichtet.

Sechs Busse für Verbindung von Butscha nach Kiew

„Sechs Busse brauchen wir, um die Busverbindung von Butscha nach Kiew wieder in Betrieb nehmen zu können“, so die 43-Jährige. Die Gladbacher Partner hatten noch im Anschluss an die Ausstellungseröffnung einen Partnerschaftsverein gegründet und am Tag darauf damit begonnen, mit Hilfe bereits eingegangener Spenden gebrauchte Busse zu beschaffen.

Als Glücksfall erwies sich neben der generell guten Vernetzung der Feuerwehr der Kontakt von deren Pressesprecher Elmar Schneiders zum Geschäftsführer des Verbands Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen (NWO). Innerhalb weniger Tage hatten die Feuerwehrleute gleich elf Busse zusammen, zudem Fahrer und Ersatzfahrer, um den gesamten Konvoi nach Butscha zu bringen.

Neue Raketenangriffe machten Plan zunichte

Das jedenfalls war der Plan, bis die russischen Angreifer am Montag vor drei Wochen die Raketen- und Drohnenangriffe auch auf Kiew ausweiteten. „Nach Butscha durchzufahren können wir derzeit nicht verantworten“, zog der Leiter der Bergisch Gladbacher Feuerwehr zähneknirschend die notwendig Konsequenz – und wollte das Vorhaben ruhend stellen und den Hilfskonvoi verschieben – bis er erneut mit den Partnern aus Butscha sprach.

„Man kann sich hier nicht vorstellen, wie wichtig diese Busse für die Menschen dort sind, die den russischen Angreifern, wo es eben geht, zurückgewonnene Normalität entgegensetzen wollten.“ Und dazu, so hatten die Verantwortlichen aus der Partnerstadt Köhler erklärt, hätte die Wiederaufnahme der Buslinie nach Kiew enorme Bedeutung.

Bergisch Gladbach: Orga-Team musste umplanen

Das Organ-Team, zu dem auch Köhlers Vize Frank Haag, Krisenmanagerin Nicole Haag und Christian Fischer gehören, plante kurzfristig um. An der Grenze wollte man nun die Busse übergeben. Als vergangenen Donnerstag allerdings immer noch die Genehmigung aus Polen aussteht, leere Busse auch mit Lkw-Führerschein überführen zu dürfen, wird der Plan abermals geändert.

Die Verantwortlichen in Butscha organisieren ausreichend Busfahrer und – was für Männer im wehrfähigen Alter noch schwieriger ist – Ausnahmegenehmigungen, um den deutschen Partnern bis zur deutsch-polnischen Grenze entgegenzukommen. „Und jetzt steht ihr hier und es geht los“, dankt Bürgermeister Frank Stein schließlich am frühen Sonntagmorgen den Freiwilligen, die auf dem Zandersgelände die Motoren von zehn der Busse starten.

Ein Bus hat Probleme mit der Lenkung

Einer hat Probleme mit der Lenkung, wird erst später die Reise nach Butscha antreten. Zehn aber sind startklar und starten begleitet von drei Mannschaftstransportwagen der Feuerwehr, die die Helfer nach der Übergabe zurück nach Gladbach bringen sollen, durchs nächtliche Gladbach in Richtung Autobahn.

„Wer hätte das noch vor ein paar Tagen gedacht“, sagt ein Helfer der Bodencrew halblaut, als der Konvoi den Turbokreisel passiert. Da soll es noch mehr als zwölf Stunden und einen nicht unwesentlichen Pannenstopp dauern, bis die Busse tatsächlich vor den aus Butscha angereisten Fahrern stehen. Die empfangen ihre deutschen Partner mit herzlichen Umarmungen.

Gladbacher handeln mit Herz

„Was Ihr für uns tut, ist mehr als Geld oder Busse zu geben“, sagt Oleksii Martinuk von der Stadtverwaltung Butschas: „Was ihr für uns tut, ihr redet nicht, sondern ihr handelt – mit Herz.“ Mancher der Helfer aus dem Bergischen, die da im Dunkeln auf einem Parkplatz kurz hinter der polnischen Grenze in Görlitz stehen, bekommt unwillkürlich eine Gänsehaut. Dass die zusätzlich mit Notdächern, Decken, medizinischem Material, Generatoren, Handys und Powerbanks beladenen Busse eine solche Bedeutung haben, hatte mancher kaum für möglich gehalten...

Das könnte Sie auch interessieren:

Wie die deutschen Fahrer den Hilfskonvoi erlebt haben und was den ukrainischen Partnern nach der Übergabe an der deutsch-polnischen Grenze noch bevorstand, lesen Sie morgen.

KStA abonnieren