Durch die InnenstadtBergisch Gladbach soll neue Umgehungsstraße bekommen

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Von der Buchholzstraße würde die Entlastungsstraße abzweigen.

Von der Buchholzstraße würde die Entlastungsstraße abzweigen.

Bergisch Gladbach – Das kommt überraschend: In der Stadtmitte soll tatsächlich eine neue Straße gebaut werden.

Keine kleine Wohnstraße ist gemeint, sondern eine Art innerstädtische Ortsumgehung oder Bypass, von der Eisenbahn-Überführung an der Buchholzstraße/Britanniahütte über die Passage am Gewerbegebiet Kuhlerbusch bis zum Anschluss an die Mülheimer Straße und vielleicht weiter bis Refrather Weg.

Man könnte das Projekt auch als Ersatz für das Autobahnzubringerprojekt Gladbach-Bensberg auffassen – hier soll ja ein Radschnellweg entstehen. Wer von Paffrath, Schildgen oder Hand oder auch Refrath kommt, soll die neue Straße als Umgehung der Stadtmitte nutzen. Beide Entscheidungen, neue Straße und neuer Radschnellweg, sind wegweisend für die Verkehrssituation. Die Ausschusssitzung am 14. September könnte daher für die Verkehrserschließung historisch werden.

Auf dem Bogengleis

Gebaut werden soll die neue Straße auf den alten Gleisanlagen des Gleisdreiecks, also auf dem von 1912 bis 1953 genutzten Bogengleis zum alten Bahndamm. Hinter der Wohnpark-Gronau-Siedlung an der Mülheimer Straße und der Kirche St. Marien könnte die Straße verlaufen und weiter zum Anschluss Mülheimer Straße oder zum Refrather Weg führen.

Noch eine Überraschung: Der Vorschlag kommt von der Verwaltung selbst, in Person des Grünen-Beigeordneten Ragnar Migenda. Er verknüpft den Bahndamm-Radweg mit der neuen Innenstadt-Straße. Das eine geht nicht ohne das andere.

Ohne Umleitung kein neues S-Bahngleis

Warum die Straße kommt, ja kommen muss, wird für die Sitzung erklärt: Es geht nicht anders. Ohne die neue Straße hätte der Schwerlastverkehr keine Chance, das Stadtgebiet und die S-Bahngleise innerstädtisch zu queren. Das hatte schon 2019 eine erste Verkehrsuntersuchung des Büros Via ergeben. Aktuell liegen Ergebnisse des Büros Orange Edge aus Hamburg vor, „Alternative Verkehrsuntersuchung“ genannt.

Ihr Ergebnis ist nahezu identisch mit dem von 2019: Die Stadt muss die neue Straße bauen. „Aufgrund fehlender alternativer Trassen insbesondere für den Lkw-Verkehr“, begründen die Planer aus Hamburg und erinnern an den für den Schwerverkehr gesperrten Stadttunnel. Ihr Vorschlag wird als Variante Kompromiss vorgestellt – Kompromiss, weil Passanten, Radler, Pkw und Lkw auskömmlich die Unterführung nutzen sollen. Ein Beleuchtungskonzept soll Angsträume vermeiden. Flüsterasphalt, Lärmschutz, Begrünung und Wandgestaltung sind geplant.

Geplante Bahnüberführung bleibt barrierefrei mit Aufzügen

Alles hängt mit allem zusammen bei der Straßenfrage, vor allem aber mit der Bahn. Die Dinge sind unheimlich komplex geworden in der Kreisstadt. In wenigen Jahren wird die S-Bahn zweigleisig die Kreisstadt erreichen und einen 10-Minuten-Takt haben; bislang ist die Bahn eingleisig und rollt nur alle 20 Minuten. Der einzig vorhandene Bahnübergang Tannenbergstraße, auch einzige Querungsmöglichkeit für Schwerlaster, wird laut Stadt dann 50 von 60 Minuten in der Stunde geschlossen sein – wegen der Schließzeiten für die S-Bahnen (12 S-Bahnen pro Stunde).

Den Übergang offenzuhalten, mache nun gar keinen Sinn, finden die Planer. Der Bahnübergang soll vollständig geschlossen, die denkmalgeschützte Technikanlage zurückgebaut worden. Da werden Bahnnostalgiker knurren. Für Passanten bliebe die geplante Bahnüberführung zwischen Stations- und Jakobstraße barrierefrei mit Aufzügen. Das Gleisdreieck selbst soll künftig von der anderen Seite, von der Kalkstraße aus, mit einem neuen Straßenstich über die Gleise der Sülztalbahn (bzw. Radschnellweg) erschlossen werden.

Noch unklar, ob Häuser abzureißen sind

Die Planer im Rathaus schauen sehr genau zur Bahnüberführung Buchholzstraße als einzig denkbare Querungs-Alternative. Bislang ist sie schmal und nur mit Ampel zu nutzen. Was kommen soll, ist eine neue Überführung zur neuen Straße, eine Bahnbrücke mit 58 Metern Spannweite und 4,50 Metern Höhe; ein Viadukt, das die Gladbacher so noch nicht gesehen haben. 14 Millionen Euro soll die Brücke und der umgebende Straßenbereich in Brückennähe kosten, teilt die Stadt mit. Zahlen könnte die Bahn, weil die Straße der Ersatz für den Übergang Tannenbergstraße sein soll.

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Die Brücke und die Straße – beide haben nichts mit der vorhandenen Bahnüberführung an der Buchholzstraße zu tun. Sie soll abgebunden werden von der Mülheimer Straße aus und höchstens noch für Müll- oder sonstige Einsatzfahrzeuge nutzbar sein. Ob auch Häuser an der Buchholzstraßen-Brücke abzubrechen sind, lässt die Stadt offen. Schon die Untersuchung von 2019 hatte dies nicht ausgeschlossen. Wieviele Häuser – da darf spekuliert werden.

Was das Projekt überhaupt für Auswirkungen hat, ist der Stadt selbst nicht in Gänze klar. Sie will Verkehrszählungen und -simulationen beauftragen. Mit der neuen Trasse werde der Verkehr auf der südlichen Hauptstraße abnehmen, meint „Orange Edge“, und schlägt in diesem Bereich einen Umbau der Hauptstraße zum innerstädtischen Quartier vor.

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