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Ehemalige PapierfabrikWas aus dem Wachendorff-Gelände bei Gronau wird

Lesezeit 4 Minuten
Das Wachendorff-Gelände in einer Luftaufnahme.

Das Wachendorff-Gelände in einer Luftaufnahme.

Bergisch Gladbach – Wachendorff könnte Zanders in klein sein. Beides sind Industriebrachen, ehemalige Papierfabriken in Bergisch Gladbach, und für beide laufen Vorbereitungen für die spätere Nutzung. Die roten Backsteinziegel der historischen Industriehallen prägen die Standorte.

Zanders ist 37 Hektar groß und liegt vor allen Augen in der Stadtmitte. Das Wachendorff-Gelände liegt im Stadtteil Gronau und ist 3,9 Hektar groß. Es liegt verborgen und von Zäunen abgeschirmt und doch nah an der Mülheimer Straße, die S-Bahn-Haltestelle Duckterath ist fast in Sichtweite. Hier wie dort soll neuer Wohnraum geschaffen werden. Für Wachendorff sollen nach jetzigen Planungen (es gibt einen Bebauungsplan) Seniorenheim und Kita hinzukommen, verkehrsarm soll es zugehen und auch ein Parkhaus und Tiefgaragen entstehen. Da als Mischgebiet ausgewiesen, sind auch kleine Gewerbeeinheiten geplant.

Papierfabrik Wachendorff stellte 2003 den Betrieb ein

Auf Zanders wird ebenfalls Wohnraum entstehen, ein neues Stadtviertel ist die Vision. Vielleicht auch eine neue Grundschule, ein modernes Feuerwehrhaus und eine Haltestelle der Stadtbahn, alles ist noch im Gang der Vorberatungen. Die Papier- und Pappenfabrik Carl Friedrich Wachendorff stellte 2003 den Betrieb ein, Zanders am 30. April 2021. Das Gelände in Gronau gehört mittlerweile der privaten CG Elementum GmbH, einer Tochter des Berliner Immobilienentwicklers Gröner Group GmbH. Die Zanders-Immobilie ist im Eigentum der Stadt. Beide Umwandlungs-Projekte werden das Stadtbild verändern. Der Kern der historischen Gebäude soll hier wie dort erhalten bleiben, bei Wachendorff das Kesselhaus, der Klärturm in seiner achteckigen Form, Maschinenhalle und Schlosserei. Bei Zanders stehen zahlreiche Gebäude unter Denkmalschutz, bei Wachendorff nicht.

Viele Gemeinsamkeiten gibt es also, und eine historische. Als Carl Friedrich Wachendorff die Mühle 1873 erwarb, kaufte er sie der Familie Zanders ab. Eine uralte Papiermachertradition verbindet sich mit dem Standort. Ab 1602 soll es hier eine Pleissmühle gegeben haben, die unmittelbar an der Strunde gelegen war. Pulver- und Ölmühle folgten und ab 1740 etablierte Papiermacher und Zanders-Vorgänger Heinrich Schnabel eine Mühle, die Lumpen zur Papierproduktion vorbereitete. Wegen der Nähe zur Strunde entstand damals im Volksmund der Name Kradepohlsmühle, Krötenpfuhlsmühle. Die Strunde und die Kröten gibt es noch heute.

1990 in Eigentum der Wanderer-Werke übergegangen

Mit Carl Friedrich („C.F.“) Wachendorff übernahm seinerzeit ein strategischer Kopf die Papierfabrik, ausgebildet bei der Wollspinnerei vom Hövel in der Lochermühle in Bergisch Gladbach und mit herausragenden Kenntnissen im Kaufmannswesen und Technik, ein Industriepionier von Rang. Anfangs waren sechs Arbeiter bei ihm beschäftigt, die täglich 300 bis 400 Kilogramm Pappen produzierten. Wachendorff kaufte eine neue Maschine, trieb sie mit einer Lokomobile an, später mit einer 30-PS-starken Dampfmaschine. 1884 gab es zwölf Beschäftige bei Wachendorff. Trocken,- Glätt und Schneidemaschinen kamen neu aufs Fabrikgelände und eine Dampfmaschine mit 150 PS brachte elektrisches Licht in die Fabrikhallen.

Anschluss

Die intensiven Bemühungen von Politik und Verwaltung, die alte Stadtbahnlinie von Thielenbruch wieder nach Bergisch Gladbach zu bringen, haben auch mit der Papierfabrik Wachendorff zu tun. Bis 1958 führten die Gleise der Straßenbahn unmittelbar an der Papierfabrik vorbei. Die künftigen Bewohner des Quartiers könnten damit von einem guten Anschluss an den Öffentlichen Personennahverkehr profitieren. (cbt)

1915, nach dem Tod des Gründers, führten die Söhne Max und Fritz das Geschäft fort. Krepp-Papiere und wasserdichte Packpapiere brachte Wachendorff erfolgreich auf den Markt, damit war das Portfolio durchaus anders als bei Zanders mit deren Briefpapieren und Chromoluxprodukten. Auch Packpapiere für die Zigarettenindustrie und Hartpappe für Briefordner wurden in Gronau hergestellt. Natürlich war alles etwas kleiner als bei Zanders. Bei Wachendorff waren vor dem Zweiten Weltkrieg etwa 160 Mitarbeiter beschäftigt, in den Werken von Zanders etwa die Zehnfache Anzahl. 1959 entstand am Schlodderdicher Weg, in Sichtweite der Zentrale, ein Zweitwerk, das Hartteile aus Pappe für die Innenverkleidung von Autos herstellte. Ende der 80er Jahre berichtet das Unternehmen von einem Jahresumsatz von 40 Millionen Mark. Um die damals 200 Arbeitsplätze zu sichern, ging das Unternehmen 1990 in das Eigentum der Wanderer-Werke über, ein legendärer deutscher Konzern aus der Frühzeit der Industrialisierung, der vormals sehr erfolgreich Fahrräder, Autos und Büromaschinen herstellte. 2003 wurde die Papierfabrik in Bergisch Gladbach stillgelegt, und seitdem dämmert die Industriebrache vor sich hin.

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