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Ein Wal wollte das Boot anhebenGladbacher rudert emissionsfrei über den Atlantik

Lesezeit 3 Minuten
In einem sieben Meter langen Ruderboot überquerte Julen Sánchez den Atlantik.

In einem sieben Meter langen Ruderboot überquerte Julen Sánchez den Atlantik.

Bergisch Gladbach –  Wie kommen Sie nach Amerika? Wahrscheinlich mit dem Flugzeug. Das ist nur leider nicht so gut für’s Klima. Julen Sánchez aus Bergisch Gladbach hat sich deshalb ein Ruderboot und das Fahrrad als Transportmittel ausgesucht.

Die Idee zu seinem Abenteuer „Zerow-Emission“ entstand, nachdem Donald Trump mit den Worten, er sei „gewählt worden, um Bürger in Pittsburgh zu repräsentieren, nicht in Paris“ den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen begründete. Die beiden Städte waren darüber nicht erfreut und einigten sich darauf, gemeinsam die Ziele des Abkommens zu erreichen.

Pittsburgh als Hockey-Stadt

Auch Sánchez, der als begeisterter Hockey-Fan Pittsburgh als Hockey-Stadt kannte, wurde aufmerksam. In seinem Kopf formte sich der Plan, von Paris nach Pittsburgh zu reisen – ohne Emissionen zu erzeugen, nur mit Muskelkraft.

Zuerst ging es mit dem Fahrrad von Paris nach Portimao, Portugal. Dann mit dem Ruderboot in 131 Tagen nach Hillsboro Beach in Florida, um die letzten 2000 Kilometer nach Pittsburgh zu radeln. Am Sonntag ist er nach 171 Tagen und einer Strecke von insgesamt 14000 Kilometern endlich angekommen. Damit ist er die zweite Person, die alleine vom europäischen zum amerikanischen Festland gerudert ist.

Für das Boot drei Jahre gearbeitet

Drei Jahre lang arbeitete der Psychologie-Student für sein eigenes, sieben Meter langes Ruderboot und bereitete sich auf sein Abenteuer vor. Sánchez musste zuerst einmal das Rudern auf dem Meer erlernen und sich mental auf die Zeit auf See vorbereiten. Einsam habe er sich dort dann nicht gefühlt: „Wenn man in sein Umfeld reinpasst, kommt das Gefühl von Einsamkeit nicht wirklich auf.“

Zudem leisteten ihm die verschiedensten Meeresbewohner Gesellschaft. Sei es ein Schwarm Mahi Mahi Fische, der von den Kanaren bis Puerto Rico jede Nacht vorbeigeschaut habe, Delphine, die spielend gegen das Boot gesprungen seien oder ein Wal, der probiert habe, das Boot anzuheben: „Das war wahrscheinlich einer der scariesten (gruseligsten, d. Red.), aber auch der aufregendsten Situationen.“ Trotz beängstigender Situationen habe man „nicht wirklich Zeit, um Angst zu haben“. In den Momenten müsse man sofort handeln. Dafür habe er sich vor der Reise eine Checkliste zusammengestellt, die er im Kopf immer wieder durchgegangen sei.

Schwimmen wie ein Avatar

Gefährliche oder negative Momente seien aber generell selten gewesen. Einer der schönsten Momente für ihn war Silvester. Das Meer sei nachts auf einmal spiegelglatt gewesen und das Wasser habe vom Plankton geglüht. Wie ein Avatar sei er durchs Wasser geschwommen: „So ein Silvester werde ich nie wieder erleben“, erzählte er.

Doch schon vor seinem letzten Abenteuer konnte Julen Sánchez auf viel Reiseerfahrung zurückblicken . 2014 ging es für ihn nach dem Abitur zuerst in die USA, nach Australien zum Arbeiten, dann durch Asien, Zentral- und Nord-Amerika und den Nahen Osten. Nach zweieinhalb Jahren „Work and Travel“ stand für drei Jahre das Psychologie- Studium in den Niederlanden an.

Internationale Prägung

Von Zuhause habe er vor allem eine tolerante und internationale Prägung seiner deutsch-spanischen Eltern mit auf den Weg bekommen. Dadurch sei in ihm das Interesse für Kulturen und andere Orte geweckt worden: „Ich bin überall da heimisch, wo ich mich wohlfühle.“

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Bergisch Gladbach bleibe aber trotzdem seine Heimat, sein Sicherheitsnetz, da er wisse: „Wenn du wieder zurückkommst, ist alles beim Alten“, erklärte er lachend. Mit seinem „Zerow-Emission“-Projekt (ein Wortspiel aus zero für null und row für rudern) möchte er zeigen, dass wir „die Sachen, die wir für unmöglich halten, möglich machen können.“ Und will Leute inspirieren, ihren persönlichen Atlantik zu überqueren.

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