Frisch gebackene ElternBensberger Richter gibt betrügerischem Pärchen letzte Chance

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Amtsgericht_Bergisch_Gladbach

Das Amtsgericht in Bergisch Gladbach-Bensberg

Bergisch Gladbach – Gemeinsam steht die junge Familie vor Gericht. Zwei sitzen auf der Anklagebank, eine liegt. Bernd, der 34 Jahre alte Vater, und Katharina, die 30 Jahre alte Mutter, sitzen da, während Emma, das vier Wochen alte Baby, die ganze Zeit friedlich in seiner Schale schlummert und nur ein einziges Mal ein leises Quäken von sich gibt.

Die Eltern, die in Wirklichkeit anders heißen, sollen das Jobcenter um 3500 Euro betrogen haben, weil sie, lange vor der Geburt ihrer kleinen Tochter, Katharinas Arbeitsaufnahme in einer Spielhalle nicht angezeigt und so vier Monate lang zu Unrecht Hartz IV bezogen haben.

Beide sind mehrfach vorbestraft

Beide sind geständig, wollen sich auf den jeweils anderen verlassen haben. Gleichwohl gibt es ein gravierendes Problem, denn sowohl Bernd als auch Katharina sind mehrfach vorbestraft und damit deutlich vorgewarnt, dass ihnen Gefängnis droht – und als zahnloser Tiger will die Justiz auch nicht gelten.

Doch gibt Amtsrichter Reinhard Bohn der jungen Familie am Ende eine allerletzte Chance: Jeweils acht Monate Haft für sie und für ihn, diese aber zur Bewährung.„Das ist eine Gnadenentscheidung“, erläutert der erfahrene Amtsrichter sein Urteil.

Staatsanwalt fordert Gefängnis

Der Staatsanwalt hat sich zuvor weniger gnädig gezeigt und für beide jeweils sechs Monate Haft gefordert – ohne Bewährung. Dagegen haben sich die beiden Strafverteidiger Dr. Karl-Christoph Bode und Frauke Hartung für ihre Mandanten mächtig ins Zeug gelegt, auf die ausgesprochen schwierigen Lebensumstände hingewiesen und darauf, dass sie nun endlich ihren Weg zu machen scheinen.

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Bernd war 2016 in der Selbstständigkeit im IT-Bereich gescheitert, Katharina hatte bei einem schweren Unfall ihr ungeborenes Kind verloren. Beide sind mehrfach vorbestraft, er wegen Betruges, sie wegen Diebstahls und Körperverletzung. Die Tatsache, dass Bernd und Katharina ihr Baby mit in den Gerichtssaal gebracht hätten, sei keineswegs Berechnung, sagt Verteidiger Bode direkt zu Beginn der Verhandlung.

Richter: Eltern haben Zukunft selbst in der Hand

Denn natürlich kennt die Justiz ihre Pappenheimer. Es sei vielmehr der Tatsache geschuldet, dass man einen vier Wochen alten Säugling nicht einfach abgeben könne. „Das habe ich mir auch erst einmal wieder vor Augen führen müssen“, räumt der mittelalte Jurist in Richtung der ebenfalls nicht mehr ganz jungen Juristen am Richter- und am Anklägertisch ein.

Richter Bohn weist in seiner Urteilsbegründung ausdrücklich darauf hin, dass der Schaden beträchtlich sei. Andererseits läuft die Rückzahlung bereits seit Monaten. Die Bewährungszeit, in denen sich die jungen Eltern nichts mehr zuschulden lassen kommen dürfen, legt er auf drei Jahre fest. Wie es mit der Familie nun weitergehe, hätten die Eltern selbst in der Hand.

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