GerichtRösrather behauptet, Dealerin habe ihm für zehn Euro Sex statt Drogen verkauft

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Cannabis-Konsum

Eine Person dreht sich einen Joint. 

Bergisch Gladbach/Berlin – Die am Mittwoch ins Amt gekommene Ampelkoalition will die „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ einführen. Wären Haschisch und Marihuana bereits jetzt legal, hätte es allein am Tag der Kanzler-Wahl fünf Prozesse weniger bei Strafrichter Reinhard Bohn geben können – genau die Hälfte der zehn Verfahren an diesem Vormittag.

Immer wieder Erwerb und/oder Besitz von Betäubungsmitteln: Den Reigen der Drogensünder eröffnet ein nur vermeintlich besonders schlauer Kiffer aus Rösrath. 14 Mal soll der 53-jährige Thomas R. (Name geändert) im Sommer und Herbst 2020 bei Tina, der Dealerin seines Vertrauens, via Whatsapp Marihuana geordert haben, meist ein Gramm für zehn Euro oder zwei für 20, einmal aber acht Gramm für nur 50 Euro.

Sex statt Marihuana? Das sagt der Angeklagte

Die Übergabe habe nahe einer Bäckerei stattgefunden. Doch Thomas bestreitet: In den von der Polizei gesicherten Whatsapp-Chats stehe nichts von Marihuana. „Worum soll es den sonst gegangen sein?“, fragt der Richter, und Thomas R. bringt das Thema Sex ins Spiel. Ob er sagen wolle, die Frau habe sich mit ihm zum Sex für zehn Euro an der Bäckerei getroffen? Thomas R. will dann lieber gar nichts mehr sagen.

In der Folge wird erst einmal Tina wegen ihrer Drogengeschäfte der Prozess gemacht werden, danach muss sie als Zeugin im R.-Prozess aussagen, ob sie nun für zehn Euro Marihuana oder sich selbst verkauft hat.

„Ich lasse die Finger von Drogen, mir ist meine Familie wichtiger“

Anders als dieser geplatzte erste Kiffer-Prozess finden die übrigen vier ihr Ende. Da ist ein Gladbacher (38), der trotz seiner Krankheiten versucht, im bürgerlichen Leben Fuß zu fassen. Bei ihm hat die Polizei 4,7 Gramm Marihuana gefunden.

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Der Richter stellt das Verfahren gegen 200 Euro Buße an die Drogenhilfe der Caritas ein und gibt dem Angeklagten den Rat mit, sich dort noch einmal beraten zu lassen, ob aus medizinischen Gründen ein legaler Bezug möglich sei. Cannabis-Angeklagter Nummer 3 ist 24 Jahre alt und mit 16,8 Gramm Marihuana erwischt worden. „Ich lasse die Finger von Drogen, mir ist meine Familie wichtiger“, versichert er. Richter Bohn verdonnert ihn zu einer überschaubaren Geldstrafe, 20 Tagessätze zu je 15 Euro. Eine Einstellung sei angesichts der Menge nicht möglich.

Familienvater aus Rösrath kassiert 2000 Euro Buße

Der vierte Drogenfall des Vormittags steht wegen einer uralten Geschichte vor Gericht: Im Juni 2016 hatte die Polizei bei ihm elf Gramm Haschisch, neun Gramm Marihuana und 7,4 Gramm Amphetamine sichergestellt, die er überwiegend gefunden haben will. Da er zwischendurch selbst nicht auffindbar war, steht er erst jetzt vor Gericht: 300 Euro Geldstrafe.

Fall Nummer 5 ist ein 37-jähriger Familienvater, der in Rösrath bekifft in eine Verkehrskontrolle geraten ist, was ihm schon viel Ärger mit der Verkehrsbehörde eingebracht hat. Er gesteht, bereut und kassiert 2000 Euro Buße. Gerade bei Jugendlichen könne Cannabis-Konsum Psychosen auslösen, gibt der Richter in einer kurzen Pause zu bedenken und fragt den Angeklagten: „Was würden Sie Ihren Kindern raten, wenn die jetzt Drogen nehmen wollten?“ „Dass sie die Finger davon lassen sollen“, antwortet der Angeklagte – spontan und überzeugend.

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