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Gewalt, Mobbing, EssstörungMädchenberatung Frauen helfen Frauen besteht zehn Jahre

Lesezeit 5 Minuten
Judith Wiedenhöft (l.) arbeitet seit März in der Mädchenberatungsstelle zusammen mit der Leiterin Magdalene Holthausen (r.). Michaela Fahner vom Vorstand hält guten Kontakt zum Team.

Judith Wiedenhöft (l.) arbeitet seit März in der Mädchenberatungsstelle zusammen mit der Leiterin Magdalene Holthausen (r.). Michaela Fahner vom Vorstand hält guten Kontakt zum Team.

  • „Frauen helfen Frauen“ – Das bedeutet in Bergisch Gladbach: Eine Anlaufstelle für Betroffene häuslicher Gewalt, Hilfe bei sexuellen Übergriffen, Rat bei Essstörungen.
  • Die Mädchenberatungsstelle des Vereins feiert ihr 10-jähriges Bestehen.
  • Auch in der Pandemie bleibt ihre Arbeit wichtig, wird aber nicht leichter.
  • Wenn Sie auf der Suche nach Ressourcen und Kontaktmöglichkeiten sind, finden Sie diese unten frei zugänglich.

Bergisch Gladbach – Mobbing in der Schule, Gewalt im Elternhaus oder Depressionen und Zukunftsängste durch die Veränderungen in der Corona-Pandemie – Ohne fachlichen Rat und Beistand kommen Mädchen und junge Frauen in bestimmten Lebensphasen nicht alleine klar. Immer wieder bestätigt dieser dringende Bedarf an Unterstützung die Arbeit der Mädchenberatung des Vereins Frauen helfen Frauen in Bergisch Gladbach. Vor zehn Jahren hat das Team der Frauenberatungsstelle mit dem speziellen Angebot für Mädchen und Frauen zwischen 12 und 27 Jahren begonnen. Hier kommen Sie zur Homepage des Vereins.  Wenn Sie Hilfe brauchen, können Sie hier Kontakt aufnehmen. Um den Hilfesuchenden den Zugang zur Beratung einfach zu machen, ist die Sozialarbeiterin Judith Wiedenhöft auf allen Kanälen unterwegs: per Telefon, Online-Chat, Video-Chat und – soweit es in der Pandemie möglich ist – werden persönliche Treffen vereinbart. Wiedenhöft ist seit März dieses Jahres die neue Kraft im Team der Beratungsstelle. Die 37-Jährige, die auch eine systemische Beratungsausbildung hat, ist 28 Stunden die Woche tätig – ein Stellenkontingent, was die Mädchenberatung lange nicht zur Verfügung hatte.

Gewalt in der Partnerschaft

Das rät die Polizei bei häuslicher Gewalt

Jede vierte Frau in Deutschland hat in einer Partnerschaft schon mal Gewalt erlebt. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalstatistik hervor. Wer betroffen ist, dem rät die Polizei:

Bei akuter Bedrohung, wählen Sie 110! Die Polizei wird alles Erforderliche tun, um Sie zu schützen.

Zeigen Sie die Straftat bei der Polizei an. Eine Strafanzeige können Sie bei jeder Polizeidienststelle erstatten. Eine Person Ihres Vertrauens und/oder ein Rechtsbeistand können Sie begleiten.

Wenn Sie sich noch nicht entscheiden können, die Polizei zu rufen, wenden Sie sich an eine Person Ihres Vertrauens oder lassen Sie sich beraten, aber handeln Sie

Setzen Sie sich mit einer Beratungsstelle für Häusliche Gewalt in Verbindung. Den Kontakt in Ihrer Nähe vermittelt Ihnen die Polizei oder das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ 08000 116 016, rund um die Uhr und in vielen Sprachen.

Notieren Sie sich Einzelheiten zu den Vorfällen, wie Datum, Uhrzeit und was genau geschehen ist.

Suchen Sie einen Arzt auf, nennen Sie ihm den Ursprung der Verletzungen und lassen Sie die Verletzungen attestieren und z.B. fotografieren, um sie für eine mögliche Strafanzeige dokumentiert zu haben.

Frauenhäuser bieten Ihnen ebenfalls Schutz und die Mitarbeiterinnen können Sie bei weiteren Schritten beraten.

„Das gibt uns neuen Auftrieb“, freut sich Magdalene Holthausen, Leiterin der Beratungsstelle. Denn im vergangenen Jahr musste der Verein wegen fehlender öffentlicher Gelder massiv Stunden kürzen. „Das Stundenkontingent der Mitarbeiterinnen war so niedrig wie noch nie seit Bestehen der Mädchenberatungsstelle.“ Von 40 Wochenstunden bei der Gründung in 2010 ging es runter auf 14 Stunden. Dennoch habe das Team alle Angebote aufrechterhalten und jeder Klientin geholfen.

Häusliche Gewalt, sexuelle Übergriffe, Essstörungen

Inzwischen ist die Finanzierung der Mädchenberatungsstelle durch die Jugend auch über den Rheinisch-Bergischen Kreis gesichert. Die Kommunen, einschließlich Wermelskirchen und Burscheid, beteiligen sich prozentual mit Zuschüssen. Holthausen: „Das macht 80 Prozent des Etats aus. 20 Prozent muss unsere Einrichtung aus Spenden selbst aufbringen.“ Die Städte Rösrath und Leichlingen seien aus der Finanzierung der Mädchenberatung ausgestiegen. Somit würden dort keine Außensprechstunden stattfinden.

Ohne Spenden geht es kaum

Der Verein Frauen helfen Frauen Bergisch Gladbach hat bereits im Jahr 2001 die Zielgruppe der Mädchen in die Vereinssatzung aufgenommen. Am 1.November 2010 öffnete die Mädchenberatungsstelle. Sie ist innerhalb des Vereins Frauen helfen Frauen eine eigenständige Einrichtung und untergebracht in der Frauenberatungsstelle, Hauptstraße 155, in Bergisch Gladbach. Die ersten drei Jahre haben die Aktion Mensch, die Software AG- und die Bethe-Stiftung die Arbeit finanziell gesichert. Durch eine Spende der ARD-Fernsehlotterie ist 2015 die Onlineberatung gestartet. Sie hat sich etabliert und ist heute finanziell gesichert. Dank mancher Spende von Privatleuten und Vereinen haben die Mitarbeiterinnen der Mädchenberatung finanzielle Durststrecken überstehen können.

Zehn Jahre in Zahlen: 591 Mädchen und 144 Angehörige sowie Fachkräfte haben die Beratungsstelle aufgesucht. 1469 Beratungsgespräche mit Mädchen und 209 Gespräche mit Fachkräften/Angehörigen sind geführt worden. Rund 2300 Mädchen hat das Team der Beratungsstelle durch Veranstaltungen und Aktionen erreichen können. (dr)

www.frauenhelfenfrauen-gl.de

Diese finden bereits regelmäßig in Wermelskirchen und Burscheid statt. In Overath und Kürten sind sie in Planung. „Ich bin auf der Suche nach geeigneten Räumen und hoffe, zum Beispiel in Jugendzentren etwas zu finden“, sagt Judith Wiedenhöft. Sie hat seit März 31 Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren beraten. 87 Gespräche, davon 50 in persönlichen Sitzungen, fanden statt. „Dabei ging es vielfach um häusliche Gewalt durch die Eltern.“ Vermehrt gehe es bei Problemen auch um digitale Gewalt, unter anderem an Schulen. Immer wieder seien Mädchen Opfer von sexualisierter Gewalt und Essstörungen seien immer wieder ein Thema, so Wiedenhöft.

Schulen wollen Beratungstermine anbieten

Sieben Fachkräfte aus dem Bereich Familie und Soziales sowie 13 Angehörige haben sich seit März an die Mädchenberatung gewandt. Sie brauchten Unterstützung bei konkreten Fällen in ihrem nächsten Umfeld. „Es ist wichtig, dass Eltern, Lehrer, Arbeitgeber und Freunde auf uns zukommen. Auch für diesen Personenkreis ist unsere Beratung da“, betont die Sozialarbeiterin.

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Gerade die Beratung für Arbeitgeber sei noch nicht ausgeschöpft, findet Michaela Fahner vom Vorstand des Vereins Frauen helfen Frauen. „Die meisten Menschen sind unsicher und wissen nicht, wie sie mit offensichtlichen Störungen von Kolleginnen und Kollegen umgehen sollen“, weiß Michaela Fahner von ihrer früheren Arbeit als Frauenbeauftragte der Stadt Bergisch Gladbach.

Auch bei der Prävention werde die Mädchenberatung künftig wieder aktiv. „Zwei Schulen haben anfragt und möchten Beratungsveranstaltungen anbieten. Wir müssen sehen, wie und ob es in der Pandemie möglich ist“, sagt Magdalene Holthausen. Auf jeden Fall bleibt die Mädchenberatung am Ball.

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