Gleise für PapierfabrikUnnütze Schienen am „Kirmes-Kreisel“ bleiben erhalten

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Driescher Kreisel1

Der Driescher Kreisel in Bergisch Gladbach wird seine Gleise noch eine Weile behalten, obwohl sie demnächst von der Papierfabrik Zanders gar nicht mehr benötigt werden.

Bergisch Gladbach – Der Gladbacher „Kirmes-Kreisel“ mit seinen 14 Schranken und 23 Warnlampen hat schon für viele Schlagzeilen gesorgt. Bahnfreunde bekommen glänzende Augen, wenn sie am Driescher Kreisel die Durchfahrt eines Zuges auf dem Industriegleis zur Firma Zanders erleben.

Zanders stellt auf Gasversorgung um

Die Güterzüge werden absehbar nicht mehr fahren. Zanders strukturiert bei seiner Energieversorgung von Kohle auf Gas um, die Kohlezüge rollen dann nicht mehr ins Werk. Das ist beschlossene Sache beim Papierhersteller.

Kreisel bleibt – es könnte ja noch ein Zug kommen

Der berühmte Kreisel wird aber bis auf weiteres stehen bleiben. Einfach demontieren geht nicht. Weil der Nutzungsvertrag von der Zanders-Tochter Bergisch Gladbacher Eisenbahngesellschaft BGE bislang nicht gekündigt wurde, muss die Bahn-Tochter DB Netze AG den besonderen Anschluss weiterhin vorhalten. Dass kein Zug kommt und das Gleis quasi tot liegt, spielt dabei keine Rolle. Vertrag ist Vertrag: Irgendwann könnte ein Zug kommen. Auch wenn es am Sankt-Nimmerleins-Tag ist.

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Im Umweltausschuss der Stadt sorgte diese Situation für Befremden. Mehrere Politiker appellierten an die Verwaltung, sich des Themas erneut anzunehmen. Konsens war, dass es auf jeden Fall ein weiteres Gespräch geben solle.

Neuanlage des Bahngeländes wird komplizierter

Hintergrund der Debatte: Die jetzt startende Planung zur Umgestaltung des Bahngeländes wird durch das Industriegleis deutlich verkompliziert, die veränderte Stellwerkstechnik muss den vereinsamten Gleiskörper mitberücksichtigen.

Am südlichen Rand des Bahnhofsgeländes sind in den Bahnskizzen deshalb zwei Rangiergleise in Richtung der Nachbarfirma Kops eingeplant; eine Variante, die überwiegend auf Flächen im Eigentum der Deutsche Bahn AG zurückgreift. Zu Zeiten des Güterbahnhofs, vor mehr als zehn Jahren, lagen dort Gleise. Reste sind noch vorhanden.

Gründe der Papierfabrik liegen im Dunkeln

Über die Gründe, weshalb Zanders den Vertrag nicht kündigt, tappen Stadt und Politik bislang im Dunkeln. „Wir haben Interesse, dass Zanders den Vertrag kündigt“, erklärte Stadtbaurat Harald Flügge. „Zu den Gründen, warum eine Kündigung noch nicht ausgesprochen wurde, können seitens der Stadt keine Aussagen getroffen werden“, gab es als zusätzliche Handreichung im Fachausschuss.

Die Wartung der technischen Anlage liegt beim Abschlussnehmer, also Zanders: Die Firma muss schauen, dass die technischen Anlagen weiter funktionsfähig bleiben. Anders ist das mit den Gummilippen zwischen den Gleisen: Sie befinden sich in Zuständigkeit der Stadt und schützen Rollatorbenutzer und Radler beim Gleisqueren vor Stürzen.

Entwidmungsverfahren dauert

2015 tauschte die Stadt kaputte Lippen aus. Kosten von 50.000 Euro fielen dafür an. Auch falls Zanders noch heute den Gleis-Vertrag aufkündigen sollte, wäre es womöglich zu spät für die Planungen: Ein Entwidmungsverfahren nach Allgemeinem Eisenbahngesetz benötigt laut Stadt mindestens einen Zeitraum von bis zu einem Jahr. Bis dahin aber sind die Planungen zum Gladbacher Bahnknoten schon fortgeschritten – und zwar mit dem Industriegleis.

„So lange bei uns die Umstellung auf Gas noch nicht abgeschlossen ist, bleibt der Status quo unverändert“, sagte am Mittwoch Zanders-Sprecher Tobias Müller.

Zanders reagiert auf höhere Rohstoffpreise

Eine außergewöhnliche Preiserhöhung kündigt die Papierfabrik Zanders an. Weil die Rohstoffpreise dramatisch gestiegen seien, würden auch die Produkte von Zanders teurer werden, so das Unternehmen. Zanders selbst spricht davon, dass man der erste Papierhersteller sei, der so auf die teuren Rohstoffpreise reagiere.

Die Rede ist von einem Aufschlag in Höhe von vier bis sieben Prozent, je Produkt. Zanders-Pressesprecher Tobias Müller: „Die Kostensteigerungen sind immens, 30 Prozent und mehr. Wir mussten reagieren.“ Müller kündigte an, dass Zanders die Preiserhöhungen Rückgängig machen wird, sobald sich die Rohstoffpreise wieder normalisiert hätten.

Hintergrund der Preissteigerung bei den Rohstoffpreisen – insbesondere der Zellstoffpreise – ist eine hohe Nachfrage für Verpackungspapier und die Nachfrage aus China. Mehrere deutsche Papierfabriken haben in den vergangenen Monaten Insolvenz angemeldet und als Hauptgrund die steigenden Rohstoffpreise angegeben.

Erst vor kurzem hatte Zanders angekündigt, die eigenen Lagerbestände herunterzufahren und beim Einkauf zu sparen. Außerdem wird im Werk an einem Konstrukt gearbeitet, bei dem die Mitarbeiter auf Teile ihrer Ansprüche für eine befristete Zeit verzichten. (nie)    

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