H. Köttgen und CieDiese Firma prägte den Industriestandort Bergisch Gladbach

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Historisches Bild von Bergisch Gladbach

  • „Gläbbisch, bes us Papier jemaat“, heißt ein Lied der Labbese.
  • Das ist richtig, die Papiermacher von Zanders, Wachendorff und Weig prägten die Stadt.
  • Aber das ist nur die halbe Wahrheit.

Bergisch Gladbach – In der Stadtmitte von Bergisch Gladbach und im direkten Umfeld gab es eine Vielzahl an Unternehmen der Eisen- und Metallindustrie, Hunderte von Beschäftigten hatten hier ihren Arbeitsplatz. Namen wie Risch, Giesen, Deutsche Fahrzeug-Fabrik, Dransfeld & Dräger, Hasbach und Berger standen Seite an Seite mit den Papierproduzenten. Eine der namhaftesten Firmen der Branche: H. Köttgen & Cie.

Schubkarren waren über Jahrzehnte der Verkaufserfolg, Gartenkarren, Straßenkarren, Mörtel- und Zementkarren, Baukarren, Schiebekarren, Sackkarren, Wasserfaßkarren. In den 1930er-Jahren kreierte das Unternehmen die Einheits-Kastenkarre. Zu haben für 11,50 Reichsmark, gefertigt aus „bestem Stahlblech“ und mit einem unzerbrechlichen Rollrad aus Temper-Stahlguß. Das Fertigungsgelände an der Paffrather Straße erstrecke sich einst von der Einmündung Johann-Wilhelm-Lindlar-Straße bis heran ans Stadion. Paffrather Straße 99 bis 111 war die Geschäftsadresse von „H. Köttgen & Cie“.

Gegründet als Fabrik für Eisengusswaren

Die Hauptgebäude standen etwa dort, wo heute eine Niederlassung des Autohauses Stein zu finden ist. Vor ein paar Tagen ist die alte Eisengießeren abgebrochen worden. Ein neuer Bebauungsplan wird Baurecht schaffen für Gewerbebauten der Abdichtungsfirma Isotec, für Tagungs- und Gästehaus von Isotec, für Gebäuderiegel mit gewerblicher Nutzung und drei Wohnhäuser. Von Kürten-Herweg zieht die Zentrale von Isotec nach Gladbach

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Schriftzug der Firma Köttgen

Als Fabrik schmiedhafter Eisengusswaren hatte Alfons Tellering die Firma 1874 gegründet, schon damals an der Paffrather Straße.

Schuhsohlenbeschläge seien die Spezialität gewesen, berichtet Gerhard Geurts in seinem Standardwerk „Karren, Kassel und Granaten. Geschichte der Metallindustrie in Bergisch Gladbach“ (2000). Zum Januar 1879 trat Hermann Köttgen ins Unternehmen ein, Tellering schied zwei Jahre später aus. Und seitdem firmierte die Eisengießerei als „H. Köttgen & Cie“. Auch Bruder Paul kam später in die Firmenleitung.

Rund 100 Arbeiter um 1900 bei Köttgen

Hufeisen und Nägel waren damals Alltagsgegenstände, und Köttgen lieferte sie. Fensterstangen, Riemenschlösser, Schraubenschlüssel, wer handwerklich unterwegs war, nutzte Werkzeug von Köttgen. Später kamen Grubenräder hinzu, möglicherweise durch das nahe Bensberger Erzrevier beeinflusst. Aus den Grubenkarren wurden die Schubkarren, das Markenzeichen von Köttgen. Kabelgarnituren und Installationsartikel erweiterten ab 1890 die Produktionspalette.

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Um 1900 waren bereits rund 100 Arbeiter bei Köttgen in der Produktion tätig. Nach dem Erfolg auf der Düsseldorfer Gewerbeausstellung von 1902 gelang erstmals die Serienfertigung von sogenannten Handfahrgeräten – Schubkarren und mehr.

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Alte Gießerei der Firma Köttgen wird abgerissen

Der damals entstandene Verkaufspavillon in Stahlkonstruktion hat sich erhalten an der Johann-Wilhelm-Lindlar-Straße. Lange Jahre wurde er als Diskothek genutzt. Auf seinen historischen Wert wies jüngst Bauhistoriker Professor Dr. Michael Werling hin.

1995 musste Köttgen Insolvenz anmelden

Nach dem Zweiten Weltkrieg gelang der Wiederaufbau des Unternehmens. Bis zu 480 Beschäftigte gab es zu Ende der 1950er-Jahre, Köttgen war damals einer der größten Arbeitgeber der Stadt. Gabelstapler und andere Hebezeuge wurden jetzt gefertigt. Die für die Sanierung der Innenstadt neuzugeschnittenen Straßen reduzierten um 1973 die Werksanlagen, Köttgen habe mit Abwanderung gedroht, berichtet Gerhard Geurts. 

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Der Blick auf das Köttgen-Gelände

Mit einem modernisierten Produktionsbereich und neuen Werkhallen wollte Köttgen an die Erfolge der 1950er anknüpfen, im westlichen Bereich des Firmengeländes wurde weiter in den alten Gebäuden produziert. Doch die Hoffnungen erfüllten sich nicht. 1995 musste Köttgen Insolvenz anmelden. Die Produktion wurde eingestellt, neuer Eigentümer des Geländes wurde die Hahn Immobilien-Beteiligungs-AG von Investor Michael Hahn.

Von Köttgen überlebte nur die Sparte der Kabelgarnituren. Sie wurde von der Firma Höhne aus Pinneberg/Schleswig-Holstein übernommen und als neugegründete GmbH fortgeführt. Bis 2014 lief an der De-Gasperi-Straße im Stadtteil Gronau die Produktion. Dann folgte der Umzug nach Kaltenkirchen bei Kiel, die Köttgen Kabelgarnituren GmbH ging im Mutterunternehmen auf. Alle Mitarbeiter seien dem Unternehmen treu geblieben, berichtet die Chronik der Höhne GmbH – letzte Klappe der Firmengeschichte.

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