InsolvenzverfahrenZanders will in Eigenverwaltung den Sanierungskurs fortsetzen

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Der denkmalgeschützte Zanders-Verwaltungssitz

Der denkmalgeschützte Zanders-Verwaltungssitz

Bergisch Gladbach – Am Freitagvormittag ging es für die Rechtsanwälte von Zanders zum Kölner Amtsgericht: Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung wurde eröffnet. In Gladbachs traditionsreichem Unternehmen mit rund 500 Beschäftigten hat nun der vom Gericht eingesetzte Sachverständige das Sagen.

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Was sich für Laien wie das Ende der 1829 gegründete Papierfabrik anhört, wird von Zanders selbst, aber auch vom Betriebsrat, als eine Art Befreiungsschlag verkauft. Denn in solch einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung soll der Sanierungskurs ohne die alten finanziellen Belastungen fortgesetzt werden. Es ist ein Verfahren, das laut Gesetz dann angewandt werden kann, wenn es eine realistische Perspektive gibt, ein Unternehmen wieder auf die Beine zu stellen.

Bei Zanders drückt zum Beispiel die Betriebsrente. Rund 500 aktive Zandrianer müssen die Betriebsrente von etwa 2200 ehemaligen Mitarbeitern erwirtschaften. Es wurden dafür keine Rücklagen gebildet – pro Jahr kostet das Zanders über zwei Millionen Euro.

Ex-Geschäftsführer Schley hatte die Höhe der Betriebsrente als „krank“ bezeichnet. Im Insolvenzverfahren werden die Renten nun vom Pensionssicherungsverein übernommen. Hinter dem Verein steht nicht der Staat, sondern ein Zusammenschluss der deutschen Arbeitgeber. Der Verein übernimmt ab Juli die Zahlungen an die Ex-Zandrianer.

Rohstoff-Kosten gestiegen

Ob allein der Wegfall dieser finanziellen Belastung Zanders wieder auf die Beine stellt, bleibt abzuwarten. Bei der Weiterführung der Geschäftstätigkeit jedenfalls drohte die Zahlungsunfähigkeit und damit die Insolvenz. Zuletzt hatte das Unternehmen nicht nur die hohe Belastung durch die Betriebsrente als Grund für die roten Zahlen angegeben.

In der Presseerklärung heißt es: „Zanders hat die Eigenverwaltung beantragt, weil die Belastungen aus Pensionsverpflichtungen dauerhaft hoch und die Kosten für die Rohstoffe und Energie in den letzten zwölf Monaten um rund 40 Prozent gestiegenen sind.“ Eine besondere Bedeutung fällt dem Betriebsrat zu. Der hatte seit Monaten versucht, vom Zanders-Eigentümer, der Münchener Mutares, Garantien für den Fortbestand des Unternehmens zu erhalten. Erfolglos.

Das Geschäftsmodell von Mutares ist, Firmen in Schieflage zu erwerben, sie zu sanieren und anschließend gewinnbringend zu verkaufen. Der ursprüngliche Plan, Zanders auf normalen Weg zu sanieren, ist mit der angemeldeten Insolvenz gescheitert. Zanders macht zwar nicht mehr 20 Millionen Euro Verlust jährlich – wie beim Kauf des Unternehmens – aber immer noch einen Millionenbetrag.

Am Freitagmittag wurde den Mitarbeitern vom Betriebsratsvorsitzenden Taner Durdu die Lage erklärt. Er sei davon überzeugt, dass Zanders unter den neuen Rahmenbedingungen eine echte Chance habe, so Durdu.

Über 400 Jahre Papierherstellung 

Die Gohrsmühle ist Gladbachs zweitälteste Papiermühle (1596, nach der heute mit ihr vereinigten Schnabelsmühle, 1582). Die Geschichte der Firma Zanders setzte 1822 mit dem Einstieg des Forstbeamten Johann Wilhelm Zanders aus Düsseldorf in das Geschäft seines Vetters ein.

Im Jahr 1965 wurde die Papierfabrik Reflex in Düren erworben, die mit der Gohrsmühle unter dem Dach der I. W. Zanders KG und dann der Zanders Feinpapier AG (1980) vereinigt wurde. Diese ging 1983 an die Börse, um ein milliardenschweres Investitionsprogramm zu finanzieren. Im Jahr 1989 verkaufte die Familie Zanders ihre Mehrheitsanteile an das US-Unternehmen International Paper Company (IP). Im Jahr 2000 verkaufte IP die Firma an den finnischen Papierhersteller Metsä Serla, der sich in M-real umbenannte. 2002 wurden die verbliebenen Zanders-Minderheitsaktionäre abgefunden und das Unternehmen in der Folge wieder von der Börse genommen und zur M-real Zanders GmbH umfirmiert. Mit neuen Produkten und Strukturanpassungen sollte das Werk wieder profitabel werden. Das gelang nur teilweise wegen des Preisverfalls aufgrund von Überkapazitäten und explodierenden Rohstoffpreisen.

Im Dezember 2014 kündigte der finnische Konzern an, das Gladbacher Werk bis Mitte 2015 verkaufen zu wollen. Im April 2015 wurde der Verkauf an die Münchener Mutares AG bekannt. (wg)

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