KanalnetzZu wenig Ingenieure für Abwasserprojekte in Bergisch Gladbach

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Die Bergisch Gladbacher Abwässer laufen zur Kläranlage Beningsfeld in Refrath. Um geplante Sanierungsarbeiten am Kanalnetz in Angriff zu nehmen, fehlen laut Stadtverwaltung Ingenieure.

Die Bergisch Gladbacher Abwässer laufen zur Kläranlage Beningsfeld in Refrath. Um geplante Sanierungsarbeiten am Kanalnetz in Angriff zu nehmen, fehlen laut Stadtverwaltung Ingenieure.

Bergisch Gladbach – Die Mühlen der Behörden mahlen langsam. Aber sie mahlen. Auch bei der Abwasserbeseitigung in Bergisch Gladbach ist das so. Schon am 4. Oktober hatte Gladbachs Erster Beigeordneter Harald Flügge einen Brief an den Landrat abgeschickt. Es ging darin um die „Wahrnehmung der gesetzlichen Abwasserbeseitigungspflicht“, anders ausgedrückt: um das vergebliche Bemühen der Gladbacher Verwaltung, dieser Pflicht bei Kanalsanierungen, bei der Behandlung von Niederschlagswasser und der anschließenden Einleitung in Gewässer pünktlich nachzukommen.

Antrag erforderlich

Die Kreisstadt will einige der Abwasser Projekte und Kanalarbeiten wegen Personalmangels verschieben. Dem muss der Kreis als Aufsicht zustimmen, ebenso die Bezirksregierung. „Wir sind dafür noch in der Abstimmung“, erklärte Gladbachs Pressesprecher Martin Rölen nach Rücksprache mit der Fachabteilung. Die Materie sei komplex, die Vorgänge benötigten Zeit. Ein Grund zur Sorge sei die ausstehende Antwort keineswegs. Bei der Kreisverwaltung bestätigte Sprecherin Hannah Weisgeber den Austausch der Behörden untereinander. Derzeit sei in der Sache noch Abstimmungsbedarf.

Im Brief an den Kreis hatte Flügge die Gladbacher Karten offen auf den Tisch gelegt: Drei Ingenieursstellen in der fürs Abwasser zuständigen Abteilung seien bereits vakant, zwei weitere Mitarbeiter würden sie bis Jahresende die Abteilung verlassen. Diese Personalveränderung ist mittlerweile eingetreten.

Beratung in der Politik

Die Mitglieder des Bergisch Gladbacher Umweltausschusses waren im November über das Schreiben der Stadt informiert worden. Stadtbaurat Harald Flügge berichtete von dem Brief an Landrat Stephan Santelmann und beleuchtete kurz die Hintergründe. Eine politische Diskussion gab es im Umweltausschuss nicht, Wortmeldungen aus den Fraktionen blieben aus. Die Ausschussmitglieder nahmen den Sachstand lediglich zur Kenntnis.

Sobald eine Antwort der Aufsichtsbehörden Rheinisch-Bergischer Kreis und Bezirksregierung Köln vorliegt, geht die Sache zurück in die Politik. (cbt)

Infolge der personellen Situation müsse die Stadt Sanierungen und Reparaturarbeiten verschieben, führt Flügge aus. Auch mache die Arbeitsmarktsituation und der Fachkräftemangel wenig Hoffnung, dass eine Besetzung der Vakanzen schnell gelingen könne. Der Brief schließt: „Ich bitte um Zustimmung zur vorgesehenen Vorgehensweise.“

Das Abwasserbeseitigungskonzept ist keine Kleinigkeit für die Stadt, sondern ein umfangreiches Maßnahmenpaket mit Investitionen von etwa 200 Millionen Euro in den Jahren bis 2026. Die dreiseitige Liste, die Flügge ans Kreishaus mitgeschickt hat, gibt darüber Auskunft. Rund 120 Positionen stehen darauf, rund ein Dutzend davon will die Stadt um ein oder mehrere Jahre verschieben. Das Kostenvolumen dieser Projekte liegt bei rund 12 Millionen Euro.

Weitere Verzögerung nicht möglich

Sie sollen vom bisher geplanten Zeitraum bis 2021 in die Jahre von 2022 bis 2026 verlegt werden. Eine weitere Verzögerung ist nicht möglich. 2026 ist nach zweimaliger Fristverlängerung der Endpunkt, bis zu der verschärfte EU-Standards bei der Behandlung von Regen- und Niederschlagswasser erfüllt sein müssen. Wasserrahmenrichtlinie heißt das Wort dafür.

Mit ihrem Konzept zur Abwasserbeseitigung hatte die Stadt bereits Probleme. 2013 hatten Kreis und Bezirksregierung einen Fortschreibungsentwurf für die Jahre bis 2020 beanstandet. Den Aufsichtsbehörden missfiel manches. Zu viele Projekte seien erst ab 2021 geplant, bis auf weiteres bleibe damit der Gewässerzustand problematisch. Fast alle Gewässer seien von den Zielen der Richtlinie „meilenweit entfernt“. Die Einleitung von Regenwasser entspreche an vielen Stellen nicht den Mindestanforderungen.

Die neuere Fassung, im Dezember 2014 im Umweltausschuss verabschiedet, zog Arbeiten vor. Von den Gesamtkosten von 200 Millionen Euro sollten rund 80 Millionen erst ab 2022 investiert werden. Wird der Bitte Flügges entsprochen, könnte sich der Korridor deutlich in die Jahre nach 2022 verschieben und damit auch die Ausgaben. Mindestens 90 bis 95 Millionen Euro würde die Stadt dann erst später investieren.

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