Konditorei in der SchulkücheWie eine Gladbacherin in der Pandemie den Traumjob fand

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Konditorei in der Schulküche mit (v.l.) Mohamed, Marc, Luna, Ayleen, Hamit, Helen Meißner, Linor, Esin, Manar und Alina.

Konditorei in der Schulküche mit (v.l.) Mohamed, Marc, Luna, Ayleen, Hamit, Helen Meißner, Linor, Esin, Manar und Alina.

Bergisch Gladbach – Es war einmal eine junge Konditormeisterin, die backte die herrlichsten Cupcakes und die schönsten Torten. Die brachte sie zu den Leuten nach Hause. Das kleine Unternehmen hieß „Erste Sahne“ und war der ganze Stolz von Helen Schwerger. Bis sie eines Tages ein völlig anderes Angebot erreichte.

Inzwischen gab es Corona, es sind ein paar Jahre vergangen, die ehemalige Unternehmerin (32) ist verheiratet und heißt jetzt Meißner. Ihre kleine Backstube tauschte sie gegen die große Schulküche der Gemeinschaftshauptschule in Sankt Augustin-Niederpleis, ihre Selbstständigkeit gegen eine Vollzeitstelle als MPT-Kraft (Fachkraft im multiprofessionellen Team).

Schwester machte Referendariat

„Es fing damit an“, erzählt sie, „dass meine Schwester an dieser Schule ihr Referendariat machte. Und die Schulleitung suchte jemanden aus der Praxis für einen Wahlpflichtkursus in Richtung Konditor/Kochen/Backen. So entstand der Kontakt und primär die Möglichkeit, als Quereinsteigerin den Unterricht mitzuführen.“

Ihr Ziel dabei sei es gewesen, den Schülern den Weg zu ebnen und das Interesse am Konditorberuf zu wecken. „Wir wurden seinerzeit ein tolles Team, unser Projekt war die Schülerfirma Konditorei.“ Sie blickt zurück: „Wir erarbeiteten Schokoladenschaustücke und haben jeden Vorgang zelebriert. Am Ende hatten wir so viel Umsatz gemacht, dass wir den Abschluss in einem Restaurant feiern konnten. Viele hatten das noch nicht erlebt.“

Stelle in Vollzeit

Für die Schildgenerin wurde der einjährige Wahlpflichtkurs zum prägnanten Erlebnis. Und noch während sie später über vergleichbare Alternativen nachdachte, wurde in der Schule ihre Stelle in Vollzeit frei. Klar, dass Helen Meißner zusagte.

Es klingt wie ein Märchen in Pandemiezeiten. Und so ist auch das Bild einer Unterrichtsstunde im aktuellen Schulprojekt „Stärken stärken“ buchstäblich rosarot und süß. Helen Meißner hat in diesem Halbjahr die Lebensmittelverschwendung zum Thema gemacht und nutzte eine der letzten Stunden zur Darstellung von ein paar „Krummen Dingern“. „Wir retten einen Apfel“ lautete der Slogan des Tages, und das Ziel war es, das Nahrungsmittel wieder interessanter und schmackhafter zu machen. Zehn Schüler der sechsten Klasse hatten in ihrer Unterrichtsstunde die Aufgabe, Paradiesäpfel zu erschaffen. Sie tauchten das Obst in Schokolade und schmückten es mit Zuckerdeko und Streuseln.

Schöne Erinnerungen bei gemeinsamer Verkostung

Und spätestens ab hier waren die Schüler in der Konditorbranche tätig. Denn Schokolade schmelzen ist nicht ganz so einfach, weil man den Schmelzpunkt von 28 Grad beachten muss. Auch blieb vieles zu tun, bis der Apfel auf dem Schokosockel stehen konnte. Dazu lernten die Schüler Fachbegriffe wie „schokolieren“ und „filieren“ und sie durften auch das Aufräumen der Küche nicht vergessen. Der Unterricht endete bei gemeinsamer Verkostung am großen Tisch. Hier war das Feedback eindeutig: Es hat Spaß gemacht und eigentlich war für den ein oder anderen nur das Reinbeißen in den Apfel schwer.

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Helen Meißner steht auch in anderen Fächern den Schülern zur Seite. Für sie ist jeder Tag anders und jeder Tag schön. Zusammen mit ihrer Familie und den beiden Hunden lebt sie in Schildgen und erinnert sich an eine Zeit, in der sie immer weiter und weiter wollte. „Das brauche ich alles nicht mehr“, sagt sie. „Gerade bin ich zufrieden und gelassen.“ Die Arbeit mit den Schülern sei vielseitig und spannend und sie freue sich, wenn der ein oder andere später bei einem Bewerbungsgespräch mit Fachwissen trumpfen wird.

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