Kritik am VerfahrenAmpelkoalition will neue Beigeordnete in Bergisch Gladbach

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So war es schon im Koalitionsvertrag festgeschrieben: Jede Partei bekommt einen Posten im Rathaus.

So war es schon im Koalitionsvertrag festgeschrieben: Jede Partei bekommt einen Posten im Rathaus.

Bergisch Gladbach – Die Verwaltung in Bergisch Gladbach will sich ein Stück weit neu erfinden. Jedenfalls ist die Ampelkoalition mit Grünen, SPD und FDP entschlossen, zwei neue Beigeordnete zu installieren. Die SPD stellt den Bürgermeister, FDP und Grüne haben das Vorschlagsrecht für jeweils einen Beigeordneten. Rainer Röhr, Mitglied der frisch in den Rat gewählten Freien Wähler, lernt im Schnellkurs, auf was im Rat ankommt – die Frage: Wer hat die Mehrheit? „Wir haben am vergangenen Freitag die Liste mit den Kandidaten erhalten und sollen am kommenden Dienstag entscheiden. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.“

Röhr schwenkte im vergangenen Hauptausschuss ins Fahrwasser der CDU ein, die eine Vertagung der Entscheidung ins Spiel brachte. Fraktionsvorsitzender Michael Metten kritisierte nicht die Kandidaten – „ich kenne sie ja nicht“ –, sondern die Art und Weise, wie die Ampel vollendete Tatsachen schaffe. Er erinnerte daran, wie Stadtkämmerer Harald Flügge (CDU) sich vor seiner Wahl vor vier Jahren im Hauptausschuss den Fragen aller Fraktionen stellte. „Und so ein Verfahren hätte ich auch jetzt erwartet.“ Er akzeptiere, dass die CDU nicht mehr Teil der Gestaltungsmehrheit ist, aber es gebe Spielregeln, an die man sich bisher im Gladbacher Rat gehalten habe.

Nur drei Bewerber

Dabei ist die Kandidatensuche schon eine Geschichte für sich. Der zweite Beigeordnete soll für die Bereiche Finanzen, Digitalisierung sowie Grundstücks- und Gebäudewirtschaft verantwortlich sein. Dafür gab es exakt drei Bewerbungen – zwei von ihnen erfüllen die formalen Voraussetzungen nicht. Also gibt es faktisch keine Auswahl. Nach Informationen dieser Zeitung handelt es sich um einen ehemaligen sachkundigen Bürger der FDP-Fraktion.

Befragung für die Ratssitzung

Die Ratspolitiker von Gladbach müssen bis heute Mittag entscheiden, wie sie die Ratssitzung in der kommenden Woche organisieren. Denkbar ist, dass der Hauptausschuss den Rat ersetzt. Das ist rechtlich möglich und wurde so schon während der ersten Corona-Welle praktiziert. Denkbar ist auch, dass es einen kleineren Rat geben wird. Die Fraktionen müssten sich dafür untereinander absprechen, damit die Mehrheitsverhältnisse gewahrt bleiben. Angesichts der Corana-Entwicklung gibt es die Anfrage der Verwaltung an die Ratsmitglieder, wie mit der Ratssitzung verfahren werden soll. (nie)

So überschaubar das Kandidatenfeld für den zweiten Beigeordneten ist, so unübersichtlich ist es beim dritten Beigeordneten. Dessen Aufgabenzuschnitt gibt es so wahrscheinlich nur in Gladbach. Er oder sie ist verantwortlich für Stadtentwicklung, Mobilität, Klimaschutz sowie Jugend, Soziales, Schule und Kultur. Und da rappelte es an Bewerbern: 14 Kandidatinnen und Kandidaten. Und anders als beim zweiten Beigeordneten ergibt sich die Wahl keinesfalls von selbst. Zwar ist inzwischen den Oppositions-Fraktionen der Wunschkandidat von der Ampel genannt worden, aber es gibt tatsächlich die Wahl. Zeitlich und praktisch ist jedoch unmöglich, dass sich diese Kandidaten in den Fraktionen vorstellen.

Zeitplan wird durchgezogen

Gleichwohl prallte die Kritik am Verfahren bei den Vertretern der Ampel ab. Bürgermeister Frank Stein betonte, dass das gesamte Verfahren rechtlich absolut in Ordnung sei und deshalb auch nicht zu beanstanden. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Jörg Krell erinnerte im Hauptausschuss daran, wie zu Zeiten von Bürgermeister Lutz Urbach Stellen ohne jede Rücksprache besetzt worden seien. Metten widersprach. Bei den Beigeordneten hätten alle Fraktionen genügend Gelegenheit gehabt, sich zu informieren.

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Letztlich ist die Ampel entschlossen, ihren Zeitplan im Rat durchzuziehen. So werden am kommenden Dienstag zwei neue Beigeordnete gewählt. Erstmalig in ihrer Geschichte hat die Stadt insgesamt drei Beigeordnete.

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