Leserwanderung in Bergisch GladbachMit Werner Franzen auf den Spuren des Papierschöpfers

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Alfred Noell mit seinen „Mädels“ vor dem Marienkrankenhaus

Alfred Noell mit seinen „Mädels“ vor dem Marienkrankenhaus

Bergisch Gladbach – Besonders gern erinnert sich Alfred Noell an die Geschichte der Skulptur „Vertrauliches Gespräch“, die am Haupteingang des Marienkrankenhauses ausgestellt ist: „Werner Franzen hat mir selbst erzählt, dass sie entstanden ist aus einer niedlichen Tuschelei seiner beiden Nichten“, erinnert sich der Motorjournalist und Dokumentarfilmer. Bis zu dessen Tod im Dezember vergangenen Jahres stand Noell im Kontakt mit dem Bergisch Gladbacher Künstler, dessen Arbeiten er bewundert und liebt.

Werner Franzen, Jahrgang 1928, hat Wegmarken gesetzt, die weithin bekannt sind, aber oft nicht mit ihm in Verbindung gesetzt werden: Die berühmte drei Meter hohe Engelfigur etwa vor dem Kloster Maria Laach stammt von ihm. Prägnant sind auch zwei Bronzeskulpturen, die der Altenberger Dom birgt (siehe „Ausflug und Einkehr“).

Klarheit in Gestus und Material

Die Altenberger Kunsthistorikerin Petra Janke ist auf diesem Gebiet Expertin und hat einen Aufsatz über „Sakrale Werke des Bildhauers Werner Franzen“ verfasst (Altenberger Blätter, Heft 37). „Es war die Konzentriertheit der Plastiken, die mich von Anfang an fasziniert hat“, erklärt Janke, die Franzen in seinem Atelier in Schildgen besuchte und auch selbst einige kleinere Arbeiten erwarb.

Die Klarheit in Gestus und Material zeichnete auch die Grabfiguren aus, die der Gladbacher in großer Zahl geschaffen hat. Allein 30 stehen auf dem Kölner Melaten-Friedhof, darunter Grabsteine für den Schauspieler Willy Birgel oder den Opernsänger Wolfgang Anheisser. Ein monumentaler Reliefstein erinnert auf dem Friedhof Remagen an seine früh gestorbene erste Frau Anneliese, ein Denkmal mit einem gemeißelten „Gleichnis vom Samenkorn“ ist Mittelpunkt der Priester-Ruhestätte in Heidkamp.

Unsere Wanderung führt allerdings zu den weltlichen Skulpturen – bis auf eine Ausnahme auf dem idyllisch gelegenen Laurentiusfriedhof, wo Franzen ein steinernes Grabkreuz gestaltet hat. Die auffälligste Skulptur auf unserem Weg ist sicher der „Papierschöpfer“, der auf dem Konrad-Adenauer-Platz vor der Villa Zanders steht – eine der Lieblingsfiguren von Stadtführerin Roswitha Wirtz, die sich bereiterklärt hat, diesen Spaziergang für uns zu entwerfen. Weniger bekannt sind Figuren und Figurengruppen, die Jünglinge und Mädchen beim Flötenspiel, beim Lesen, beim Plaudern oder Träumen zeigen; der Förderverein des Marienkrankenhauses hat einige dieser Figuren erworben, wie wir auf unserer Wanderung lernen. Ein besonders verwunschener Platz ist der Patientengarten des Rehazentrums an der Reuterstraße, wo „Der Träumende“ auf einem Sims liegt und friedlich in den Himmel blickt.

„Für jeden was dabei"

Auf dem Weg ins Gladbacher Zentrum schweift Stadtführerin Roswitha Wirtz gern ein bisschen ab – allerdings mit gutem Grund. Denn am Ende der Reuterstraße lebt der Bildhauer Eugen Ignatius mit seiner Frau in einem spektakulären Haus, das einem Museum gleicht. „Die Stein-Skulpturen wirken in ihrer klassizistischen Anmutung fast wie Prototypen für Franzens reduzierte Moderne“, findet Roswitha Wirtz. „Ich freue mich besonders, dass Herr Ignatius uns bei unserer Führung in seinen spektakulären Garten eingeladen hat.“

Mit den historischen Kalköfen streift Wirtz auf dem Rückweg noch schnell ein prominentes Stück Gladbacher Stadtgeschichte, bevor es direkt ins bronzene Herz von Franzens Schaffen geht – zum Papierschöpfer auf dem Marktplatz.

Doch Moment: Während wir auf einem beispiellos hässlichen Fußweg die „Unterwelt“ des Marktkaufkomplexes passieren, erregt ein farbenfrohes Zeugnis zeitgenössischer Straßenkunst die Aufmerksamkeit. Bis zum Einstieg in die Grüne Ladenstraße ziehen sich mehrere Graffiti an der kompletten Mauer entlang. Tomi, B’MB1, Q-1-Projekt sind als Signaturen zu lesen sowie ein Logo der Siegburger Graffiti-Künstler Johannes Kremer und Marina Rempel, bekannt unter dem Namen Octagon One. Amnesty International ist ihr Fresko „Freedom“ gewidmet. Roswitha Wirtz freut sich: „Da haben wir doch von jedem etwas in unserer Tour.“

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