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Luftige LyrikZwei Frauen vezaubern im Gladbacher „Sinngewimmel“

Lesezeit 3 Minuten
Pianistin Nare Karoyan in der Liedermatinée am Sonntag mit der Sopranistin Judith Hoffmann.

Pianistin Nare Karoyan in der Liedermatinée am Sonntag mit der Sopranistin Judith Hoffmann.

  • Die Liedermatinée im „Sinngewimmel“ war den Dichterinnen gewidmet.
  • Pianistin Nare Karoyan und Sopranistin Judith Hoffmann trugen Lyrik der Zeitgenossinnen von Beethoven über Mendelssohn Bartholdy, Schumann bis zu Wagner, Hindemith, Korngold und Weill vor.
  • So wurde jeder Vortrag ein Genuss, denn man konnte den Worten auch mit den Augen folgen.

Bergisch Gladbach – „Es ist so wichtig, die Musik weiter leben zu lassen in dieser besonderen Zeit“, sagt die Pianistin Nare Karoyan nach der Liedermatinée am Sonntag mit der Sopranistin Judith Hoffmann im „Sinngewimmel“, dem kleinen Musiksaal in der Refrather Wilhelm-Klein-Straße. Nur 18 Besucher finden Platz in dem ehemaligen Friseursalon, der sich seit Jahren aus Ausbildungsstätte für Pianisten und als Bühne für Kammermusik einen guten Namen gemacht hat.

Luftig, mit dem gebotenen Abstand sitzen die Musikliebhaber vor den beiden Protagonistinnen, die die Liedermatinée den Dichterinnen gewidmet haben – Lyrik der Zeitgenossinnen von Beethoven über Mendelssohn Bartholdy, Schumann bis zu Wagner, Hindemith, Korngold und Weill. „Die Dichterinnen durften in den vergangenen Jahrhunderten nie in die Öffentlichkeit treten, berühmt wurden nur die männlichen Lyriker und Schriftsteller – doch wir machen Musik mit ihren Energien“, erzählt die Sopranistin Judith Hoffmann, die mit ihrer Auswahl ein wahres Schatzkästlein der mit Musik verwobenen Worte öffnet.

Ironisierende Betrachtung

Mit Mascha Kalékos „Interview mit mir selbst“, intoniert von Silvian Loher, eröffnet sie die ironisierende Betrachtung der Kaléko, die sehr entwaffnend und authentisch klingend in lebhaften Gesang umgesetzt wird. Sofort wechselt Hoffmann über in die Romantik mit Friederike Serres „Oh du mein Stern“, dessen visionäre Stimmung von Clara Schumann umgesetzt wurde. Meist geht es um Liebe, erfüllte und ersehnte Liebe, aber auch konkrete und in blumige Worte gesetzte Lebenserkenntnisse, in Musik verwandelt – wie bei Richarda Huchs Gedicht von der „Gebietern der Töne“, expressiv umgesetzt von Victor Ullmann. Lieder von den Romantikern nach Texten von Marianne von Willemer wiegen den Zuhörer in gewohntem Hörerlebnis.

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Judith Hoffmann schafft neue mit Prokofievs Komposition nach der „Echten Zärtlichkeit“ von Anna Achmatova, Korngolds Lied „Was du mir bist“ nach Eleonore van der Straten, Hindemiths „Der Traum“ nach Else Lasker-Schüler. In bleibender Erinnerung ist Judith Hoffmannns Interpretation von Wagner Vertonung von Mathilde Wesendoncks „Stehe still“ – jedes Wort von der „urewigen Schöpfung“ fein ausformuliert und intoniert. Leicht und luftig entlässt sie nach 18 Liedern ihr Publikum mit Weills „The river is so blue“ nach Ann Ronell.

Mit bedachter Phrasierung, subtil eingesetzter Stimmführung und Artikulation, führt Judith Hoffman ihre gebannt lauschenden Zuhörer von Lied zu Lied, die Texte hat Nare Karoyan ihnen vorher per Mail zugeschickt. So ist jeder Vortrag ein Genuss, wenn man den Worten auch mit den Augen folgen kann. Kongeniale Partnerin am Flügel ist Nare Karoyan. Sie begleitet einerseits zurückhaltend, aber auch unterstützend und rundet dem Vortrag zum Hörerlebnis in dem kleinen Saal ab, der trotz des Teppichbodens eine überraschend gute Akustik aufweist.

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