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Mit LeitungswasserGladbacher Unternehmen bieten kostenloses Auffüllen von Flaschen an

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Auf dem Platz am Bergisch Gladbacher Bahnhof gibt es einen Trinkwasserbrunnen der Belkaw.

Auf dem Platz am Bergisch Gladbacher Bahnhof gibt es einen Trinkwasserbrunnen der Belkaw.

Bergisch Gladbach – Aus Norddeutschland schwappt eine Idee ins Bergische. Es geht ums Trinkwasser und darum, wie man möglichst umweltbewusst damit umgehen sollte. Für die Grünen in Bergisch Gladbach steht fest: Am besten gelingt das mit dem heimischen Leitungswasser.

Sie haben sich eingeklinkt in die Kampagne „Refill Deutschland“ und bieten seit kurzem zu den Öffnungszeiten ihrer Geschäftsstelle („Grüner Treff“) an, leere Trinkflaschen kostenfrei mit Leitungswasser aufzufüllen.

Das Prinzip ist einfach: vorbeigehen, Flasche auffüllen lassen, sich bedanken. Das war’s schon. Auf diese Weise soll der zunehmenden Flut an Plastikflaschen Einhalt geboten werden. In den Supermärkten füllen die Plastikgebinde mitunter ganze Regalmeter.

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Refill kommt aus dem Englischen und bedeutet einfach: wieder auffüllen. Das ist das Konzept. Die ehrenamtliche Initiative, entstanden in Hamburg, hat mittlerweile Unterstützer in ganz Deutschland gefunden. Alle Ladenlokale, die über einen Wasserhahn verfügen, können mitmachen; eine Genehmigung von Behörden ist dafür nicht erforderlich.

Auf der Homepage blinken überall Refill-Stationen, weit über 150 in Deutschland. Nur in Bergisch Gladbach bislang noch nicht. Bündnis 90/Die Grünen sind Vorreiter. Und: In Rösrath-Hoffnungsthal beteiligt sich auch der Friseursalon „Haarwerkstatt“ an der neuen Trinkwasser-Idee. Weitere Mitstreiter werden gesucht.

„Importiertes Flaschenwasser verursacht bis zu tausendmal mehr Umweltbelastungen als Leitungswasser“, erklären die Grünen. Vorstandsmitglied Maik Außendorf war der Ideengeber. Die Refill-Aktion sei ein „praktischer und nützlicher Beitrag gegen Plastikmüll“, findet er. Dass längst nicht jedes in Plastikflaschen abgefüllte Wasser einen kurzen Weg hinter sich hat, ist ein zweites Argument. Mitunter beginnt die Transportkette des Wassers im Ausland.

Örtlicher Wasserversorger unterstützt Kampagne

Dass die Grünen fürs bergische Trinkwasser werben, freut auch den örtlichen Wasserversorger Belkaw. „Unser Trinkwasser kann aus den Leitungen bedenkenlos getrunken worden“, wirbt Unternehmenssprecher Igor Hradil für das aus den Tiefen der Paffrather Kalkmulde (45 Meter) stammende Trinkwasser.

Es habe einen angenehmen Geschmack und könne selbstverständlich mit den Angeboten in den Supermärkten konkurrieren. „In Deutschland ist Trinkwasser das mit am besten überwachte Lebensmittel.“ Dass es aber bei manchen Mitbürgern immer noch Vorbehalte gibt, aus der Leitung zu trinken, bestätigt Hradil. „Diese Bedenken sind absolut unbegründet.“

Schon seit vielen Jahren bietet die Belkaw übrigens ihr Wasser kostenfrei an. Allerdings geschieht dies eher auf ungewöhnlichem Weg: Auf dem Platz am Bergisch Gladbacher Bahnhof („Platz der Partnerstädte“) sprudelt ein Trinkwasserbrünnchen. Aus einem Wasserkran läuft das Nass, es kann direkt aus der Leitung getrunken werden. Passanten oder Reisende können sich dort erfrischen.

Leitungswasser ist deutlich günstiger

Auch anderen Stellen gibt es Wasser im öffentlichen Raum: auf den Friedhöfen. Allerdings rät die Stadt ab, hier Trinkwasser zu sich zu nehmen. „Das Wasser kommt natürlich aus den gleichen Leitungen wie das Trinkwasser. Aber man weiß nicht, wer vorher an der Wasserstelle mit seiner Gießkanne hantiert hat“, erklärt Martin Rölen aus der Pressestelle der Stadt. Das „Friedhofs-Wasser“ ist auch nicht als Trinkwasser deklariert.

Was die Grünen als weiteres Argument anführen, ist der Preis. Sie haben einen durchschnittlichen Literpreis von 0,25 Cent für Leitungswasser errechnet – in Gladbach sind es exakt 0,198 Cent. Ein Liter Wasser im Supermarktregal koste aber etwa das Vierzigfache oder noch mehr.

So halten es die Gastronomen

Im europäischen Ausland ist es verbreitet, im Restaurant – auch in der Spitzengastronomie – eine Karaffe Leitungswasser zum Essen zu bestellen. In Deutschland trauen sich viele Gäste das nicht, obwohl die Preise für Mineralwasser oft ziemlich hoch sind. Wie hält es zum Beispiel die Gastronomie im Grandhotel Schloss Bensberg in ihren Restaurants „Vendôme“ (drei Sterne), Enoteca, Jan Wellem und in der Dali-Bar?

Direktor Kurt Wagner sagt: „Wenn Gäste bei uns Leitungswasser bestellen, kriegen sie es, kein Thema. Ich persönlich trinke auch lieber Leitungswasser im Restaurant, bestelle aber trotzdem stilles Mineralwasser. Ich weiß ja, wie schwierig es ist, in der Gastronomie zu überleben. Beim Mineralwasser ist die Rendite höher, das hilft bei der Kostenkalkulation.“

Im Schnellrestaurant Bosporus in der Gladbacher Innenstadt ist der Wunsch nach Leitungswasser eine absolute Seltenheit – und wird nicht erfüllt. Wer ein Glas Leitungswasser bestellt, bekommt kostenlos ein Glas stilles Wasser aus der Flasche. Allerdings komme es manchmal vor, dass sich Gäste Leitungswasser vom Kran aus der Toilette zapfen. Das wird toleriert. (eck/nie)

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