Mordprozess in IserlohnBergisch Gladbacher hatte Fotos des Ermordeten auf dem Handy

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Der Angeklagte wird von seinem Verteidiger zum Platz im Gerichtssaal begleitet.

Der Angeklagte wird von seinem Verteidiger zum Platz im Gerichtssaal begleitet.

  • Der Prozess gegen den Bergisch Gladbacher Slatan K. (Name geändert), der zwei Menschen umgebracht haben soll, geht weiter.
  • Dieses Mal kam der Dortmunder Polizist zu Wort, der Slatan K. festnahm. Und er sorgte für interessante Aussagen.
  • Später gab der Nachbar des mutmaßlichen Mörders wichtige Details zur Tat bekannt.

Bergisch Gladbach/Iserlohn – Im Prozess gegen Slatan K. (Name geändert), den mutmaßlichen Mörder von Nafije H. und Amir N., haben am Dienstag die Ex-Frau des Angeklagten, ein Nachbar und Freund sowie dessen Ehefrau als Zeugen ausgesagt – außerdem der Polizeibeamte, der Slatan K. am 17. August nach der Bluttat am Stadtbahnhof Iserlohn festgenommen hat, ein Mediziner, der ihn anschließend untersuchte und die Leiterin eines Frauenhauses in Süddeutschland, in dem sich Nafije H. im Jahr 2015 aufgehalten haben soll.

Dortmunder Kriminalbeamter schildert Festnahme

Die Aussage eines 27-jährigen Kriminalbeamten vom Polizeipräsidium Dortmund zählt an diesem Vormittag zu den interessantesten. Er berichtet, am Tag des Verbrechens sei er mit einer Kollegin und einem Polizeianwärter (beide haben bereits im Verfahren ausgesagt) zum Bahnhof gefahren, als von der Leitstelle der Hinweis auf eine Messerstecherei gekommen sei, die „mehr als ernst zu nehmen“ wäre. Ein Taxifahrer habe einen flüchtigen Täter gemeldet. Am Bahnhof sieht sich der Beamte mit einer unübersichtlichen Situation konfrontiert: „Da war alles voller Menschen, einige schrien und zeigten in eine Richtung, so habe ich den Beschuldigten gefunden.“

Der blutverschmierte Slatan K. sitzt auf dem Boden, unweit der Leichnam des 23-jährigen Amir N. „Eine Frau hat auf ihn gezeigt und gesagt: »Das ist der«“. Ich habe meine Dienstwaffe gezogen – wann genau, weiß ich nicht mehr – und ihn aufgefordert, sich mit dem Bauch auf den Boden zu legen“, berichtet der Zeuge. Dieser Anweisung leistet der 44-Jährige widerstandslos Folge.

Weil es noch Hinweise auf einen möglichen zweiten Täter gibt, stellt er dem gefesselten Sphejtim H. eine entsprechende Frage. In seiner Antwort, so sagt der Polizist aus, räumt der 44-Jährige die Tat ein – als Geständnis sei das jedoch nicht verwertbar, unterbricht die Vorsitzende Richterin. Der Grund: Der Angeklagte ist nicht zuvor über seine Rechte aufgeklärt worden.

Mutmaßlicher Mörder sei „die Ruhe selbst“ gewesen

Slatan K. sei „die Ruhe selbst“ gewesen, in Anbetracht des Blutbads sei ihm das unheimlich erschienen, erklärt der Kriminalbeamte, der selbst in dieser Situation „unter Vollstress“ gestanden habe. Ein 38-jähriger Polizeiarzt, der den Festgenommenen wenig später befragt und ihm eine Blutprobe entnimmt, beschreibt den Zustand des 44-Jährigen zu diesem Zeitpunkt als „ruhig, freundlich und kooperativ“, er sei „wach und orientiert“ gewesen, Hinweise auf Drogen erkennt der Mediziner nicht.

Das Gespräch sei allerdings über ein paar simple Ja-Nein-Fragen nicht hinausgegangen, da der in Bergisch Gladbach lebende Kosovo-Albaner Slatan K. kaum Deutsch gesprochen habe und kein Dolmetscher verfügbar gewesen sei.

Das sagt ein Vertrauter über den Angeklagten

Als weiterer Zeuge ist ein Vertrauter des Angeklagten geladen, ein 59-Jähriger aus Bergisch Gladbach, der ebenfalls vom Balkan stammt und seine Antworten dolmetschen lässt. Die beiden sind zunächst Nachbarn und Arbeitskollegen. Die Männer sehen sich praktisch jeden Tag. Sphejtim H. beschreibt der 59-Jährige als „nett und aufmerksam“, das Verhältnis zum ihm als „sehr gut“. Auch den Umgang von Sphejtim und Nafije H. stellt er als „harmonisch“ da.

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Seiner Darstellung zufolge, die teilweise erst durch wiederholte Nachfragen und die Ermahnung, die Wahrheit zu sagen, ins Protokoll aufgenommen werden kann, sollen Sphejtim und Nafije H. „alles zusammen gemacht“ haben und sich beim Kaffeetrinken als gute Gastgeber gezeigt haben. In Gesprächen seien irgendwann zwar „Probleme“ in der Ehe Thema geworden, mit Details sei Slatan K. jedoch stets zurückhaltend gewesen. Auch davon, dass Nafije H. schon 2015 vor dem Angeklagten in ein Frauenhaus geflohen war, will der Nachbar nichts gewusst haben.

Slatan K.: „Ich kann nicht ohne sie leben“

Eines Tages, so berichtet der Zeuge, sollen zwei „fremde Personen“ Nafije H. besucht haben, während Slatan K. nicht zu Hause war – zwei Männer. Den weiteren Verlauf beschreibt er so: Nafije H. verlässt ihren Ehemann, der daraufhin nur noch weint und Alkohol trinkt. „Er hat gesagt, er kann nicht ohne sie leben.“

Die Datenauswertung vom Smartphone des Angeklagten ergibt Folgendes: Am 17. August um 13.48 Uhr ruft Slatan K. seinen Freund an. Er sei in Iserlohn und habe Nafije gesehen – mit dem jungen Mann, den er bereits im Verdacht hatte, der neue Partner zu sein. „Komm nach Hause, mach keine Probleme“ drängt sein Freund. „Ich bin in einer halben Stunde da“, antwortet der 44-Jährige und legt auf.

Um 14.07 Uhr ruft er ein zweites Mal an. „Ich habe die beiden umgebracht. Ich schicke dir Fotos“, sagt Slatan K. in ruhigem Tonfall zu seinem Nachbarn, dem daraufhin das Handy aus der Hand fällt, wie er sich erinnert. Um 14.13 Uhr versucht der 59-Jährige laut Anrufprotokoll, zurückzurufen. Darauf schickt der mutmaßliche Täter Fotos des getöteten Amir N.

Diese Aufnahmen will er unbesehen gelöscht haben – Stirnrunzeln und Gemurmel im Saal.

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