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Nußbaumer Straße in Bergisch GladbachDiskussion um Nutzung von giftigem Boden

Lesezeit 3 Minuten
Wegen der Abfälle im Untergrund bekam Rolf Hampe das Grundstück für einen Euro.

Wegen der Abfälle im Untergrund bekam Rolf Hampe das Grundstück für einen Euro.

Bergisch Gladbach – Die Blätter an den Silberbuchen glitzern gelb und rot in der Herbstsonne. Spaziergänger, viele in Begleitung ihrer Hunde, starten hier ihre Runden – im Wald am Ende der Straße Nußbaumer Feld im Stadtteil Nußbaum. Ein perfektes Idyll.

Niemand würde vermuten, dass unter der Erde ein schmutziges Erbe lagert: Hochgiftige Ölschlämme aus der Altölaufbereitung sind hier abgelagert worden. Mit seinem Bürgerantrag, das Gelände in Bauland umzuwandeln, könnte der Grundstückseigentümer schlafende Hunde geweckt haben: Denn das Material stellt eine lauernde Gefahr für die Wohngebiete in direkter Nachbarschaft dar.

Zum Kaufpreis von einem Euro

Wegen der Abfälle im Untergrund war die Fläche in privilegierter Lage so günstig: Für nur einen Euro hat die Bezirksregierung 2014 dem Overather Bauunternehmer Rolf Hampe das 4600 Quadratmeter große Gelände verkauft. Seine Geschäftsidee: Er saniert das Gelände komplett, aber nur unter einer Bedingung: Die Stadt müsste das Areal in Bauland umwandeln. Auf diese Weise könnten die enormen Entsorgungskosten von geschätzt 400.000 Euro refinanziert werden.

Altlasten

Das Grundstück ist im Altlastenkataster des Rheinisch-Bergischen Kreises als Verdachtsfläche „Nußbaumer Winkel“ registriert. In den Jahren 1957 bis 1960 hat eine Leverkusener Firma in Absprache mit dem damaligen Eigentümer Säureteere aus der Altölraffinerie dort abgelagert. Es liegen der Kreisverwaltung Informationen über erhebliche Belastungen mit Kohlenwasserstoffen, Schwermetallen, EOC (extrahierte organische Halogenverbindungen) sowie Sulfat vor.

Da der Verursacher nicht mehr existiert, kann er für den Schaden nicht aufkommen. Der neue Eigentümer Ralf Hampe hat eine Kapitalgesellschaft in Form einer Limited gegründet hat: Einher geht damit der Haftungsausschluss des Privatvermögens. (ub)

Die Rückstände aus der Altölförderung, sogenannter Säureteer, gelten als krebserregend (siehe Kasten). Sie wurden in dem ehemaligen Kalksteinbruch zwischen 1957 und 1960 vergraben. Nach Untersuchungen der Unteren Bodenschutzbehörde des Rheinisch-Bergischen Kreises ist von einer Menge von 2500 Kubikmetern auszugehen.

Gefahr für Grundwasser nicht auszuschließen

Deshalb begrüßt das Amt für Umweltschutz des Kreises die Überlegung Hampes ausdrücklich, die Bodensanierung durch eine Wertsteigerung des Grundstücks zu kompensieren. Denn eine Gefahr für das Grundwasser könne nicht gänzlich ausgeschlossen werden: „1961 wurde eine Sicherung der Ablagerung durch Übererdung durchgeführt, die aus heutiger Sicht unzulänglich ist“, heißt es in einer Stellungnahme der Behörde vom Ende August.

Doch der Ausschuss für Anregungen und Beschwerden hat Hampes Bürgerantrag auf Umwidmung des Areals in Bauland trotzdem einstimmig zurückgewiesen – auf Empfehlung der Stadtverwaltung. „Eine Bebauung ist an dieser Stelle städtebaulich unerwünscht“, sagt Stadtbaurat Harald Flügge mit dem Hinweis auf den dort bestehenden Landschaftsschutz und der Schwierigkeit, eine Zufahrt zum Baugebiet auszuweisen.

Gutachten aus dem Jahr 2010

Aus Sicht von Rolf Hampe begründet sich die Gefahr einer Grundwasserverunreinigung durch die Gesteinszusammensetzung des ehemaligen Steinbruchs: „Der Kalk- und Dolomitstein besitzt eine hohe hydrauliche Leitfähigkeit.“ Bestätigung findet der Bauunternehmer in einem Gutachten der Unteren Bodenschutzbehörde aus dem Jahr 2010, das der Redaktion vorliegt. Demnach habe bereits „eine Verlagerung des Materials zu einzelnen Schlammaustritten an der Oberfläche geführt“.

Weiter heißt es: „Für den Fall eines Durchbruchs von Säureteer würden sehr schnell und sehr massiv irreversible Grundwasserverunreinigungen stattfinden.“ Verantwortlich in einem solchem Horrorszenarium mit unabsehbaren Folgen für die Umwelt sowie einer Kostenexplosion wäre der Rheinisch-Bergische Kreis als Aufsichtsbehörde, versichert Stadtbaurat Flügge – die Stadt wäre zumindest finanziell nicht betroffen.

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„So oder so müssten die Steuerzahler für die Umweltsauerei aufkommen“, kritisiert Eigentümer Hampe. Den Vorwurf des Spekulantentums, den Flügge ihm macht, lässt er nicht gelten. In der Verwertung problemhafter Grundstücke aus Zwangsnachlässen habe er schon mehrfach erfolgreich mit der Bezirksregierung Köln zusammengearbeitet. „Der Zeitpunkt ist optimal“, meint Hampe und versteht nicht, dass sich die Stadt querstellt. Im Zuge des neuen Flächennutzungsplans gebe es in Nußbaum ohnehin bauliche Veränderungen.

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