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Papierfabrik ZandersNeuer Pachtvertrag und Investitionen bringen Hoffnung

Lesezeit 4 Minuten
22 Jahre bei Zanders und jetzt Werksleiter: Markus Kaptain glaubt an die Trendwende.

22 Jahre bei Zanders und jetzt Werksleiter: Markus Kaptain glaubt an die Trendwende.

  • Endlich aufatmen bei der krisengeplagten Papierfabrik Zanders.
  • Ein neuer Pachtvertrag, Investitionen und sogar neue Produkte könnten die Wende bringen.
  • Jetzt alle Hintergründe lesen.

Bergisch Gladbach – Für den Bürgermeister von Bergisch Gladbach, Lutz Urbach, war der Montag ein perfekter Tag: „Am Wochenende hat der FC zum vierten in Mal in Folge gewonnen, übermorgen ist Prinzenproklamation und heute bin ich bei Zanders und kann ausschließlich gute Nachrichten verkünden. Alles perfekt.“ An der Spitze der guten Nachrichten steht der Abschluss eines langfristigen, zehnjährigen Pachtvertrages zwischen der Stadt und der Papierfabrik. Für Urbach ein klares Signal: Die Papierfabrik hat eine Zukunft.

Papierfabrik Zanders verhandelt seit November 2018 mit Stadt Bergisch Gladbach

Seit November 2018 verhandelt die Stadt mit der Fabrik um diesen Pachtvertrag. Werksleiter Markus Kaptain erklärte auf einer Pressekonferenz die Schwierigkeiten der Fabrik. So fordert die Stadt eine Verlegung von Maschinen und Kläranlagen, um die Flächen besser nutzen zu können. Dafür muss das Unternehmen aber Geld in die Hand nehmen – und diese liquiden Mittel fehlten der Papierfabrik bislang. Inzwischen hat sich der Wind aber gedreht und Zanders schreibt schwarze Zahlen und scheint ein echter Profiteur der Abkehr von Plastikprodukten zu sein.

Wachstum als Alternative zum Plastik

In der Papierindustrie gibt es einen Wettlauf bei der Entwicklung von Papiersorten, die Plastik ersetzen. Da geht es zum Beispiel um die die Verpackung von Lebensmitteln. Und genau auf diesem Gebiet meldet Zanders einen Durchbruch. In einer Pressemitteilung heißt es. „Das verbesserte Zanbarrier NGR („Natural Grease Resistant“) bietet die bewährte 100-prozentig natürliche Barriere gegen Öl und Fett ohne jeglichen Einsatz von Chemikalien und weist eine noch höhere Dichte auf.“ Laut Zanders ist die PM 3 die „größte und effizienteste Papiermaschine für Barrierepapiere in Europa“. Michael Berner, Verkaufsleiter Lebensmittelverpackungen bei Zanders, erläutert den Produktionsprozess: „Die Zellstofffasern werden über mehrere Refinerstufen sehr fein gemahlen. So entsteht eine sehr enge, stark vernetzte Struktur, die eine 100-prozentig natürliche Barriere bildet.“ Dank der außergewöhnlichen Qualität werde Zanbarrier NGR bei flexiblen Lebensmittelverpackungen eine ähnliche Rolle spielen wie Chromolux im Etikettenpapiermarkt. Sollte diese Prognose in Erfüllung gehen, dann stünde Zanders tatsächlich vor einer gewaltigen Produktionssteigerung. Damit nicht genug. Zeitgleich arbeitet das Werk an der Verarbeitung von Grasspapier – einer möglichen Alternative zu dem teuren Zellstoff aus Holz. (nie)

Das Unternehmen arbeitet an Folien insbesondere für die Lebensmittelindustrie (siehe Kasten). Hinzu kommt ein Wirtschaftsgutachten, dass der Fabrik mittelfristig eine wirtschaftliche Basis attestiert. Auch in der Unternehmensleitung hat sich einiges getan. Urbach und der Betriebsratsvorsitzende Taner Durdu sehen in Zanders-Geschäftsführer Tom Olander – er kam vom Mehrheitseigentümer Jool Invest – einen Hauptgrund für die Trendwende. Es wird in die Papierfabrik investiert. Drei Millionen Euro in die Verlagerung von Maschinen und zwei Millionen in die Verlagerung der Kläranlage. Das Geld kommt – vor einigen Monaten noch vollkommen undenkbar – als Kredit von Banken und von Jool Invest. Drei Jahre hat das Werk Zeit für die Verlagerungen ins vorgesehene Kernareal. So soll Platz geschaffen werden für die Projekte der Regionale 2025. An dem Spannungsverhältnis zwischen Regionale-Projekten und der Werksentwicklung hat sich nichts geändert. Die Papierfabrik achtet darauf, dass mögliche neue Nachbarn die Produktion nicht beeinträchtigen – und einer vielleicht späteren Expansion nicht im Wege stehen. Die Stadt will ihre Flächen entwickeln und neue Mieter und Nutzungen finden. Möglichst gefördert aus den Töpfen der Regionale 2025.

Betriebsratsvorsitzende fordert Einsatz von Belegschaft

Taner Durdu – in der Freizeit Fußballtrainer – sieht die „Zanders-Mannschaft“ gefordert. Angesichts der jetzigen Entwicklung dürfe sich niemand zurücklehnen. „Es ist noch nichts wirklich gewonnen, wir müssen richtig Gas geben.“ Er kündigte an, in den nächsten Tagen vor die Belegschaft – aktuell hat Zanders 377 Mitarbert - zu treten und die neue Vereinbarung zur Standortsicherung zu präsentieren.

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Durdu erinnert daran, dass ohne den vom Betriebsrat organisierten Runden Tisch die Fabrik vielleicht schon geschlossen sei. Durdu: „Wir haben für Zanders extrem hart gekämpft und wir kämpfen weiter.“

Der Pachtvertrag wird am 28. Dezember den Mitgliedern des städtischen Fachausschusses vorgelegt. Dort wird – von städtischer Seite – letztlich darüber entschieden, ob der Vertrag unterschrieben wird.

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