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Prozess in GladbachPolizist stoppt Radfahrer mit Fußtritt – Kritik von Richterin

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Amtsgericht Bergisch Gladbach Bensberg

Amtsgericht Bergisch Gladbach

Bergisch Gladbach – Spektakuläres Ende eines Regelverstoßes: Ein Freizeitradler und ein Fahrradpolizist gehen gemeinsam zu Boden, es setzt Hiebe, der Ordnungshüter überwältigt den anderen und legt ihm Handfesseln an – und das alles, weil der Freizeitradler an einer Einmündung in Refrath nicht auf Grün gewartet hat, sondern schon vorher losgefahren ist.

Gestern stand der 39-jährige Radler Peter K. (Namen geändert) wegen Widerstandes vor Gericht. Das Verfahren wurde vertagt, weil die Staatsanwaltschaft auf jeden Fall auch den derzeit urlaubenden Polizeibeamten als Zeugen vor Gericht hören möchte.

Angeklagter soll auf Rufe der Polizei nicht reagiert haben

Sonntag, 7. April 2019: Gegen 18.10 Uhr fährt Ordnungshüter Richard R. von Gladbach kommend mit seinem Dienst-Pedelec über die Dolmanstraße. Vor sich, so gibt der Beamte später zu Protokoll, sieht er Radler Peter K. an der Einmündung Halbenmorgen. K. habe Anstalten gemacht loszufahren, obwohl die Ampel noch Rot gezeigt habe. Er habe ihn ermahnt: „Sie wollen die Straße doch wohl nicht bei Rot überqueren?“, doch K. sei gestartet. R. habe die Verfolgung aufgenommen, sei neben K. gezogen.

Mit den Worten „Polizei! Sofort stehen bleiben!“, habe er ihn aufgefordert zu halten – vergeblich. Dann habe er mit der Hand nach K. gegriffen, doch der habe ihn abgewehrt und mit der Faust nach ihm geschlagen. Daraufhin habe er gegen das Rad des Rotlichtsünders getreten, um ihn in eine Grundstückseinfahrt abzudrängen.

Doch bringt der Tritt nicht nur Peter K. aus dem Tritt, sondern auch den Beamten, weil sich K. an diesem festhält. Nur rund 70 Meter südlich vom „Rotlicht-Tatort“ gehen der Delinquent und sein Verfolger zu Boden, nach Angaben des Polizisten schlägt ihm der Radler mehrfach ins Gesicht. Der Beamte überwältigt den Radler, der dann von der Verstärkung auf die Wache mitgenommen wird.

Radfahrer schildert Gewalt der Polizei

Radfahrer Peter K., gestern im Gerichtssaal mit Sakko und Krawatte, kurzem Haar und scharfem Scheitel zumindest äußerlich die Tugendhaftigkeit in Person, stellt das Geschehen anders dar. Er habe den Polizisten in dessen Rad-Uniform überhaupt nicht als Polizisten erkannt und sich nur gewehrt. Als er endlich die Polizeiaufschrift auf der Uniform gelesen habe, sei von ihm sofort jeder Widerstand eingestellt worden – was der Beamte ihm aber nicht gedankt, sondern ordentlich zugelangt und ihm beinahe die Schulter ausgekugelt habe.

Danach sagen drei Zeugen aus, die aber alle nicht sicher sagen können, ob sich der Polizist im Zuge der Anhalte-Aktion laut und deutlich als Amtsträger vorgestellt habe. Ein älteres Ehepaar erinnert sich daran, dass der Beamte keine Klingel am Rad gehabt habe. Während Richterin Brandes im Anschluss die Einstellung des Verfahrens vorschlägt, fragt die Staatsanwältin, was der Beamte hätte anders machen sollen. Die Richterin: „Ihm weiter hinterherfahren. Da kommen noch mehr Ampeln.“ Verteidiger Dr. Martin Andreae ergänzt, dass angesichts der Geringfügigkeit des Verstoßens die Polizei den Rotlichtradler auch ganz hätte entkommen lassen können.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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