Rund um KölnJubelrufe und Feierlaune im Bergischen Land

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Der Klassiker darf nicht fehlen: Die Auffahrt zum Bensberg Schloss.

Der Klassiker darf nicht fehlen: Die Auffahrt zum Bensberg Schloss.

Bergisch Gladbach – Schmerzverzogene Gesichter bei den einen, Jubelrufe und Feierlaune bei den anderen. Der kräftezehrende Anstieg der Bergwertung bei Rund um Köln zum Schloss Bensberg hinauf verlangte vor allem den Jedermänner- und Frauen alles ab. Belohnt wurden sie dafür mit kräftigem Applaus, motivierenden Rufen und frischem Wasser von Unterstützern. Nach zwei Jahren Corona-Pause fand gestern die 104. Auflage des Radrennklassikers Rund um Köln statt. 3.125 Amateure und 143 Profis gingen an den Start, am Ende siegte Nils Politt, der Lokalmatador aus Hürth.

Entlang der Strecke - die je nach Gruppe zwischen 70 und 200 Kilometer lang war - wurden die Sportlerinnen und Sportler ausdauernd angefeuert. An wichtigen Streckenpunkten gab es, wie immer Streckenfeste, an denen die Renntagserfahrung mit Getränken und Programm aufgewertet wurde. Nicht nur am Bensberger Schloss, auch in Odenthal am Herzogenhof, in Neschen, in Bechen, in Spitze, in Sand und in Lückerath konnten Zuschauer ein ganz besonderes Rennerlebnis genießen. Der Event-Punkt Bensberger-Schloss bot dank des guten Wetters eine einmaligen Aussicht auf die herannahenden Sportler mit dem Kölner Dom im Hintergrund. Die mussten sich in der knallenden Sonne mit ihren dünnen Reifen die alte Kopfsteinpflasterstraße hinaufquälen. „Weiter so!“ und „Ihr schafft das!“ wurden sie unermüdlich angefeuert.

Erleichterung und Siegesschreie

Endlich am Schloss angekommen, stand so manchem die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Andere hoben triumphierend die Hand gen Himmel. Auch der ein oder andere Siegesschrei war zu vernehmen. Richtig glücklich sahen nur die wenigsten aus. Nämlich diejenigen, die sich ihre Kräfte bis zum Schluss aufgehoben hatten, um am Berg am gesamten Feld vorbeizuziehen. Doch nicht jeder hatte solche Kraftreserven. Der ein oder andere musste schieben. Doch seien es laut Moderation deutlich weniger als bei den letzten Rennen gewesen.

Der spätere Sieger Nils Politt in Kehre von Spitze.

Der spätere Sieger Nils Politt in Kehre von Spitze.

Die über 3000 Jedermänner bildeten eine nicht enden wollende Masse an Rennradfahrern, die zweimal für je eine Stunde an der Zuschauermasse vorbeiradelte. Die zahlreichen Zuschauer, die sich teils durch das Anfeuern oder das Heranreichen von Wasserflaschen verausgabten, konnten sich im Schatten der Bäume direkt an der Strecke einen Kaffee oder ein kühles Kölsch genehmigen. Passend dazu gab es frischen Reibekuchen. Live-Musik, mit Titeln aus den 80ern, ABBA und Schlagern rundeten das Volksfest-Gefühl ab. Selbst für Nicht-Radsportbegeisterte bot Rund um Köln damit eine ausgelassene Atmosphäre. Für diejenigen, die aber für das Rennen der Profis an die Strecke gekommen waren, wurde eine riesige Leinwand aufgebaut, auf der die Übertragung des WDR gezeigt wurde. Gebannt wurden die Renn-Teams erwartet.

Autos mit Ersatzrädern auf dem Dach

Etwa eine halbe Stunde nach den letzten Jedermännern, die sich an der Schloßstraße abplagten, kam das Führungsfeld der Profis nach Bensberg hochgefahren. Mit deutlich mehr Tempo schossen sie beinahe die durchrüttelnde Straße hoch. Begleitet wurden sie von Autos mit Ersatzrädern auf dem Dach, sodass manch einer lachte und meinte einem Auto-Rennen zuzugucken. Zwei Minuten später folgte das breit aufgestellte Peloton, um die letzten 80 Kilometer des Rennens zu bezwingen. Das Schlusslicht bildeten jüngere Fahrer, die sich als Nachwuchs noch erst einen Namen machen müssen.

Etwa eine Stunde später mussten sie nach einer Runde durch Overath wieder nach Bensberg. In der Zwischenzeit gab es Programm für die Zuschauer. Bürgermeister Frank Stein und Artur Tabat, langjähriger Organisator des Rennklassikers, wurden interviewt. Frank Stein, der selbst begeistert Rad fahre, überlegte halbernst mit etwas Training eventuell nächstes Jahr selbst mitzufahren, dann aber bloß hinten beim Besen-Fahrzeug scherzte er. Artur Tabat organisierte Rund um Köln von 1971 bis 2018 bevor er das Organisatorische 2019 in die Hände der Köln Marathon Veranstaltungs- und Werbe GmbH übergab. Er sehe Rund um Köln in einer Linie mit den Hochkarätern des Radsports, wie Lüttich-Bastogne-Lüttich oder Paris-Roubaix. Die Verpflichtung des ehemaligen Rennfahrers André Greipel als neuer sportlicher Leiter des Rennens sei deshalb eine gute Wahl, so Tabat.

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Wer das sportliche Spektakel, das eigentlich ein bergisches anstatt kölnisches Rennen sein müsste - führt es doch beinahe ausschließlich durch das schöne Bergisch Land - muss sich bis zum nächsten Jahr gedulden. Am 21. Mai 2023 geht der Rennklassiker in seiner 105. Auflage an den Start.

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