Sackfabrik HofsümmerGute Jute für den Weihnachtsmann

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Bergisch Gladbach – Es gibt nur eine einzige Firma in Rhein-Berg, die von sich behaupten kann, den Weihnachtsmann und die Nikoläuse der Region direkt zu beliefern: Fast täglich klingeln derzeit an der Ommerbornstraße 31 in Bergisch Gladbach-Sand Weihnachtsarbeiter in zivil und fragen nach Säcken, um ihre Geschenke darin zu transportieren.

Peter Hofsümmer kann weiterhelfen. Säcke sind das Herzstück seines Unternehmens – seit drei Generationen. Sein Opa, ebenfalls ein Peter Hofsümmer, hat die Sackfabrik Hofsümmer 1925 gegründet. 1939 zog das Unternehmen von Dellbrück nach Bergisch Gladbach an den heutigen Standort. Wie viele Säcke sich in dem kleinen Betrieb im Lager stapeln, ist für Besucher schwer zu schätzen. Längst hat Peter Hofsümmer Säcke aller Größen und Sorten in seinem Sortiment. Sie liegen zusammengepresst in dicken Ballen herum, kommen meist aus Übersee.

Am Anfang aber stand der Jutesack. In den ersten 40 Jahren des Firmenbestehens lebte Peter Hofsümmer davon, gebrauchte Säcke vor allem von den vielen Mühlen in der Umgebung abzuholen, zu flicken und dann neugestopft wieder zu verkaufen. „Bis zu 100-mal konnte man so einen Sack verwenden“, erklärt Hofsümmer. Recycling pur. Es waren Säcke aus fernen Ländern darunter, ehemals gefüllt mit Kaffee und Nüssen. Dann duftete es im Betrieb. Mit einer Pferdekutsche klapperte Hofsümmer die Mühlen und Betriebe ab. „Damals waren die Jutesäcke praktisch das einzige Verpackungs- und Transportmittel“, erklärt Seniorchef Helmut Hofsümmer im Betriebsbüro und lehnt sich entspannt im Sessel zurück. Dann hebt er den Zeigefinger: Ein kriegswichtiger Betrieb sei die Firma im Zweiten Weltkrieg darum auch gewesen. So habe sein Vater auch nach sechs Wochen an der Front wieder nach Hause gedurft. Jutesäcke liegen heute noch zuhauf in der Firma. In einem hinteren Raum steht auch noch die wohl einzige erhaltene Sackreinigungsmaschine in Deutschland. Das Gerät hat ein großes Saugrohr, mit dem die Säcke nach innen ausgestülpt werden. Damit wurden die Lebensmittelreste in den Säcken mit lautem Getöse eingesaugt.

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Noch viel genutzt wird die museumsreif aussehende Nähmaschine im Betrieb. Als Mitarbeiter Antonius Esser sie anwirft, surrt sie zuverlässig wie schon vor 60 oder 70 Jahren, als sie angeschafft wurde. So genau weiß das niemand mehr genau, weder der 42-jährige Firmenchef noch sein 85-jähriger Vater.

Neuer Geschäftszweig

Mit der zunehmenden Industrialisierung änderten sich auch die Zeiten für die kleine Sackfabrik (siehe „Konkurrenz durch Kunststoff“). Schon lange kann die Firma von Säcken allein, egal ob aus Plastik oder Jute, nicht mehr leben. Ein weiterer großer Geschäftszweig sind darum mittlerweile Ölbindemittel – in Granulatform oder als kleine und große Matten. Feuerwehr und Polizei brauchen das Granulat, wenn Betriebsstoffe nach Auto- oder gar Lastwagenunfällen auslaufen und die Erde verschmutzen. „Es kam auch schon vor, dass wir von der Polizei mit Blaulicht abgeholt und zur Unfallstelle eskortiert worden sind, mit Granulat-Nachschub“, sagt Hofsümmer lachend.

Und dann sind da die „Oil Pads“, eine Erfindung, die sich Hofsümmer hat patentieren lassen. Das sind Matten, die Wasser abweisen und Betriebsstoffe einsaugen. Oldtimer-Liebhaber können sie für ihre oft undichten Schätzchen verwenden. Auch die Polizei und die Sportwaffen-Liebhaber beliefert Hofsümmer mit Oil Pads, damit sich die Sauerei beim Reinigen der Waffen in Grenzen hält. Die Idee dazu kam Hofsümmer, der hobbymäßig auf Jagd geht, als seine Frau ihn nach dem Säubern seines Gewehr auf dem Terrassentisch ausschimpfte.

Überhaupt erhält Hofsümmer seine guten Ideen oft von Frauen: Als eine Kundin bei ihm eine Unterlage für den Oldtimer bestellte, fragte sie, ob sie sich nicht wohl ein Stückchen herausschneiden könnte für ihre leckende Ölflasche in der Küche. „Eine gute Idee“, dachte sich Hofsümmer. Gerade entwickelt er kleine Matten für die Küche. Vielleicht werden sie bald schon bundesweit in Drogeriemärkten stehen.

Wenn Hochwasserzeit ist, sind Säcke und ihre Verkäufer auch heute noch richtige Helden. Hofsümmer erinnert sich daran, wie er beim großen Kölner Hochwasser 2002 fünf Tage lang „höchstens acht Stunden geschlafen“ hat. Unermüdlich fuhr er Säcke hin und her, die von der Feuerwehr befüllt wurden. Am Ende war sein Lager leer, „so wie sämtliche Lager in Europa“. Heiligabend verbrachte er mit der Feuerwehr, umgeben von tausenden von Säcken.

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