Schleichweg durch die SpielstraßeLückerather wehren sich gegen zusätzlichen Verkehr

Lesezeit 4 Minuten
Bewohner der Montanusstraße in Lückerath fürchten, im Verkehr zu versinken und fordern die Stadt zum Umdenken auf.

Bewohner der Montanusstraße in Lückerath fürchten, im Verkehr zu versinken und fordern die Stadt zum Umdenken auf.

Bergisch Gladbach – Die Anwohner in Lückerath üben scharfe Kritik an dem städtischen Vorhaben, die Radspuren auf der Buddestraße dauerhaft zu installieren. Um den langen Staus zu entgehen, biegen viele Ortskundige ab und nehmen Schleichwege durchs Wohnviertel als Bypass zur Autobahn. „Hier wird wieder einfach über unseren Kopf hinweg entschieden“, beanstandet Wolfgang Bens, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Lückerath.

Betroffen von den Autokolonnen ist vor allem die Montanusstraße. Seit es die Radstreifen testweise auf der Buddestraße gibt, hat sich der Verkehr hier verzehnfacht: von vor dem Versuch 326 Fahrzeugen wöchentlich auf jetzt 3124. „Um ihre Idee durchzuboxen, gibt die Verwaltung den Status der Spielstraße auf“, kritisiert Joachim Sommerfeld. „Das ist blinder Aktionismus, der auf unserem Rücken ausgetragen wird“, ärgert sich Reiner Türr, ebenfalls Bewohner der als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen schmalen Stichstraße.

Zur Autobahn

Gerade biegt wieder ein Auto mit Kölner Kennzeichen von der verstopften Buddestraße ab und nimmt die Abkürzung über die Montanusstraße. An die geltende Schrittgeschwindigkeit von 5 bis 7 Stundenkilometern halte sich so gut wie keiner, so die Beobachtung der Anwohner. „Wir sorgen uns um die Sicherheit der Kinder, die hier spielen“, sagt Vera Saurbier.

CDU bezeichnet Planung als „Zumutung“

Die CDU-Fraktion kritisiert die Empfehlung der Stadtverwaltung , Radstreifen auf der Buddestraße auszuweisen, als „Zumutung“. Berufspendler und Anwohner würden die Leidtragenden sein, sagt Lutz Schade, CDU-Sprecher im Ausschuss für strategische Stadtentwicklung. Schade geht davon aus, dass die Ampel-Mehrheit das Projekt am kommenden Dienstag beschließen wird. Er betrachtet dies „als Missachtung Tausender Berufspendler, die die Ausfallstraße zur Autobahnstraße nutzen“. Die Verkehrszählungen hätten bestätigt, das Radfahrer die Radstreifen nur „verschwindend gering nutzen.“ Die CDU verweist erneut auf ihre vorgeschlagene Alternativroute für Radfahrer über Nebenstraßen. (ub)

Die Montanusstraße diene aber auch vielen Kindern und Schülern als Strecke zur Kita und zur Grundschule. Auf die Warnung mit Handzeichen, dass sie zu schnell unterwegs ist, kurbelt eine ältere Fahrerin empört das Fenster runter: „Wieso? Ich fahre doch 30!“ Dass nur Schrittgeschwindigkeit erlaubt ist, habe sie nicht gewusst. „Ich gebe mir Mühe“, sagt sie und fährt weiter. Andere reagieren dagegen aggressiv: „Ich bin schon aufs Übelste mit Kraftausdrücken beschimpft worden“, berichtet Nicole Witzleben.

Bei den Lückerathern liegt der Verdacht nahe, dass das Ergebnis des dreimonatigen Testversuchs von vornherein festgestanden habe. „Jetzt wird die Realität zugunsten der Ideologie ausgeblendet“, kritisiert Reiner Türr, „um die unsinnige Planung zu rechtfertigen, wird die Auswertung des Verkehrsversuchs schöngeredet.“ Wie berichtet, ergab das Fazit des beauftragten Planungsbüros genau dies: ein Viertel weniger Radverkehr und Rückstaus vor den Ampelkreuzungen auf der Buddestraße sowie Verlagerung des Kfz-Verkehrs in Wohnbereiche.

E-Mail an den Bürgermeister

„Wir werden einfach übergangen“, ärgert sich Wolfgang Bens, Vorsitzender der Bürgergemeinschaft Lückerath, „die Ergebnisse der Verkehrszählungen hat die Verwaltung nicht mit uns besprochen.“ Zumindest das hätte die Bürgergemeinschaft erwartet. Zudem sei ein positiver klimatischer Effekt weder belegt noch untersucht worden: „Der Verkehr bleibt gleich hoch und verlagert sich in die Wohnstraßen, wo viel mehr Menschen den Abgasen ausgesetzt sind.“ Wie berichtet stieg der Verkehr außer in der Montanusstraße auch in anderen Straßen in Lückerath, etwa auf der Berzeliusstraße oder der Graf-Adolph-Straße. Sein Unverständnis werde er noch in einer E-Mail an den Bürgermeister kundtun, kündigt Bens an.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Ich würde niemals auf die Idee kommen, auf den schmalen Radstreifen zu fahren“, sagt Alexander Körber, passionierter Fahrradfahrer. Viel zu nah würden die vielen schweren Lastwagen und Autos kommen. Er suche sich wie viele andere eine parallel verlaufende Strecke durch Wohnstraßen.

Das bedeutet „Spielstraße“

Mit einer blauen Tafel und darauf zu erkennenden spielenden Kindern auf einer Straße wird laut Straßenverkehrsordnung ein „Verkehrsberuhigte Bereich“ bezeichnet. Umgangssprachlich wird dieser „Verkehrsberuhigte Bereich“ oft auch als „Spielstraße“ bezeichnet. Eine Spielstraße im eigentlichen Sinn der Straßenverkehrsordnung aber wird mit einem Durchfahrt-verboten-Schild und dem darunter angebrachten Zusatzschild eines spielenden Kindes ausgewiesen. Diese Spielstraße gibt es nur sehr selten, da sie – sofern keine Ausnahme ausgewiesen ist – auch den Verkehr von Anwohnern in der Straße untersagen. (wg)

Wie die Bürgergemeinschaft fordern auch die Anwohner der Montanusstraße die Stadtverordneten noch einmal zum Nachdenken auf. Es sei sinnvoller, für Radfahrer eine alternative Route durch ruhige Wohnstraßen auszuweisen. Das Mobilitätskonzept, das die Buddestraße als Vorrangroute für Radfahrer ausweist, mit der Brechstange durchzusetzen sei falsch, findet Anwohner Joachim Sommerfeld. Er hoffe, dass noch Bewegung in die Sache komme. Sonst sei die Verwaltung zusätzlich aufgerufen, nach Lösungen zu suchen, den Durchgangsverkehr von Lückerath fernzuhalten: Einbahnstraßen und Anliegerstraßen ausweisen zum Beispiel, schlagen die Anwohner vor.

KStA abonnieren