Schwieriger UntergrundNeue Wohnhäuser am Diepeschrather Weg sollen kommen

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Das Baugelände am Diepeschrather Weg aus der Vogelperspektive. Es liegt an einem Feuchtgebiet.

Das Baugelände am Diepeschrather Weg aus der Vogelperspektive. Es liegt an einem Feuchtgebiet.

Bergisch Gladbach – Eigentlich war es nur noch ein Nachhutgefecht, dass sich im Planungsausschuss um den Bebauungsplan Diepeschrather Weg entspannte. Der B-Plan wurde zwar nochmals in die Bürgerbeteiligung geschickt, die er bereits einmal absolviert hat. Aber das hat vordringlich formale Gründe.

Da als Resultat der ersten öffentlichen Auslegung einige Formulierungen im Text sowie einige Bezeichnungen auf der Karte geändert wurden, muss der Plan nochmals für Einwendungen geöffnet werden, doch diese sind nur noch zu den abgeänderten Stellen möglich.

Graben ist Definitionssache

So wurde zum Beispiel aus einem „Graben“ im hinteren Geländeteil ein „Fließgewässer“. Was die Verwaltung von dieser von der unteren Wasserbehörde aufoktroyierten Umetikettierung hält, machte Planungschef Wolfgang Honecker lapidar klar, als er auf Einwände der Grünen zum Gewässerschutz nochmals betonte: „Es handelt sich um einen Graben.“ Definitionssache offensichtlich. Ein Graben kann ein Fließgewässer sein, und ein Fließgewässer kann durch einen Graben fließen.

Entscheidend ist, was daraus folgt. Der Schutzstatus des Grabens ist der gleiche, den ein natürlicher Bachlauf an dieser Stelle genösse und dem ist auch Rechnung getragen. Immerhin wird seit zehn Jahren an diesem B-Plan in wirklich schwierigem Gelände gefeilt. Es sind auch nur elf Baumasken für elf Einzelhäuser mit maximal je zwei Wohneinheiten übrig geblieben.

Stein des Anstoßes: Ob es sich bei diesem Biotop um einen Graben oder ein Fließgewässer handelt, ist Definitionssache.

Stein des Anstoßes: Ob es sich bei diesem Biotop um einen Graben oder ein Fließgewässer handelt, ist Definitionssache.

Umso mehr verblüfft die Tatsache, dass es nur drei Stellungnahmen in der Beteiligungsphase gab und keine einzige von Bürgern, sondern ausschließlich von Behörden und anderen Trägern öffentlicher Belange. Aus dem Verfahren zur Neuaufstellung eines Flächennutzungsplanes ist man anderes gewöhnt.

Grauspecht und Hohltaube

Nur wenige Hundert Meter entfernt war ein Klettergarten geplant, der einer groß angelegten öffentlichen Protestkampagne zum Opfer fiel, wobei Grauspecht und Hohltaube als schützenswerte Residenten herangezogen wurden.

Wer die Bedenken der Unteren Naturschutzbehörde liest, wundert sich, dass der Plan es überhaupt geschafft hat. Allerdings nur unter Zuhilfenahme von dem, was neuerdings als „erheblicher planerischer Aufwand“ bezeichnet wird. So wird ein umfangreiches Monitoring-Verfahren festgesetzt, also eine langfristige Beobachtung des Grundwasserspiegels über zwei Pegel im benachbarten Feuchtbiotop.

Die Brunnen sollen deutlich vor dem Beginn der Bauarbeiten angelegt werden, um eine aussagekräftige Messreihe zu erhalten, die bereits den störungsfreien Zustand des Wasserhaushaltes dokumentiert. Sollten sich gravierende Veränderungen ergeben, dann müssen Maßnahmen zur Unterstützung des Feuchtbiotops ergriffen werden. Das fanden die Grünen absurd: „Was denn für Gegenmaßnahmen, wenn die Häuser stehen?“, wollte Roland Schundau sarkastisch wissen.

Wolfgang Honecker

Wolfgang Honecker

Aber für Honecker war die Frage einfach zu beantworten: Man werde oberhalb der Siedlung in einer Kuhle Einstauungen vornehmen, damit das Feuchtgebiet feucht bleibe. Was strikt verboten ist, sind Drainagemaßnahmen im Baugebiet. In einigen Teilen des Areals muss daher bei heftigen Niederschlägen mit Überflutungen gerechnet werden. Keller oder andere Tiefbauten unter Geländeoberkante sind daher ausdrücklich nicht erwünscht, wer sich aber darüber hinwegsetzt, muss das Untergeschoss als „Weiße Wanne“ konzipieren.

Nichtsdestotrotz wird im Plangebiet auch ein Regenrückhaltebecken vorgesehen, was insbesondere von den Linken angeprangert wurde. Niederschlagswasser solle gefälligst auf den Grundstücken versickert werden. Tatsächlich sei das Rückhaltebecken aber nicht für die Bedürfnisse des Neubaugebietes geplant, sondern für die bestehende Altbebauung an Diepeschrather Weg und Thüringer Straße, wie Honecker berichtigte. Aber auch zum Thema Versickerung hatte er eine Korrektur: „Im Plangebiet versickert nichts. Der Grundwasserspiegel ist zu hoch. Wenn das Glas voll ist, geht nichts mehr rein.“

Bezirksregierung entscheidet

Auch das klingt nicht nach idealem Baugrund. Man wolle den Anwohnern helfen, die auf ihrem Land noch eine Ergänzung der Bebauung realisieren wollen, gaben CDU und SPD zu verstehen, und zugleich wolle man etwas gegen die Wohnungsnot in Gladbach tun. „Wenn schon, dann richtig“, forderte daraufhin Thomas Klein von den Linken.

Zwar sei das Gelände unstreitig unter Umweltschutzgesichtspunkten problematisch: „Tausende von Kröten“ habe er dort auf der Straße beobachtet, als er bei warmem Regenwetter unterwegs war. Aber man könne zu einer Lösung kommen, jedoch nur bei einer wesentlich dichteren Bebauung, die auch ärmeren Bevölkerungskreisen eine Wohnmöglichkeit biete. Die hohen Umweltkosten nur zugunsten einer spärlichen Einfamilienhausbebauung lehnten die Linken ab. Die Grünen fanden das Projekt ökologisch komplett unzumutbar, alle anderen winkten es durch. Ob der Regierungspräsident auch so großzügig sein wird, wird sich zeigen.

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