Ungewöhnliche WerbetourHandwerkerberufe auf dem Weg zur Schule vorgestellt

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Dagmar und Willi Reitz staffierten den Bus mit Vorhängen aus und erzählten von ihrem Beruf als Raumausstatter.

Dagmar und Willi Reitz staffierten den Bus mit Vorhängen aus und erzählten von ihrem Beruf als Raumausstatter.

Bergisch Gladbach – Bald ist es wieder so weit, die Abiturklausuren stehen bevor, die Sommerferien nahen und viele junge Menschen werden die Schule verlassen. Dann muss sich jeder die Frage stellen: und jetzt?

Normalerweise wird geraten, sich frühzeitig zu informieren. Im ganzen Stress rund um den Abschluss, kann das schon mal zu kurz kommen. Doch dass die Beratung zu einem hin kommt und das auch noch morgens im Linienbus zur Schule, das erwartet wirklich niemand.

Kreishandwerkerschaft reicht Stoffproben herum

Genau dieses Konzept nutzt die Kreishandwerkerschaft Bergisches Land, um für Ausbildungen in verschiedenen Handwerken Werbung zu machen. Nach dem Motto „Nächster Halt: Duale Ausbildung“ durften sich Schüler in der Woche vor den Ostferien, für einige die letzte Schulwoche vor dem Abschluss, über kostenfreie Beratung freuen. Sowohl in Oberberg, Leverkusen und Rhein-Berg stiegen Bäcker, Dachdecker oder Friseure in den Bus und gaben kleine Kunstproben ihrer Arbeit.

Auf der Busfahrt zur Schule konnten Schüler verschiedene Stoffe fühlen und Fragen zur dualen Ausbildung stellen.

Auf der Busfahrt zur Schule konnten Schüler verschiedene Stoffe fühlen und Fragen zur dualen Ausbildung stellen.

Dementsprechend erstaunt waren die Blicke, als am Freitagmorgen plötzlich Vorhänge den Bus verschönerten. Dagmar und Willi Reitz von Reitz Lebensräume aus Bergisch Gladbach machten Werbung für ihren Beruf als Raumausstatter und verschönerten mit gekonnten Handgriffen den Bus. „Das ist ein haptischer Beruf, man muss die Stoffe fühlen können“, erklärte Willi Reitz, während Dagmar Reitz Stoffproben herumreichte.

Der Weg führt vermehrt zur Uni

Neben der kleinen Lektion in Stoffkunde wurde natürlich auch nach den Berufswünschen der Schüler gefragt, ob denn überhaupt eine Ausbildung in Frage komme. „Ich mache Abitur und will das dann auch nutzen. Deshalb möchte ich studieren, nicht weil eine Ausbildung schlecht ist oder so“ – Es machte den Anschein, als wäre für viele der Weg hin zur Universität schon vorgeschrieben. Die 13-jährige Ennie, die die achte Klasse besucht, hat schon einen genauen Plan für ihre Zukunft: „Ich werde BWL studieren, mit Abitur möchte ich keine Ausbildung machen“. Eine Ausbildung zur Konditorin könne sie sich zwar auch vorstellen, aber eher als Hobby, meinte die Schülerin.

„Der Drang ins Studium ist da, allein im Jahr 2018 haben 57 Prozent nach ihrer Schulausbildung mit einem Studium begonnen, in den 1970ern waren das nur zehn Prozent“, erklärte Katrin Rehse, Pressesprecherin der Kreishandwerkerschaft. Natürlich spreche nichts gegen ein Studium, doch vielen jungen Leuten würde eine Ausbildung womöglich mehr liegen als ein häufig sehr theoretisches Studium. „Wir möchten das Image des Handwerks verbessern, denn es ist vielseitig, jung und innovativ“, so Rehse. Wie sehr man sein Handwerk lieben kann, zeigten auch Dagmar und Willi Reitz: „Der Beruf hat etwas mit Erfüllung zu tun“.

Am Ende der Arbeit ein Ergebnis in den Händen zu halten, einen Kunden glücklich zu machen oder bei Problemen hilfreich zur Seite zu stehen, das alles mache den Beruf des Raumausstatters für sie aus. „Wir machen den Beruf nicht, weil wir nichts anderes können, sondern weil wir genau das besonders gut können.“ Die beiden Raumausstatter machten mit ihrer Aktion deutlich: Es braucht eben nicht immer einen Bachelor oder Master, um seine berufliche Profession zu finden.

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