Zeitreise auf Gut SchiffRitterfest in Bergisch Gladbach lockt mit Kampf und Genuss

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Von mittelalterlichen Klängen werden die Besucher des Ritterfests auf Gut Schiff gleich am Eingang empfangen und auf eine Zeitreise entführt. 

Bergisch Gladbach – Hält das Wetter? Ein bisschen bange schauen die Rittersleut bei ihrem Fest auf Gut Schiff am Samstag gen Himmel – da ist es grau, aber erst am Abend nieselt es ein wenig auf die Wiesen, auf denen sich längst auch die Kelten und Wikinger in die Zelte und vorm rauchenden Lagerfeuer zurückgezogen haben.

Irgendwie passt das gedämpfte Licht zu dem mittelalterlichen Treiben auf dem Bauernhof aus dem 17. Jahrhundert: In zünftigen Gewändern aus derben Stoffen mit matten Farben laufen die Frauen umher, die Männer auch in ledernen Rüstungen mit dicken Eisennieten – sie versetzen die vielen Besucher in längst vergangene Jahrhunderte. Minnegesang ertönt, historische Instrumente wie Drehleier, Schalmei und Dudelsack von der Gruppe „Emscherflute“ begleiten die spannenden Wettbewerbe für die Kinder.

Da geht es um zünftige Ritterspiele: Beim Kinderritterturnier starten Jungen und Mädchen mit hölzernem Steckenpferd und Lanze im mehr oder weniger flotten Galopp auf eine rote Fahne zu und stechen hinein. „Gib dem Pferd die Sporen“, fordert der Chef der Truppe den neunjährigen Roland auf, der mit viel Schwung die Fahne trifft und sie um die eigene Achse schwingen lässt.

Wolle spinnen und Bogenschießen

Am Rande sitzt Karin Dünner aus Hückeswagen am Spinnrad, zwirbelt und spinnt aus frischem Schafvlies feine Fäden. Vorsichtig nimmt Sofie ein bisschen Wolle in die Hand, die ungewaschen noch fettig ist. „Ein bisschen wie Handcreme“, meint das vierjährige Kind. Ihre kleine Freundin Diane zögert, das braunbeige Zottelhaar anzufassen: „Ich will das lieber in Pink.“ Doch das kann die Spinnerin nicht bieten. „Es ist wie mit der lila Kuh“, lächelt sie. „Die Kinder können aber hier mit allen Sinnen erleben, wie sich die Schafwolle anfühlt und riecht.“

Nebenan knallt es ab und zu: Beim „Eierknacker“ werfen die Kinder eine silberne Kugel auf ein buntes Ei, das auf einer Baumscheibe liegt. Und gleich am Eingang zum Ritterfest üben Amon (8) und Charline (7) das Bogenschießen. Anar von den „Harlekin Spielen“ erklärt den Kindern, wie man festen Boden unter die Füße bekommt, Pfeil und Bogen anlegt und die Spannung aufbaut. „Die Haltung ist perfekt! Und jetzt zielen und pflitschen“, sagt der Typ aus dem Mittelalter.

Prompt trifft Charline nicht nur den Strohballen, sondern auch die Attrappen von Luchs und Wildschwein. Vielleicht spendiert die Mama anschließend am Eistürmchen, einer Eisbude mit mittelalterlichen Burgzinnen, ein frisch zubereitetes Eis. Verführerisch duftet es nach frischen Grillwürstchen, so mancher lässt sich am Strundeufer nieder mit Grünkohl und Mettwurst.

Schwerter und Flaschenöffner werden geschmiedet

Wie eine echte Dame aus dem Mittelalter schreitet Simone aus Herscheid über die Wiesen. Sie ist Gast hier, besucht regelmäßig die Mittelalterfeste im standesgemäßen Gewand: Ein Kleid aus Brokat mit geschürztem Mieder, vor dem Wetter geschützt durch einen schwarzen Lodenumgang, Trinkhorn und Umhängetasche hängen einsatzbereit am Gürtel.

„Diese Kleidung kann man hier auch kaufen“, berichtet sie und verweist auf die Stände mit den Klamotten aus der Zeit der Ritter und Wikinger: Lederrüstungen mit Nieten, Armschienen, dazu Schwerter und Säbel aus Tschechien. Harmloser wirken die Fuchsfelle als Halswärmer, bequem die Hosen und Hemden für die Handwerker. Und auch die Trinkhörner aus Kuhhorn, aber die Mittelalterleute trinken lieber aus der Flasche.

In der „Keltener Schmiede“ unter dem Zelt treibt der Schmied Heron Reimer den großen Blasebalg an, damit die Glut von der fetten Kohle richtig auf Temperatur kommt. Mit sicherem Hammerschlag schmiedet er Schwerter, Grillroste, aber auch Haken für die Zelte und Flaschenöffner mit Pferdekopf für das würzige Odin-Bier. „Das ist das wahre Leben“, schwärmt er von seinem Beruf – ein echter Handwerker mit nacktem muskulösen Oberkörper und schwerer ledernen Schmiedeschürze.

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So ganz dem süßen Leben geben sich Janine, Nicole, Andreas und Jan in der Badestube von Michael Jansen hin: Sie räkeln sich im hölzernen Badezuber, das Wasser ist 35 Grad warm und milchig. In Griffnähe steht das Honigbier auf einem Brett . „Wir sind alle nackig“, lacht Andreas. „Nach anderthalb Stunden wellt sich die Haut.“ Pudelwohl fühlen sich die vier, genauso wie die Gäste von „Thors Göttertränke“.

Allein die Gänse von Gut Schiff sind schlecht gelaunt – sie mussten die Wiesen räumen für das Ritterfest und vom Stall aus dem Treiben zusehen. Laut schnatternd beschweren sie sich bei den Besuchern. 

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