Zwei Millionen Euro gespartGladbacher Abwasserwerk setzt jetzt auf Glasfasertechnik

Lesezeit 3 Minuten
In Herkenrath setzten die Mitarbeiter die Neuanschaffung erstmals ein.

In Herkenrath setzten die Mitarbeiter die Neuanschaffung erstmals ein.

  • In Herkenrath wurde erstmals eine neue Technik zur Überprüfung von Kanalsystemen getestet. Die Stadt hat das System nun angeschafft und spart damit eine Menge Geld.
  • Die Technik beruht auf einem physikalischen Vorgang, dessen Entdecker dafür einst den Nobelpreis erhielt.
  • Hierbei wird ein Glasfaserkabel in den Kanal geschoben, das Temperaturschwankungen schon ab 0,1 Grad genau erfassen kann.

Bergisch Gladbach – Ein Glasfaserkabel würden wohl die wenigsten im Abwasserkanal vermuten. Schnelles Internet im Kanalrohr – was soll das?

Das Gladbacher Abwasserwerk setzt seit kurzem auf die Glasfasertechnik, um das kilometerlange Netz des Abwasserkanals nach Schadstellen zu untersuchen. Im nördlichen Teil von Herkenrath, an der Pumpstation „Siefer Hof“ gelang jetzt die „Feuertaufe“ mit Bravour: Dank des besonderen Kabels konnten punktgenau fehlerhafte Einleitungsstellen für „Fremdwasser“ gefunden werden; gemeint sind damit, Zuleitungen in den Kanal, die nicht gestattet sind. Dieses falsches Wasser hatte zuvor für ein überlastetes Abwassernetz gesorgt.

Ein Blick in den Technikraum der Anlage.

Ein Blick in den Technikraum der Anlage.

Bei einem sechswöchigen Test sammelte die Digitalleitung sagenhafte 90 Millionen Ergebnisse und lieferte den Abwasserexperten auch noch auf dem Servierteller die Informationen zu den falschen Einleitungen. In der Testphase spielte das Glasfaserkabel den Spürhund im Untergrund. Auf der 600 Meter langen Prüfstrecke schickte das Kabel alle zehn Sekunden eine Meldung zum Status quo der Zuleitungen.

Klärwerker hatten Hinweise zu fehlerhaften Einleitungen

Alle zehn Zentimeter war eine Prüfstelle, auf den 600 Metern also 6000. Das Kabel ist laut Stadt robust und wasserfest und kann Temperaturschwankungen ab 0.1 Grad Kelvin erfassen. Schon 1928 entwickelte der indische Physiker Chandrasekhara Venkata Raman diese Messmethode, die (vereinfacht) auf der sogenannten unelastischen Streuung von Licht an Molekülen beruht. 1930 erhielt Raman dafür den Nobelpreis. In der Wissenschaft wird seitdem von der „Raman-Streuung“ gesprochen.

In der Auswertung gab es für die Gladbacher Klärwerker tatsächlich eindeutige Hinweise zu den fehlerhaften Einleitungen, Ausschläge nach oben und unten halfen bei der Identifikation. Wie das Abwasserwerk mitteilt, seien Veränderungen im Kanalnetz stets bemerkbar. So mache sich schon das Duschen am Morgen mit einer etwas erhöhen Wassertemperatur im Kanal bemerkbar. 

Entscheidend war der finanzielle Faktor

Alles in allem war der Einsatz ein durchschlagender Erfolg, das Abwasserwerk hat die Messkabel umgehend gekauft. „Bei fachgerechtem Einsatz gibt es nahezu keinen Verschleiß, Schnittstellen können sogar repariert werden“, erklären die Fachleute. Entscheidend für sei sei das Finanzielle gewesen. Um die Leitungen rund um die überlastete Pumpstation Siefer Hof in Herkenrath aus- oder neu zu bauen, wären etwa zwei Millionen Euro in die Hand zu nehmen gewesen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Versuche, die Schadstellen mit gefärbtem Wasser oder Kanalnebel zu orten, seien zuvor ohne Ergebnis geblieben. Statt des Millionenaufwands entschied sich das Abwasserwerk, für 25 000 Euro die Hardware mit Ingenieurleistungen zu kaufen. Schon ab einer Prüfung von 30 bis 40 Anschlüssen/Häusern arbeite das System rentabel. Ein sogenannter Datenlogger zum Speichern der Gigabyte an Messdaten muss dafür ins Pumpenhaus gesetzt und mit Strom gespeist werden. Per Ferndiagnose können die Ingenieure künftig vom Klärwerk in Refrath-Beningsfeld erkennen, wo es bei einer Kontrolle mit der Abwasserleistung hakt.

KStA abonnieren