Bis zur AusrottungSo wurden Wölfe im Bergischen Land gejagt

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Am Wolf scheiden sich die Geister: Bis zu seiner Ausrottung wurde er im Bergischen gejagt.

Am Wolf scheiden sich die Geister: Bis zu seiner Ausrottung wurde er im Bergischen gejagt.

Rhein-Berg – Das Thema „Wölfe“ in Deutschland polarisiert: Auf der einen Seite die Wolfsjubler, die am liebsten mit den Raubtieren kuscheln oder tanzen wollen, auf der anderen die Wolfsphobiker – Menschen mit Rotkäppchen-Trauma aus der Kindheit.

Aber auch bei den Fachleuten gibt es solche und solche: Hier die Wolfsberater, dort die Schäfer. Dazwischen die Jäger. Andreas Heider, von 2004 bis 2014 Overather Bürgermeister, ist auch Vorsitzender des Hegerings Overath, also der Waidmänner. Also einer dazwischen. Er hat sich aber auch als Historiker und Heimatkundler einen Namen gemacht und einen Aufsatz veröffentlicht: „Die Overather Wolfsgruben. Vergessene Zeugnisse einer uralten Fangmethode.“

Im Bergischen Land gibt es ein eigenes „Wolfsgebiet“

Den bösen Wolf gab es danach nicht nur in Grimms Märchen, und er wurde bejagt: „Wolfsgruben waren als Jagd- und Fangmethode vom frühen Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert in Deutschland üblich“, schreibt Heider. In Folge der Ausrottung des Wolfes in Deutschland nach 1850 – im Bergischen Land schon hundert Jahre früher – sei das „Wissen um diese Jagdmethode heute beinahe vollständig in Vergessenheit geraten“. Erst die Rückkehr des Wolfes habe die Frage, wie es denn hier einst um die Wölfe bestellt war, wieder interessant werden lassen.

Seit Sommer 2020 gibt es sogar offiziell das „Wolfsgebiet Bergisches Land“. Es umfasst auf 754 Quadratkilometern Teile des Rhein-Sieg-Kreises und des Oberbergischen Kreises; hinzu kommt eine 1172 Quadratkilometer große Pufferzone, die bis an den Rhein reicht und damit auch Overath, Rösrath, Bergisch Gladbach und Kürten sowie das rechtsrheinische Köln umfasst.

Die historische Fangmethode der Wolfsgruben

Wolfsgruben waren nach den Worten der von Autor Andreas Heider zitierten süddeutschen Archäologin Iris Nießen dreieinhalb bis vier Meter tiefe Fanggruben. „Sie waren je nach örtlichen Voraussetzungen entweder mit Holzbrettern verschalt oder aus dem anstehenden Gestein gehauen. Oft weisen sie auch ein Trockenmauerwerk aus Bruchsteinen auf. Da Wolfsgruben in der Regel einen Durchmesser von 2,5 m haben, sehen sie gemauert oft Brunnen zum Verwechseln ähnlich.“

Im Gelände seien sie meist, wenn überhaupt, heute nur noch als flache Mulden erkennbar und würden häufig als Bergbaurelikte interpretiert.

Und früher? „Wölfe waren bei uns noch bis ins 18. Jh. der Schrecken der Landleute“, zitiert Heider einen Satz des Heimatforschers Franz Becher aus dem Jahre 1964. Herzog Philipp Wilhelm von Berg habe noch 1681 zur Ausrottung der Wölfe eine Prämie von acht Reichstalern für die Erlegung einer Wölfin, sechs Reichstaler für einen alten Wolf und zwei Reichstaler für ein Jungtier bezahlt. Becher: „In jener Verordnung liest man, daß (sic) Kinder beim Hüten des Viehes von Wölfen zerrissen worden sind. Im Jahr 1747 wurden diese Prämien erneuert.“

Laut Heider setzte im ausgehenden Mittelalter mit der „Zunahme der Viehhaltung eine systematische Verfolgung des Wolfes ein, denn die Praxis der Waldweide hatte immer wieder Nutztierverluste und die Gefährdung der zur Viehhütung abgestellten Kinder durch den Wolf zur Folge“. Doch seien während des Dreißigjährigen Krieges (1618-48) auch im Herzogtum Berg ganze Landstriche verödet, so dass sich die Wölfe wieder ausbreiten konnten. In der Folge wurde „umso heftiger zum Kampf gegen Isegrim geblasen.“ Es gab organisierte Wolfsjagden – und eben Wolfsgruben, „weithin vergessene Zeugnisse der Umweltgeschichte“.

Die meisten Wolfsgruben sind nicht mehr zu erkennen

Andreas Heider: „Nur wenige Wolfsgruben sind erhalten geblieben, ausgegraben und archäologisch untersucht. Die meisten sind im Gelände als solche nicht mehr zu erkennen.“ Anhand von Flurnamen und historischen Karten ließen sie sich aber häufig orten und nachweisen. So auch die beiden Overather Wolfsgruben, das „Wolfsloch bei Kreuzhäuschen und die Wolfskaul bei Meegen“.

Im Gelände sind dir Gruben heute gar nicht mehr zu erkennen. Vielmehr ist das „Wolfsloch“ 400 Meter nordöstlich der Straßenkreuzung in Kreuzhäuschen nur noch durch Flurnamen nachweisbar. Hier geht Heider allerdings noch weit hinter den Dreißigjährigen Krieg zurück und zitiert aus dem Zehnt- und Zinsverzeichnis der Abtei Siegburg für Overath von 1279/80, wonach ein Lehnsmann namens Arnold für die Ländereien an der Wolfsgrube jedes Jahr sechs Denare Pachtzins zu zahlen hatte. Heider: „Wie lange diese uralte Wolfsfangvorrichtung, die dem umliegenden Gelände seinen Namen gab, in Betrieb war, ist leider nicht zu ermitteln.“

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Die zweite Wolfsfangvorrichtung lokalisiert Heider bei Meegen: Dort habe es eine „Wolfskaul“, also eine Wolfsgrube beziehungsweise ein Wolfsloch gegeben. Die Existenz der Wolfskaul bei Meegen sei in Dokumenten des 18. und 19. Jahrhunderts mehrfach bezeugt.

Passt der Wolf noch hier her?

Heutigen Betrachtern erscheine die frühere Fangjagdmethode möglicherweise grausam und heimtückisch, so Heider, „wenn wir aber lernen wollen, wann, wie und warum die Wölfe einst bei uns ausgerottet wurden, sollten wir unvoreingenommen an die Tatbestände herangehen.“

Bei Vorstellung des Beitrag über die Geschichte der Wolfsjagd im Bergischen (veröffentlicht in der Schrift „Achera 14“ des Bergischen Geschichtsvereins Overath) im Overather Kulturbahnhof, ging der Autor noch einen Schritt weiter: „Heute gilt der Wolf häufig als Indikator für eine sich regenerierende Natur. Das muss aber hinterfragt werden, weil wir nirgendwo Urwaldzustände haben, sondern eine dicht besiedelte Kulturlandschaft.“ Es stelle sich Frage, ob der „Wolf überhaupt passt“. Andererseits gelte: „Da fragt der Wolf nicht nach. Er kommt einfach.“

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