Das brisante Erbe des ErzesSchwermetallbelastung der Sülz liegt weit über Richtwerten

Lesezeit 4 Minuten
40 Jahre nach Schließung des letzten Bergwerks in der Region soll ein Konzept erarbeitet werden, wie die Schadstoffbelastung der Sülz durch die Klärung besonders verunreinigter Zuläufe verringert werden kann.

40 Jahre nach Schließung des letzten Bergwerks in der Region soll ein Konzept erarbeitet werden, wie die Schadstoffbelastung der Sülz durch die Klärung besonders verunreinigter Zuläufe verringert werden kann.

Rhein-Berg – Blei, Cadmium, Quecksilber und Zink – das sind nur einige der Schwermetalle, die im früheren Bensberger Erzrevier noch im Boden schlummern. Und sie bleiben nicht dort. In der Sülz, die am Fuße des früheren Bergwerks Grube Lüderich entlang fließt, liegt die Belastung mit Schwermetallen teilweise um ein Vielfaches über bundeseinheitlichen Richtwerten.

Mit Unterstützung des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) will der Kreis nun – 40 Jahre nach Schließung des letzten Bergwerks in der Region – ein Konzept erarbeiten, wie die Schadstoffbelastung durch die Klärung besonders verunreinigter Zuläufe verringert werden kann.

Viele weitere Belastungsquellen im Bergischen

2000 Jahre Bergbau

Jahrhundertelang wurde im Bensberger Erzrevier Bergbau betrieben. Schon römische Legionäre haben auf dem Berg Blei- und Silbererz abgebaut. Ab dem 19. Jahrhundert wurden Blei-, Zink-, Kupfer- und Eisenerz industriell abgebaut und aufbereitet. Die Aufbereitungsanlage der Grube Lüderich reichte bis an die Sülz heran, die stark schwermetallhaltigen Klärschlämme wurden in einen Teich auf der anderen Talseite am Tütberg gepumpt.

Nach Schließung der Grube Lüderich 1978, des letzten Bergwerks im Bensberger Erzrevier, wurden die Schächte und Stollen verschlossen. Aus 40 der 300 Stollenmundlöcher im Bensberger Erzrevier fließt aber bis heute pausenlos Wasser. (wg)

Die Sülz bei Untereschbach ist kein Einzelfall. „Wir hatten 66 Gruben im Bensberger Erzrevier, mit einem umfangreichen Stollensystem, rund 300 Stollenmundlöchern und einer Vielzahl von Halden“, erläuterte die Leiterin des Kreisumweltamtes, Elke Reichert, im Umweltausschuss des Kreises. Angesichts der zahlreichen Bäche im Bergischen gebe es eine Vielzahl von Belastungsquellen, die zusammen zu einer „signifikanten Schadstoffbelastung“ etwa der Sülz führten.

Eine Sanierung sämtlicher Zuläufe, durch die Schwermetalle in die Sülz gelangen, sei wegen des dafür nötigen Aufwands „vollkommen unrealistisch“, so die Umweltbehörde. Stattdessen will man sich zunächst auf den besonders stark belasteten Sülz-Abschnitt am Fuße der ehemaligen Grube Lüderich zwischen Overath-Untereschbach und Rösrath-Lehmbach konzentrieren. Denn dort, so haben Messungen ergeben, erhöht sich die Schwermetallbelastung in der Sülz erheblich. Auf dem etwa anderthalb Kilometer langen Sülzabschnitt fließt sowohl Wasser aus dem Neuen Lüderichstollen, direkt aus dem 1978 geschlossenen Bergwerk, durch ein Rohr ungefiltert in die Sülz als auch ein Bach, der Wasser aus dem ehemaligen Klärteich (Grünewaldteich) der Erzaufbereitung in die Sülz befördert.

Zuläufe zur Sülz am stärksten belastet – bundesweit

Beide Zuläufe zählen nach Einstufung des Landes Nordrhein-Westfalen zu den am stärksten mit Schwermetallen aus dem Erzbergbau belasteten Oberflächengewässern im gesamten Land. Flussabwärts wird der Grenzwert der Oberflächengewässerverordnung für Cadmium (0,15 Mikrogramm pro Liter) in der Sülz um das Drei- bis Vierfache überschritten. Die Belastung mit Zink (700 bis 900 Mikrogramm pro Liter) liegt sogar um das 50- bis 60-Fache über dem Orientierungswert der EU-Wasserrahmenrichtlinie.

Am Fuß der früheren Grube Lüderich mit Hauptschacht (o. r.) und Erzaufbereitungsanlage (M.) fließt die Sülz vorbei.

Am Fuß der früheren Grube Lüderich mit Hauptschacht (o. r.) und Erzaufbereitungsanlage (M.) fließt die Sülz vorbei.

Mit Unterstützung der Bezirksregierung des Aggerverbands und des Lanuv sollen in den kommenden Monaten an 32 Stellen des Sülzabschnitts Wasserproben entnommen und ausgewertet werden „Das Lanuv kommt dazu mit einem eigenen Team raus“, kündigte Amtsleiterin Reichert an.

Ziel sei es zu untersuchen, ob die beiden verdächtigen der insgesamt 18 Sülzzuflüsse in dem 1,5 Kilometer langen Abschnitt tatsächlich zu den Hauptverursachern der hohen Schwermetallbelastung gehören. Sollte sich das bestätigen, wollen die Projektpartner ermitteln, wie man die Zuflüsse reinigen kann. Zur Finanzierung werde man sich dann auch an den Rechtsnachfolger des ehemaligen Bergwerksbetreibers wenden, so Umweltamtsleiterin Reichert. Geklärt werden solle auch, welche Gesundheitsgefahr konkret von dem Wasser sowie Ablagerungen etwa in Fischen ausgehe. Reichert: „Eins ist klar: Trinkwasser ist das nicht.“

Auf die Frage im Ausschuss, warum man nicht einfach die gesamte Sülz flussabwärts reinige, antwortete Umweltdezernent Gerd Wölwer, dass der technische Aufwand, der erforderliche Chemie- und Energieeinsatz und damit auch der ökologische Fußabdruck eines solchen Projekts so immens sei, dass es in keinem Verhältnis zum Nutzen stehe.

Christine Bender (SPD) äußerte im Ausschuss die Hoffnung: „Vielleicht werden wir unsere Kinder oder Enkelkinder ja doch noch mal ohne schlechtes Gewissen in der Sülz baden lassen können.“

KStA abonnieren