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DatenschutzLehrer schreiben Zeugnisse wieder per Hand

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Eine Grundschullehrerin beim Schreiben eines Zeugnisses. Den privaten Computer nutzen viele nicht mehr dazu.

Eine Grundschullehrerin beim Schreiben eines Zeugnisses. Den privaten Computer nutzen viele nicht mehr dazu.

Rhein-Berg – Es wirkt wie ein Schritt zurück in die Kreidezeit. Auch im Kreisgebiet gibt es Schulen, wo Lehrer die Zeugnisse wieder mit der Hand schreiben. Dies ergaben Recherchen dieser Zeitung. Schuld daran ist die Datenschutzgrundverordnung.

Der Datenschutz sorgt vor allem an Schulen für Probleme, die nur mit wenigen Computern ausgestattet sind. Und das sind meist Grundschulen. Hinter dem Rückgriff auf das klassische Schreibgerät steht die Sorge, dass Lehrer, die zum Großteil Zeugnisse auf ihren privaten Computern schreiben, die Daten der Schüler rechtlich nicht sicher schützen können.

Zwar dürfen sie weiterhin Texte am Privat-PC verfassen, müssen allerdings versichern, dass ihr PC sicher ist. Und das können oder wollen viele Lehrer nicht. Deshalb gehen einige Schulen im Kreis auf Nummer sicher: Sie kehren zur Handarbeit zurück. Eine Notlösung, zu der sich die Schulleiter nicht äußern wollen. Der Grund: Der Beamtenstatus erlaube das nicht.

25 Lehrer teilen sich einen Rechner

Zwei Rektoren an Grundschulen in Bergisch Gladbach können in ihrer Rolle als Funktionäre bei Gewerkschaften die Bedenken vieler Kollegen wiedergeben, ohne in einen Loyalitätskonflikt mit dem Ministerium zu geraten.

An der GGS Heidkamp müssen sich 25 Lehrer einen einzigen Rechner teilen. „Selbst im Schichtdienst ist es nicht zu schaffen, jedem Kollegen ein Zeitfenster einzuräumen“, sagt Andreas Schmitz, Schulleiter und Kreisvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE).

Deshalb sind Lehrer gezwungen, Zuhause zu arbeiten. An seiner Schule habe noch keiner die vom Ministerium geforderte Datenschutzerklärung unterschrieben. „Die Kollegen fürchten, im Falle eins Sicherheitsmangels haftbar gemacht zu werden“, sagt Schmitz.

Kommunale Spitzenverbände

In einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände NRW (Städtetag, Landkreistag sowie Städte- und Gemeindebund NRW) heißt es: Die kommunalen Schulträger seien verpflichtet, „dass das Schulgebäude die Voraussetzungen für den Einsatz digitaler Technologien erfüllen muss (Breitband-Anbindung, WLAN, Multimedia-Raum). Die „Bereitstellung von Endgeräten für die Nutzung durch Lehrpersonal innerhalb des Schulgebäudes (. . .) erscheint fraglich.“ (ub)

Grundschulzeugnisse für die erste und zweite Klasse erhalten in NRW keine Noten, der Leistungsstand der Kinder wird individuell ausformuliert. „Es wäre heikel, wenn da Missbrauch betrieben wird.“ Schmitz denkt auch an sonderpädagogische Gutachten im Förderschulbereich.

Aus dem Schulministerium heißt es, es sei nach wie vor zulässig „Zeugnisdaten für schulische Zwecke (…) auf Privatgeräten der Lehrkräfte zu verarbeiten. Hierbei sind jedoch die Rechte der Schülerinnen und Schüler auf Schutz ihrer persönlichen Daten zu wahren“.

Der Vordruck, ein elfseitiges Dokument, das Lehrer unterschreiben müssen, schaffe laut Ministerium keine neue Rechtslage, sondern fasse die „Nachweispflichten benutzerfreundlich zusammen“. Derzeit werde mit den Schulträgern geprüft, ob Schulen mit Endgeräten ausgestattet werden müssten, um darauf sensible Schülerdaten zu speichern und zu verarbeiten.

Ob Kommunen oder das Land NRW zuständig dafür ist, die Lehrer mit sicheren Geräten zu versorgen, müsse noch geklärt werden, sagt Martin Rölen, Sprecher der Stadt Bergisch Gladbach Er verweist auf die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände (siehe Kasten).

Bergisch Gladbach erstellt Medienentwicklungskonzept

Die Stadt sei gerade dabei, mithilfe einer Firma ein Medienentwicklungskonzept zu erstellen. Dieses Konzept soll den in den Schulen wachsenden IT-Anforderungen für den Schulträger aufzeigen. Möglicherweise würden sich hieraus auch Strategien für die Ausstattung von PCs in Lehrerzimmern ergeben, sagt Rölen. Ergebnisse seien im Frühjahr 2019 zu erwarten.

Aufs Handschriftliche will die GGS An der Strunde möglichst nicht zurückfallen. „Im digitalen Zeitalter wäre das ein sehr zeitaufwendiger Schritt zurück“, sagt Schulleiter Florian Lambertz, tätig als Rechtsschutzberater für die Gewerkschaft Erziehung Wissenschaft (GEW). An seiner Schule stehen für 20 Lehrer genau zwei Rechner zur Verfügung.

Aus seiner Sicht als Gewerkschaftler müsse das Land sicherstellen, dass alle Lehrer an einem gesicherten PC in der Schule arbeiten könnten. Zeugnisse für Erst- und Zweitklässler seien sehr persönliche Beurteilungen, für die man Zeit brauche. „Die meisten Lehrer haben nicht die nötige IT-Kompetenz, um das bei ihren privaten Geräten zu garantieren“, sagt Lambertz.

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