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Emissionsfrei durch den KönigsforstErste Wasserstoffbusse auf Linie 423 im Dienst

Lesezeit 5 Minuten
Am höheren Dach und der Aufschrift zu erkennen: der erste Wasserstoffbus vor der Premierenfahrt in Bensberg.

Am höheren Dach und der Aufschrift zu erkennen: der erste Wasserstoffbus vor der Premierenfahrt in Bensberg.

  • Busse, die mit Wasserstoff betrieben werden, fahren schon jetzt durch den Königsforst.
  • Was erstmal ungewohnt klingt, kann sich nicht nur positiv auf die Umwelt, sondern auch auf die Zeit auswirken.
  • Getankt wird übrigens am Flughafen.

Rhein-Berg/Köln – „Flughafen“ steht auf dem nagelneuen Bus, der etwas höher ist, als die übrigen am Bensberger Busbahnhof. Und deutlich leiser. „Und hier vor Ort absolut emissionsfrei“, sagt der Geschäftsführer der Regionalverkehr Köln GmbH (RVK), Eugen Puderbach, freudestrahlend, bevor er die Gäste zur Premierenfahrt in den ersten rechtsrheinischen Wasserstoffbus bittet.

Er ist der erste von fünf Bussen, die auf der erst zum Fahrplanwechsel im Dezember bis zum Flughafen Köln/Bonn verlängerten Linie 423 von Bensberg über Rösrath und die frühere Endhaltestelle der Linie in Köln-Rath bis zum Airport verkehren und dort zunächst einmal 60 Prozent der Fahrten übernehmen.

Und nicht nur dort: Mit den neuen Brennstoffzellen-Hybridbussen können demnächst auch Fahrgäste in Overath, Kürten und der Gladbacher Stadtmitte fahren. Denn wegen der Umläufe der einzelnen Busse auf der Linie 423 werden die neuen Fahrzeuge nach der Ankunft in Bensberg je nach Anschluss auch auf der Linie 420 nach Overath oder der Linie 454 nach Herkenrath/Bechen weiterfahren. Einmal pro Stunde fährt die Linie 423 zudem ohnehin als Linie 400 von Bensberg weiter bis zum Gladbacher S-Bahnhof durch. „Im Fahrplan ist das auch so markiert“, erläutert der Gladbacher RVK-Niederlassungsleiter Gregor Mauel. „Für Overath ist der Wasserstoffbus auch wegen der dortigen Umweltzone interessant“, sagt RVK-Chef Puderbach, als er selbst in den Bus steigt.

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Getankt wird am Flughafen

Die Türen schließen, ein leises Summen ist zu vernehmen, sonst wirkt alles wie in einem herkömmlichen Bus. Doch der Antrieb hat es in sich: Anstatt Diesel zu verbrennen wie in einem herkömmlichen Busmotor mit entsprechenden Abgasen, reagieren in der Brennstoffzelle im Kofferraum des Busses Wasserstoff (H2 ) und Sauerstoff (O) unter Abgabe von elektrischer Energie zu Wasser (H2 O). Der so erzeugte Strom kann in einer Batterie gespeichert werden oder direkt die Elektromotoren des Busses antreiben (siehe „Die neuen Busse“).

Den Wasserstoff, dessen Tank unfallsicher im Dach untergebracht ist, bezieht die RVK, die Wasserstoffbusse früherer Generationen bereits im Rhein-Erft-Kreis getestet hat, dort als Abfall- oder Beiprodukt aus der Chemischen Industrie.

Fast 30 Minuten weniger

Emissionsfrei geht’s durch den Königsforst. Um 29 Minuten hat sich die Fahrzeit zum Flughafen verkürzt, seitdem mit der Linienverlängerung im Dezember Umstiege und Umwege entfallen sind. Der Premierenbus ist sogar noch vor der geplanten Zeit am Flughafen. RVK-Geschäftsführer Puderbach erinnert sich an die lange Vorgeschichte, 2009 war das Wasserstoffprojekt bereits gestartet worden. Er weiß aber auch um die große Unterstützung durch den Rheinisch-Bergischen Kreis, der zu den RVK-Gesellschaftern gehört, und durch die Stadt Köln, was gerade bei der Verlängerung der Linie 423 auf Kölner Stadtgebiet wichtig war.

Die Verbindung

Mit der Verlängerung der Buslinie 423 seit Fahrplanwechsel am 15. Dezember sind Bergisch Gladbach und Rösrath umsteigefrei an den Flughafen angebunden, Fahrgäste aus Kürten und Overath müssen nur einmal umsteigen. Wochentags gibt’s einen 30-Minuten-Takt von 6 bis 21 Uhr, danach einen Stundentakt bis 23.30 Uhr – ebenso samstags von 6.30 bis 23 Uhr sowie sonn- und feiertags von 8 bis 22 Uhr. Jeder zweite Bus fährt ab Bensberg als Linie 400 weiter bis zum Gladbacher S-Bahnhof. (wg)

Auch der Empfang der Jungfernfahrtgäste durch die Verkehrs-Beigeordnete der Stadt Köln, Andrea Blome, ist entsprechend herzlich. „Willkommen im neuen Jahrzehnt“, begrüßt sie Rhein-Bergs Landrat Stephan Santelmann auf dem Busbahnsteig am Terminal 1. „Und das mit Wasserstofftechnik“, ergänzt Santelmann und freut sich, dass man demnächst über die RVK „die größte Wasserstoffflotte im Land“ haben werde.

30 Busse sind beim belgischen Hersteller „van Hool“bereits bestellt. Und in den nächsten Jahren wolle die RVK weitere 100 der neuen Brennstoffzellen-Hybridbusse anschaffen, kündigte Puderbach an. Während die Kölner Verkehrsbetrieb auf Elektrobusse mit Kurzladung an Haltestellen und die Wupsi auf Elektrobusse mit Übernachtladung im Depot setzen, sieht die RVK in der Wasserstofftechnik mit ihrer Reichweite von 350 Kilometern gerade für die langen Linien im ländlichen Raum die Zukunft, wie Puderbach erläutert. Und weil der Wasserstoff ohnehin in der chemischen Industrie etwa in Hürth anfalle.

Die neuen Busse

Antrieb: Elektromotoren (maximale Leistung 210 kW); den Strom dafür erzeugt eine mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle.

Reichweite: 350 Kilometer mit einer Tankfüllung Wasserstoff (38,5 Kilogramm).

Verbrauch: 9 Kilogramm Wasserstoff (zurzeit 9,50 Euro/kg an der Tankstelle am Flughafen) pro 100 Kilometer

Kosten: rund 650 000 Euro pro Bus, ein großer Teil wird aus Zuschüssen finanziert.

Wie schnell Wasserstoff mit 350 bar getankt ist, zeigt RVK-Technik-Disponent Günter Henn gleich an der öffentlichen Tankstelle am Flughafen. Innerhalb weniger Minuten, ist der Tank wieder voll – auch wenn der Treibstoff an dieser Tankstelle wegen der gerade erst erfolgten Investition mit 9,50 Euro pro Kilogramm noch vergleichsweise teuer ist. In der RVK-eigenen Tankstelle, die derzeit in Wermelskirchen entsteht, soll der Preis bei fünf Euro liegen, und Planungen für eine weitere eigene Wasserstofftankstelle im Bergisch Gladbacher Süden laufen obendrein. Auch der Oberbergische Kreis wolle seine Verkehrsgesellschaft auf Wasserstoffbusse umrüsten und die RVK dürfe dabei beraten, so Puderbach.

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„Die heutige Fahrt ist ein wichtiges Signal und erst der Anfang einer Entwicklung“, freut sich Landrat Santelmann und dankt neben den für das Projekt engagierten Kreistagspolitikern auch den Partnern aus Köln. „Hier wächst richtig etwas.“

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