Inklusion in KindertagesstättenTräger und Mitarbeiter fordern mehr Personal

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Gelingende Beispiele für Inklusion gibt es. Doch dafür ist eben mehr Personal notwendig, sind sich die Experten auf dem Podium einig.

Gelingende Beispiele für Inklusion gibt es. Doch dafür ist eben mehr Personal notwendig, sind sich die Experten auf dem Podium einig.

  • Die Inklusion in Kindertagesstätten bringt viele an ihre Grenzen.
  • Dunja Brala, Leiterin der Awo-Kita „Kunterbunt“ sagt: „Wir möchten Inklusion leben."
  • Woran es bei den meisten Kitas mangelt, ist das Personal.

Rhein-Berg – Viele Schulen, zuletzt in Bergisch Gladbach, haben längst Alarm geschlagen, dass für die Umsetzung der Inklusion Fachkräfte fehlen. Aber wie sieht es in den Kindertagesstätten aus? Auch hier geht es um weit mehr als die barrierefreie Toilette oder die sachgerechte Ausstattung. Das wird bei einer Podiumsdiskussion mit Experten eindrücklich greifbar, als Dunja Brala, Leiterin der Awo-Kita „Kunterbunt“ sagt: „Wir möchten Inklusion leben. Aber wir stoßen an Grenzen, die wir in unserer Kindertagesstätte nicht beheben können. Das geht uns sehr ans Herz.“

Petition mit 1900 Unterschriften

Thema der Veranstaltung im Bensberger Rathaus, zu der die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Rheinisch Bergischer Kreis eingeladen hat, ist Inklusion im Vorschulalter, also die gemeinsame Betreuung von Kindern mit und ohne Behinderung. Ein schöner Gedanke – der aber auf eine komplizierte Wirklichkeit trifft. Auf dem Podium sind sich zwar alle darüber einig: Der Inklusionsprozess sei unumkehrbar, es handele sich um ein Menschenrecht. Aber die Aussichten sind alles andere als ermutigend.

Mehr als 1900 Unterschriften hat das Caritas-Frühförderzentrum in einer Petition „Gut gedacht – schlecht gemacht“ gesammelt, um auf die Missstände in Kitas aufmerksam zu machen und vom Landschaftsverband Rheinland eine bessere personelle Ausstattung zu fordern. „Es kommt sogar zu Kündigungen, weil die aufwendige Betreuung von Kindern mit Lernschwierigkeiten und Behinderung nicht zu gewährleisten ist“, schildert Angelika Huber, Leiterin des Caritas-Frühförderzentrums die Situation. Bei einigen Kindern mussten die täglichen Betreuungszeiten auf zwei Stunden reduziert werden. „Weitergehen wie bisher, kann es nicht“, stellt Huber klar und erhält zustimmenden Applaus aus dem Publikum. Gekommen sind vor allem Erzieher, Therapeuten aber auch Eltern.

Besonders in der Kritik: Mit Einführung der Inklusion vor drei Jahren haben die ehemals integrativen Kitas, die über entsprechend ausgebildetes Fachpersonal verfügten, ihren Sonderstatus verloren. Stattdessen sind inklusive Plätze in allen Einrichtungen eingerichtet worden. Das hat zu einer Verschlechterung der Betreuung geführt: „Die Eltern müssen viele zusätzliche Wege zu therapeutischen Praxen auf sich nehmen, weil in den Kitas selbst nur wenige Hilfen angeboten werden.“

Das hat zur Folge, dass sich die Erzieherinnen um Kinder mit teils schweren Behinderungen kümmern müssen, die eigentlich eine intensive Eins-zu-eins-Betreuung benötigen würden. „Unsere Mitarbeiter sind überlastet und erschöpft, sie stoßen an ihre zeitlichen und fachlichen Grenzen“, berichtet Alwine Pfefferle, Awo-Geschäftsbereichsleiterin Kinder, Jugend und Familie. Die Erzieher müssten Aufgaben übernehmen, für die sie nie ausgebildet wurden, und würden in dieser Zeit in ihrer Gruppe fehlen.

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Julian Mihm, Vater einer 16 Monate alten Tochter mit geistig und schweren körperlichen Einschränkungen aufgrund eines seltenen Gendefekts, kritisiert, dass Inklusion in vielen Fällen an bürokratischen Hürden scheitern könne: „Uns hätte zwar eine Einzelfallhilfe zugestanden, aber nur, wenn unsere Tochter an allen fünf Tagen die Einrichtung besucht“, erzählt er.

Beschwerlicher Weg für die kleine Lotta

Da dies der Gesundheitszustand seiner Tochter nicht erlaube, habe er den Kita-Platz zurückgeben müssen. Nur mit Rechtsbeistand habe er erwirken können, dass die kleine Lotta nun von einer Tagesmutter betreut wird, die für ihren zeitlichen Mehraufwand besser bezahlt wird. „Jetzt ist zwar alles gut. Aber bis dahin war es ein sehr langer und beschwerlicher Weg“, sagt Mihm.

Claudia Eggers von der Fachberatung der Stadt Bergisch Gladbach sagt, sie kenne das Problem. Um Eltern in solchen Situationen besser helfen zu können, solle eine zusätzliche halbe Stelle eingerichtet werden, kündigt sie an.

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