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Ein Jahr Haft auf BewährungMann misshandelt Ehefrau, weil sie nicht schwanger wurde

Lesezeit 3 Minuten
Gewalt in Paarbeziehungen ist ein Problem, das in der Corona-Pandemie noch zunimmt.

Gewalt in Paarbeziehungen ist ein Problem, das in der Corona-Pandemie noch zunimmt.

Kürten/Bergisch Gladbach – Im idyllischen Kürten, mitten im Bergischen Land, ist Fatima (27) durch die Hölle gegangen. Denn in ihrer Heimat Marokko hatte die heute 27-jährige Frau den 21 Jahre älteren Ahmed geheiratet und war ihm ins Bergische gefolgt, wo er als Hausmeister arbeitet. Doch Ahmed sperrte sie ein und schlug sie, weil sie nicht schwanger wurde. Jetzt wurde dem 48-Jährigen der Prozess gemacht: Wegen Körperverletzung in zehn und Freiheitsberaubung in drei Fällen. Es wurde ein kurzer Prozess.

Ein Jahr Haft auf Bewährung und 500 Euro Buße an den Verein „Frauen helfen Frauen“, so lautete das Urteil des Bensberger Schöffengerichts für den Peiniger.

Fatima hat sich selbst befreit

Eine Wiedergutmachung für Fatima, mittlerweile geschieden, gibt es nicht. „Meine Mandantin wollte das ausdrücklich nicht. Sie wollte nur Abstand gewinnen“, sagt ihr Anwalt Malek Shaladi aus Düsseldorf.

Fatima (Namen geändert) ist bei dem Prozess zeitweise im Raum. Einmal schluchzt die zierliche junge Frau leise. Aber sie hat sich befreit, mit Hilfe anderer Frauen, in einem ihr fremden Land mit einer ihr fremden Sprache.

Der entscheidende Moment war am Nachmittag des 27. April 2020: Da lief sie auf die Straße und steckte einer Nachbarin einen Zettel zu. Darauf stand, dass die Polizei verständigt werden solle, da Ahmed sie immer wieder schlage.

Kontakt zu "Frauen helfen Frauen" via Marokko

Für Fatima war es der ganz persönliche Tag der Befreiung. Geholfen haben ihr die Nachbarin aus Kürten und die Beratungsstelle „Frauen helfen Frauen“ und Fatimas Schwester: Diese hatte von Marokko aus Kontakt zu den bergischen Helferinnen aufgenommen und dabei auch Fotos der Verletzten weitergeleitet. Heute lebt Fatima 80 Kilometer von Kürten entfernt im Ruhrgebiet, lernt Deutsch und hat eine Ausbildung begonnen.

Rückblick. Im September 2017 heiratete die damals 23-Jährige den seit 2015 im Bergischen lebenden Hausmeister, einen Landsmann mit spanischem Pass. Für ihn war es bereits die dritte Ehe; Kinder hatte und hat er nicht. Im September 2019 folgte sie ihm nach Kürten.

Anklage wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung

Laut Anklage begann sehr bald das Leid. Das erste Mal habe er sie geschlagen, als sie vor Heimweh weinte. Im November oder Dezember schlug er laut Anklage erneut zu: Dieses Mal mit der Faust gegen Kopf und Schulter, aus Wut über eine Unterschrift, die sie beim Ausländeramt geleistet habe. Auch an den Haaren habe er gezogen. Immer neue Faustschläge habe es zwischen September 2019 und April 2020 gegeben, wenn die Ehefrau ihre Tage bekommen habe und mithin wieder nicht schwanger gewesen sei.

Zweimal setzte Ahmed teilweise gefüllte Wasserflaschen aus Plastik als Schlagwerkzeuge ein, was die Angriffe zur weitaus härter bestraften gefährlichen Körperverletzung hochstuft. Zudem habe er seine Frau dreimal stundenlang in der Wohnung eingesperrt. Der letzte Angriff ereignete sich laut Anklage am 25. April 2020, zwei Tage vor der Befreiung.

Geständnis nach zehnminütigem Rechtsgespräch

Trotz der langen Liste von Vorwürfen, die allerdings hinsichtlich der Tatzeiten wenig präzise formuliert waren, wurde der Prozess äußerst kurz. Verteidiger Ingo Lindemann bat um ein Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen, das zehn Minuten dauerte, und räumte im Anschluss die beiden letzten Attacken mit den gefüllten Wasserflaschen ein. Sein Mandant wisse, dass Unrecht geschehen sei: „Er hat Verantwortung übernommen.“

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Das Gericht stellte die übrigen Anklagevorwürfe als vergleichsweise weniger gravierend ein und entließ die Zeuginnen, ohne sie zu hören. Im Urteil gegen den bis dahin nur einmal wegen gewerbsmäßigen Betruges vorbestraften Angeklagten folgten Richterin Birgit Brandes sowie ihre Schöffin und ihr Schöffe dem Antrag der Staatsanwältin. Diese hatte für beide gefährliche Körperverletzungen jeweils acht Monate auf Bewährung gefordert und diese zu zwölf Monaten zusammengezogen.

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