Praxis in AfrikaKürtener Zahnarzt hilft Menschen im Kongo

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Dr. Hartmut Uellendahl in seiner afrikanischen Praxis. Ein einheimischer Arzt unterstützt ihn.

Dr. Hartmut Uellendahl in seiner afrikanischen Praxis. Ein einheimischer Arzt unterstützt ihn.

Einfache Plastikstühle im Freien sind das Wartezimmer. Oft harren die Patienten über Stunden aus, um behandelt zu werden. Frühmorgens kommen die ersten, und spätabends gehen die letzten nach Hause. Der Besuch beim Zahnarzt ist keine Alltäglichkeit für die Menschen in der Stadt Goma im Osten des Kongo. Keiner der Wartenden geht ohne Behandlung nach Hause zurück. Dass ein deutscher Zahnarzt in der Stadt ist, spricht sich immer in Windeseile herum. Dafür nehmen die Menschen stundenlange Fußmärsche in Kauf. 

Dr. Hartmut Uellendahl hat eine Zahnarztpraxis in Afrika. „Für mich ist diese Arbeit erfüllend“, sagt der Mediziner aus Kürten. „Ich fahre leidenschaftlich gerne nach Goma.“ Uellendahl ist 75 Jahre alt, seine ehemalige Praxis in Kürten führt sein Nachfolger Dr. Hooman Talebnasab. Einfach nichts zu tun im Ruhestand, damit konnte und wollte sich der Arzt aber nicht abfinden.

„Alle sagen ,Doctor Harry’ zu mir“

Seit drei Jahren hilft Uellendahl nun den Menschen im Kongo, zweimal im Jahr fährt er für drei Wochen dorthin. Und arbeitet und arbeitet und arbeitet. Alles geschieht ehrenamtlich, der Zahnarzt bekommt für seine Arbeit kein Honorar. Elke Lamsfuß aus der evangelischen Kirchengemeinde in Kürten-Delling fährt als Unterstützerin mit und hilft. 

Auf Plastikstühlen warten die Patienten.

Auf Plastikstühlen warten die Patienten.

Die Dellinger Gemeinde knüpfte die Bande vor drei Jahren zu Uellendahl. Seit langem schon unterstützen die Gläubigen die Menschen im Kongo, in der Region Kalongo. Goma, die Millionenstadt am Kivusee, liegt im Bezirk Kalongo. 

„Alle sagen ,Doctor Harry’ zu mir“, berichtet der Zahnarzt aus seinen Einsätzen. Seine Mitstreiterin wird „Mama Elke“ genannt. Uellendahl, mit einer Berufserfahrung von vier Jahrzehnten unterwegs, kann so schnell nichts aus der Ruhe bringen. Selbst komplizierte Operationen wie das Ziehen eines quer im Knochen liegenden Weisheitszahnes können Uellendahl nicht aufregen. „Je schwieriger der Eingriff wird, um so ruhiger werde ich“, sagt er. Der betagten Dame, die mit ihrem vermaledeiten Weisheitszahn vier Stunden auf dem Behandlungsstuhl saß, konnte Uellendahl auch helfen, natürlich. Ihm hilft bei der Arbeit, dass er als junger Zahnarzt auch chirurgische Eingriffe kennengelernt hat. 

Weniger Karies als in Deutschland

„Die Menschen haben in Goma viel weniger Karies als in Deutschland“, hat er festgestellt. Das liege wohl daran, dass es in Afrika weniger Zucker als in Europa gebe. Dafür seien die Zähne viel stärker abgeschliffen als bei den Patienten in Deutschland. Härtere Speisen sein wohl der Grund dafür. Die Praxis, in der der Kürtener arbeitet, ist angedockt an das Bethesda-Krankenhaus des Roten Kreuzes in Goma. Die Ausstattung sei für normale Eingriffe ausreichend, den Zahnarztstuhl hatte vor einigen Jahren der Wipperfürther Allgemeinmediziner Berndt Otte nach Goma bringen lassen; Otte unterstützt die Menschen in Afrika seit Jahrzehnten.

Ein zweiter Behandlungsstuhl wird in diesen Tagen in Goma erwartet. Woran es allerdings mangelt, sind heimische Fachleute, die mit Betäubungsmitteln und Bohrer umgehen können. Uellendahl will auch hier helfen und bemüht sich, eine junge afrikanische Zahnärztin anzulernen. „Sie heißt Nostal Gy“, sagt er. Er sei zuversichtlich, dass die Kollegin ihm künftig nacheifere. Auch einige männliche Zahnärzte gibt es in der Krankenhaus-Praxis. Auch sie profitieren von den Erfahrungen des Kürtener Zahnarztes. 

Dr. Hartmut Uellendahl mit Helferin Elke Lamsfuß.

Dr. Hartmut Uellendahl mit Helferin Elke Lamsfuß.

Was Uellendahl zunehmend Sorge bereitet, sind die schweren Kieferverletzungen, mit denen die Menschen in seine Praxis kommen. Das seien andere Behandlungskaliber als eine Kariesfüllung. Spezielle Kieferbruchschienen fehlten dafür vor Ort. Sie sind aber ganz wichtig, damit Ober- und Unterkiefer nach dem Eingriff wieder angepasst werden können. „Für diese Schienen kommen schnell hohe Summen zusammen“, erklärt Uellendahl. Im November, wenn seine nächste Reise nach Goma ansteht, will er zwei dieser Spezialschienen im Reisegepäck mitnehmen. „Ohne die Schienen kommen die Zähne nicht richtig in Stellung.“

Elke Lamsfuß zeigt Bilder der Betroffenen, mit schlimmen Verletzungen im Kieferbereich. Viele Menschen im Kongo hätten Gewehre oder Knüppel bei sich, erklärt sie den Grund der ansteigenden Kieferoperationen. „Das sind Relikte des Bürgerkriegs aus den vergangenen Jahren“, glaubt sie. Spenden seien deshalb willkommen, um weitere der Spezialschienen kaufen zu können. Die evangelische Kirche Delling habe für Kalongo ein Spendenkonto eingerichtet, sagt Elke Lamsfuß (Kontakt im Gemeindebüro). Überweisungsträger würden auch in der Dellinger Kirche ausliegen.  

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