Rätselhafter Grabstein in KürtenCornelis van der Does hat das älteste Grab in Delling

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  • Der Grabstein des Niederländers Cornelis van der Does ist der älteste auf dem Friedhaof in Kürten-Delling.
  • Nur: Wer war dieser Mann? Ein Handelsreisender, der zufällig in Kürten starb? Ein Wohltäter der reformierten Gemeinde?
  • Eine Spurensuche.

Kürten – Cornelis von der Does könnte ein reisender Händler gewesen sein. Einer, der aus den reichen Niederlanden kam und in Holland kostbare Stoffe und teure Gewürze kaufte und verkaufte. In den Osten führte die Route, in den Packtaschen seiner Pferde wird er die Waren verstaut haben. Reisen war mühsam zu Anfang des 19. Jahrhunderts, und wer von einer Stadt zur anderen wollte, musste mehrere Tagesetappen einplanen.

Der geheimnisvolle Holländer kam nur bis Kürten. In seinem 48. Lebensjahr stehend starb er am 6. April 1805. Diejenigen, die auf dem Gehöft am Handelsweg lebten und den Toten fanden, erkannten, dass der Händler aus den reformierten Landen kam. Sie brachten den Leichnam nach Delling, der kleinen Enklave der Reformierten im Bergischen.

Wie es der Zufall so wollte, hatten die Evangelischen zu Delling in diesen Jahren, nämlich 1801, die Erlaubnis bekommen, ihren Friedhof herzurichten (genutzt wurde er schon einige Jahre früher). Auf dem Pferdeanhänger ging es mit dem Leichnam durch das katholische Nachbardorf Olpe, bergauf und bergab auf den ausgefahrenen Karrenwegen und durch die Alleenstraße, die noch heute den Weg nach Delling weist.

Cornelis von der Does wurde auf dem Dellinger Kirchenacker zu seiner letzten Ruhe gebettet. Die Gemeindemitglieder sorgten für einen Grabstein, der tief im weichen Boden einsank. Der Fremde wird Papiere mit sich geführt haben, die den Dellingern seinen Namen verrieten. Van der Does ist der Name adliger Geschlechter in Holland, die Dellinger machten ein von der Does daraus.

Eine vermutlich kleine Trauergemeinde

So könnte es gewesen sein. Pastor Ralph Knapp hat die kleine Trauergemeinde vor Augen, die sich zur Beerdigungsfeier am Grab eingefunden haben könnte, einfache Leute, Ackerer und Tagelöhner, die dem Unbekannten das letzte Geleit gaben. In der Delling gab es damals kaum mehr als ein Dutzend Häuser, jeder kannte jeden.

Das Begräbnis eines Unbekannten war Ortsgespräch, die Nachricht verbreitete sich in Windeseile. „Vieles spricht dafür, dass es tatsächlich ein durchreisender Händler gewesen sein könnte“, meint der evangelische Pfarrer. Beweise, die die Theorie untermauern, gibt es aber nicht. Die großen Handelsrouten, die nördlich und südlich an Delling vorbeiliefen, könnten aber eine Rolle gespielt haben. Das große Köln ist nahe und auch der Rhein als Handelsplatz.

Der Grabstein des Mijnheers hat die Jahrhunderte überdauert, was auch ein kleines Wunder ist. Es ist der älteste Grabstein, der sich auf dem Friedhof findet. Einige wenige Schritte hinter dem Friedhofstor liegt der dunkle Monolith auf der Wiese, das Herbstlaub hat ihn zugedeckt. Nach über 200 Jahren ist die Schrift stark verwittert.

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Der Grabstein des Niederländers wurde im Laufe von zwei Jahrhunderten mehrfach verlegt. 

Wer aber ganz nah herantritt und sich hinkniet, kann lesen, was die Damaligen in den Stein gemeißelt haben: „Hier ruhet Corn/von der Does/Nat d 11 Nov 1766/den d 6 Apr 1805.“ Geboren im November 1766, gestorben im April 1805. Das sind die einzigen Informationen, die verlässlich sind. Corn ist die Abkürzung für Cornelis oder Cornelius.

Für die Späteren war Herr von der Does ein Mitbegründer des Dellinger Friedhofs. So hat es ein Protokollant 1930 in die Dellinger Gemeindechronik eingetragen, der Grabstein sei eine „Erinnerung an den Mitbegründer des Friedhofes“. Der Stein war vor 1930, aus welchen Gründen auch immer, unter der eisernen Türe am Friedhofseingang platziert worden.

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Das erschien nicht mehr angemessen. Der Stein wurde versetzt: „Der Grabstein soll am Ende des Friedhofganges gegenüber der Eingangstüre senkrecht aufgestellt werden.“ Von dort wanderte über die Jahre zum Eingang, Seite an Seite mit den Grabmalen verdienter Dellinger Einwohner, vor allem aus der Sippe Biesenbach.

Auch der Grabstein von Pastor Johann Friedrich Hengstenberg findet sich im Umfeld. Alle Steine führen biblische Verse an und kurze Texte zu Leben und Werken der Verblichenen. Der Grabstein des Cornelis von der Does schweigt als einziger. Hinweise, er sei tatsächlich Mitbegründer des Friedhofs gewesen, gibt es nicht.

Pastor Knapp fehlen Informationen

Pastor Knapp kennt die Geschichte seiner Gemeinde in- und auswendig. Die wechselvolle Gründung, das Standhaftbleiben Weniger in den Jahren der Gegenreformation, der Kauf des Dellinger Gutes, die lange Reihe der Pastoren, die in Delling den reformierten Glauben predigten. Aber zu dem geheimnisvollen Holländer ist Knapp bislang nichts untergekommen.

Einer der damaligen Pastoren könnte Beziehungen nach Holland gehabt haben, berichtet er von einer weiteren umlaufenden Sage. Schließlich: In den uralten Kollekten-Zetteln, die im Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland aufbewahrt werden, wird von wiederholten Bittgesuchen der armen Dellinger Gemeinde an niederländische Gemeinden berichtet, in den Jahren 1699 bis 1722, und 1745 bis 1747.

1770 reiste eine Gesandtschaft aus Delling an den Niederrhein und nach Holland, das ist überliefert. Vielleicht reiste der Holländer mit zurück ins Bergische.

Josef Büchel, Heimatforscher aus Olpe und Mitautor des Heimatbuches „Die Delling“ (von Marlies Denst), macht den Unbekannten zum Glaubensflüchtling. Ein Hugenotte, also ein Franzose protestantischen Glaubens, sei er gewesen und vor den Wirren der Französischen Reformation ins Bergische Land geflüchtet.

Begräbnisse seit Ende des 18. Jahrhunderts

Wann genau es die ersten Begräbnisse auf dem Friedhof in Delling gegeben hat, ist nicht überliefert. „Zu Ende des 18. Jahrhunderts“, wird in einem Bittbrief von 1827 berichtet. Zunächst nur für einige Gemeindemitglieder, für alle erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts, die Erlaubnis der Landesregierung datiert vom 12. Oktober 1801. Vorher wurden die Reformierten aus Delling auf dem Olper Friedhof beigesetzt, nach katholischem Ritus und vom katholischen Pfarrer.

Diejenigen Gläubigen, die in Lindlar als reformierte Christen der Dellinger Gemeinde angehörten, erhielten ihre letzte Ruhe auf den Friedhöfen Drabenderhöhe oder Dhünn. Für die Angehörigen, die in Delling oder den benachbarten Weilern lebten, bedeutete dies immer einen Fußweg von vier und mehr Stunden. (cbt)

Wohlhabende Angehörige könnte er gehabt haben, was mit dem Setzen des Grabsteins belegt werde. Dann hätte er mehrere Jahre im Bergischen verbracht und als Gönner die kleine Gemeinde gefördert, nicht zuletzt mit dem Friedhof. Kosten gab es tatsächlich. 100 Reichstaler mussten als Ersatz für entgangene Beerdigungen dem Pfarrer und Küster zu Olpe ausgelegt werden, drei Taler Zins gingen jährlich an den Pfarrer, einer an den Küster.

Eine letzte Spur führt nach Junkermühle zur Junkerburg, etwas unterhalb im Sülztal gelegen. Von der Burganlage existieren nur noch Trümmer. Erbaut im 16. Jahrhundert vom Adelsgeschlecht der von Mosbach kam die Burg später zu den von Landsbergs und den Breidenbachs. Eine Familie von der Does wird nirgends erwähnt. Auch diese Fährte läuft ins Leere.

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