Thedieck-Bad, KahnweiherBadegeschichte und Erinnerung an das erste Kürtener Strandbad

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Sommerliches Freizeitvergnügen: 15 Ruderboote luden auf dem Kahnweiher in Dürscheid vor dem Zweiten Weltkrieg zur Bootspartie ein. 

Kürten – Wer in Kürten schwimmen lernen wollte, der durfte nicht empfindlich sein: Im ersten Kürtener Strandbad mussten sich die Badegäste das Wasser noch mit Fischen und Kaulquappen teilen. Denn das Wasser stammte aus der Sülz, war dementsprechend kalt und eigentlich angestammtes Refugium von Forellen, Barben und Fröschen.

Und doch war das 1934 erbaute Strandbad, das bald nach dem damaligen Bürgermeister Thedieck-Bad benannt wurde, ein großer Fortschritt. Zuvor musste, wer sich im Sommer abkühlen wollte, einen Tümpel oder eine Stelle an Sülz, Dhünn oder einem anderen Bach finden, die sich zum Planschen oder Schwimmen eignete. Meist nutzte man kleine Vertiefungen in den Bächen, sogenannte Kolke, als natürliches Spaß-Bad.

Baden in Bächen war nicht ungefährlich

„Weil viele aber nicht schwimmen konnten, sorgte das immer wieder für Tragödien“, berichtet Ute Jülich-Prescher, vom Kürtener Geschichtsverein und Kennerin der einschlägigen historischen Quellen. Denn bevor die vielen Talsperren im Bergischen das Wasser zähmten, waren die Flüsse und Bäche wasserführender und reißender als heute – eine Situation, von der man aktuell nur noch bei Starkregenereignissen eine Ahnung erhält.

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Gewusst wo: Ute Jülich-Prescher vom Geschichtsverein zeigt die verwachsenen Spuren des Kahnweihers im Gelände. Ob es möglich ist, den ehemaligen Teich wieder zu fluten, ist unklar. 

So ertranken nach alten Berichten in Hommerich Anfang des 20. Jahrhunderts innerhalb von zwei Jahren zwei Kinder, ein Zehnjähriger und ein Zwölfjähriger im Bach, weil sie die Gefahren offenbar unterschätzt hatten. Aber auch als der Schwimmunterricht nach dem Zweiten Weltkrieg langsam auf die Stundenpläne der Schulen gesetzt wurde, blieb das Baden mangels geeigneter Schwimmbecken gefährlich.

Strandbad brauchte umfangreiche Renovierung

Im nicht weit entfernten Leppetal kamen 1949 im sogenannten Bergbad, das eigentlich das Warmwasserbecken eines Stahlwerkes war, zwölf Schülerinnen ums Leben, weil sie am Rand des glitschigen, algenbesetzten Beckens keinen Halt fanden und ins Wasser abrutschten. Auch in Kürten hatten sich die Badebedingungen durch den Zweiten Weltkrieg verschlechtert.

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Kleine Auszeit vom Alltag auf dem Wasser: Im Sommer eine große Attraktion für Einheimische und Gäste.

Die Sülz, so ist es in Band 9 der Kürtener Schriften nachzulesen, hatte sich das Strandbad durch die kriegsbedingte Vernachlässigung zurückerobert. Morast füllte das Schwimmbecken und erst eine umfangreiche Renovierung machte es für Wasserfreunde schließlich wieder ohne gratis Schlammpackung nutzbar.

Teiche für Bootstouren und Ausflüge

Wetterunabhängig wurde das Badevergnügen in Kürten erst 1977, als mit dem Bau des Schulzentrums auch das erste Hallenbad im Ort öffnete, das später zur Turnhalle umgewidmet wurde. 1995 wurde das Splash-Bad eingeweiht.

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Die ungefähre Lage des ehemaligen Kahnweihers.

Für Erfrischung anderer Art sorgten schon um 1900 die Kahnweiher und Gondelteiche, die zahlreiche Gastronomiebetriebe in der Region anlegten, um Gäste aus der Großstadt anzulocken, erzählt Ute Jülich. Diese Teiche dienten nicht als Schwimmbad, sondern luden zu gemütlichen Bootstouren ein. Sie gehörten vorübergehend zu den Attraktionen der Ausflugslokale wie Kaffee und Kuchen.

Kahnweiher könnte wieder reaktiviert werden

Historische Postkarten zeigen die Idylle mit Ausflüglern in bestem Sonntagsstaat, so auch am Kahnweiher in Dürscheid. Nur Menschen, die gut mit der Ortsgeschichte vertraut sind, so wie Ute Jülich, die schon historische Führungen zur ehemaligen Teichanlage organisiert hat, können im überwachsenen Gelände heute noch Spuren des Dürscheider Kahnweihers ausmachen.

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Er befand sich einige hundert Meter südlich von Dürscheid, zwischen Ortsausgang und dem Gasthof „Haus Gassen“ (heute „Im Dürschtal“). Der Teich wurde zwischen 1925 und 1934 von Rudolf Lange & Söhne betrieben, so Ute Jülich, eine Tüftlerfamilie, die ein spezielles Boot konstruiert hatte. Die Langes stauten das Wasser der Dürsch zum Teich, um darauf ihre Mietkähne schwimmen zu lassen. Das sei sehr beliebt gewesen, sagt Ute Jülich und die Gastronomie machte intensiv Reklame für das Vergnügen: „Dürscheider Kahnweiher, 5500 qm groß, 15 Kähne (...) bietet Ausflüglern und Erholungsbedürftigen angenehmsten Aufenthalt.“

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Die örtliche Gastronomie, so auch Haus Gassen (hinten rechts), machte  Reklame mit dem „Dürscher Teich“.

Vielleicht ist der Kahnweiher nicht nur Teil einer längst untergegangenen Geschichte. Im Rahmen der Ideensammlung für das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (Isek) haben die IG Dürscheid und der Geschichtsverein eine mögliche Reaktivierung der alten Teichanlage ins Spiel gebracht.

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