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Landtagswahl in Rhein-BergDas sind die Kandidaten für den Wahlkreis 22

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Einzigartige Natur, aber auch wichtige Infrastruktur: Die Große Dhünn-Talsperre, aus der eine Million Menschen mit Trinkwasser versorgt werden, liegt inmitten des Wahlkreises 22.

Rhein-Berg – Sieben Kandidaten bewerben sich um das Direktmandat im Wahlkreis 22, der neben Overath, Kürten und Odenthal auch die Nordkreis-Städte Leichlingen, Burscheid und Wermelskirchen umfasst. Dabei fällt gleich auf, dass anders als im Wahlkreis 21 (Bergisch Gladbach/Rösrath) keine Partei eine Bewerberin aufgestellt hat.

Dabei ist es gut möglich, dass mehr als einer der auf dieser Seite vorgestellten Kandidaten am 15. Mai in den Düsseldorfer Landtag einzieht. Sowohl CDU-Kandidat Herbert Reul als auch AfD-Bewerber Carlo Clemens haben einen vorderen Platz auf der Landesliste ihrer Parteien. Bei der vergangenen Landtagswahl 2017 unterdessen war von der Landesliste der CDU kein einziger Bewerber ins Parlament eingezogen, da alle der CDU zustehenden Sitze als Direktmandate in den Wahlkreisen errungen wurden.

Bisheriger Direktmandats-Inhaber tritt nicht erneut an

Der bisherige Inhaber des Direktmandats im Wahlkreis 22, Rainer Deppe, wird unterdessen keinesfalls erneut in den Landtag einziehen. Er hat auf eigenen Wunsch nicht erneut kandidiert (siehe „Abschied“). Die SPD hat kurz vor Ablauf der Frist mit Sebastian Lemmer noch einen neuen Direktkandidaten aufstellen müssen, nachdem die ursprünglich nominierte Kandidatin Heike Engels aus gesundheitlichen Gründen ihre Kandidatur zurückgezogen hatte.

Alles zum Thema Herbert Reul

Jürgen Langenbucher von den Grünen ist unter den Kandidierenden ebenso kein Unbekannter wie Mike Galow von der Linken. Erstmals um das Landtagsmandat kandidieren Marco Frommenkord von der FDP, Carlo Clemens von der AfD sowie Simon Pugnaghi von der erstmals zu einer Landtagswahl in Rhein-Berg antretenden paneuropäischen Partei Volt.

Große Spanne zwischen ländlich und städtisch

Sie alle konkurrieren in einem Wahlkreis, der sich einst wie die Form einer Banane um die rheinisch-bergische Kreisstadt Bergisch Gladbach herumzog (daher auch der frühere Name „Bananen“-Wahlkreis), bevor 2005 Rösrath mit Bergisch Gladbach zum Wahlkreis 21 zusammengefasst wurde. Geprägt ist der Wahlkreis 22 von einer großen Spanne zwischen sehr städtischen Teilen und sehr ländlichen Regionen mit allen Konsequenzen in den Bereichen Arbeiten, Wohnen und Mobilität.

Während die einen wie Leichlingen oder Overath sehr schnell an die Großstädte Köln oder Leverkusen angebunden sind oder wie Wermelskirchen ein sich weitgehend selbst genügendes Zentrum innerhalb des Kreisgebiets bilden, sind Teile der Gemeinden Kürten und Odenthal eher sparsam mit öffentlichen Verkehrsverbindungen versorgt.

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Zugleich haben gerade diese Regionen allerdings auch eine reizvolle Natur und Landschaft, mit denen sie punkten können. Und ganz einzigartige Infrastruktur wie die Große Dhünn-Talsperre zwischen Kürten, Odenthal und Wermelskirchen aus der täglich rund eine Million Menschen mit Trinkwasser versorgt werden. Entsprechend sind Verkehr, Natur- und Landschaftsschutz ebenso wichtige Themen in der Region wie Bildung und Digitalisierung. (wg)

Soziale Themen im Blick: Sebastian Lemmer (SPD)

Sebastian Lemmer ist ein erfolgreicher Wahlkämpfer. Bei der Kommunalwahl 2020 trat der Leichlinger erstmals als Direktkandidat in seiner Heimatkommune an, und mit fast 40 Prozent holte er unangefochten das Mandat. Jetzt kandidiert er für die SPD im Landtags-Wahlkreis 22, und neben Leichlingen steht Lemmer auf dem Stimmzettel in Burscheid, Wermelskirchen, Odenthal, Overath und Kürten. In Leichlingen führt Lemmer seit langem ein Cateringunternehmen, unter anderem ist er wegen seiner Kreation „Leichlinger Bratapfel“ bekannt.

Dass der Selbstständige nun um ein Landtagsmandat kandidiert, hängt mit dem Rückzug aus gesundheitlichen Gründen der Kandidatin Heike Engels zusammen. Im Februar mussten die SPD-Mitglieder einen neuen Bewerber nominieren, und Lemmer erhielt ein einstimmiges Votum. Auf der Landesliste der Partei steht der Kandidat auf Platz 125 (von 129).

Schulen als Kernthema

In Leichlingen gilt Lemmer als zupackend und bürgernah. Neben seiner politischen Betätigung engagiert sich der 40-Jährige (verheiratet, drei Kinder) in der Schulpflegschaft einer Grundschule und fand auf diesem Weg Zugang zu sozialen Themen. Besser ausgestattete Schulen, sanierte Schulgebäude und mehr Lehrkräfte sind die Kernthemen, die Lemmer wichtig sind. Kleine Lerngruppen soll es geben und mehr Sonder- und Sozialpädagogen. Zu lange habe sich nichts getan beim Thema Schule, kritisiert Lemmer.

Angesichts der laufenden oder geplanten Schulsanierungen in den Wahlkreiskommunen Rösrath, Odenthal, Overath und Kürten ein Thema, das bei den Wählern sehr präsent ist. Bezahlbarer Wohnraum ist ein weiterer Schwerpunkt, den der Leichlinger setzt. Quartiersentwicklung und gute Verkehrsanbindungen nennt Lemmer als Ziele, die er angehen will. Für jedes Dorf im Bergischen könne er sich individuell Lösungen vorstellen. (cbt)

Für eine inklusive Gesellschaft: Jürgen Langenbucher (Grüne)

Zum dritten Mal in Folge tritt Jürgen Langenbucher aus Leichlingen-Witzhelden als Kandidat zur NRW-Landtagswahl an. Aktiv war der Diplom-Sozialpädagoge (56, geschieden) schon in der alten Heimat Stuttgart, wo er sich in der Jugendarbeit engagierte, aber mit dem Gemeinderat klappte das noch nicht so recht, weil er zwar in Stuttgart lebte, aber in der Schlafstadt Sindelfingen wohnte: „Damit war die Kommunalpolitik erst einmal erledigt.“

Mit dem Wechsel ins Rheinland der Liebe wegen wurde das anders: Seit 2009 ist er Ratsmitglied in Leichlingen, seit 2020 zudem Kreistagsmitglied, zwischendurch Vorstandssprecher der Kreispartei. Seine Chancen, es am 15. Mai in den Landtag zu schaffen, sind überschaubar: Gegen seinen Lokalrivalen Herbert Reul (den er „nicht zur Generation »Lösung des Problems«“, zählt sondern zur »Generation Problemursache«, dürfte er im Wahlkreis keine Chance haben, und auf der Liste steht er auf Platz 56. „Ab 27 Prozent wird es interessant“, sagt er schmunzelnd.

Kommunalfinanzen und inklusive Gesellschaft

Dabei hat der Politiker, der sich aktuell von seinem Arbeitgeber Landschaftsverband hat beurlauben lassen, um immer auf Ballhöhe zu sein, viele Themen, die ihm am Herzen liegen: Kommunalfinanzen, Teilhabe, inklusive Gesellschaft. Als lokales Problemthema, bei dem das Land mehr machen könnte nennt er den Pflegenotstand.

Mehr Ausbildung wirke erst nach Jahren, doch das Land könnte etwa einige Pflegekassen, über die es die Aufsicht führen, anweisen, Tariflöhne anzuerkennen. „Da kann das Land mit seiner Aufsichtsfunktion intervenieren.“ Dabei gehe es nicht nur um Löhne, sondern auch um verlässliche Dienstpläne, die nicht auf Kante genäht seien. (sb)

Klima, Bildung und Entschuldung: Mike Galow (Linke)

Gerechte Klimapolitik, Bildungsgerechtigkeit und die Entschuldung der Kommunen sind Bereiche, die Mike Galow auf Landesebene angehen möchte. Deswegen kandidiert er bei der Landtagswahl am 15. Mai im Wahlkreis 22 für die Linken. „Die Kommunen leiden an Unterfinanzierung. Es ist wichtig, dass sie mehr Geld bekommen. Das möchte ich umsetzen, wenn ich gewählt werde“, sagt der 47-Jährige. Von 2003 bis 2012 war er Mitglied in der SPD, aus der er austrat, weil sie sich am Irakkrieg beteiligte und das Arbeitslosengeld II verabschiedete.

2012 trat er den Piraten bei und engagierte sich dort in der Kommunalpolitik. „Vorher war ich Mitglied bei der SPD, aber ich bin nicht wirklich politisch aktiv geworden.“ Im Rahmen seines Engagements für die Piraten war er sachkundiger Bürger und Ratsmitglied für die Linken in Wermelskirchen. Deswegen trat er auch 2015 der Linken bei. „Die Partei ist eigentlich die einzige Möglichkeit. Der Friedensgedanke ist für mich die Voraussetzung, um mich in einer Partei zu engagieren. Da fallen alle anderen raus. Auch die Grünen“, erklärt er seine Entscheidung für die Linken.

Gegen Ungerechtigkeiten vorgehen

„Die Linke setze sich für Gerechtigkeit ein. Ungerechtigkeiten ärgern mich und ich möchte gegen sie vorgehen“, sagt der Bürokaufmann. Dazu gehöre auch der „konsequente Kampf gegen rechtes Gedankengut und den Faschismus, was ich als bekennender Antifaschist gerne unterstütze“, meint er. Außerdem beantworte die Partei als einzige soziale Fragen so, dass sie ihn zufriedenstellen. Für den Landtag kandidiert Mike Galow zum dritten Mal. Einen Platz auf der Reserveliste hat er nicht. (abr)

Heimische Baukultur und Familienhilfe: Carlo Clemens (AfD)

Schafft die AfD den Sprung in den Landtag, stehen die Chancen relativ günstig für Carlo Clemens. Dann wird der Bergisch Gladbacher voraussichtlich einer der AfD-Vertreter in Düsseldorf sein. Auf der Landesliste für den Wahlgang am 15. Mai steht der Gladbacher aussichtsreich auf Platz 8. Clemens darf sich also etwas ausrechnen.

In der AfD ist Clemens fest verankert, ehrenamtlich und beruflich. In der Kreisstadt vertritt Clemens seit der Kommunalwahl 2020 die AfD im Stadtrat. Auf Bundesebene amtiert der 33-Jährige seit einem Jahr als Bundesvorsitzender der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA), zuvor führte er vier Jahre in NRW als Vorsitzender die AfD-Jugendorganisation.

„Patriotischen und freiheitlichen Menschen eine Stimme geben“

Clemens ist Spitzenkandidat der „JA“ bei der Landtagswahl. Es sei ihm eine Ehre und Pflicht zugleich, „jungen, patriotischen und freiheitlichen Menschen im NRW-Parlament eine Stimme und ein Gesicht zu geben“, wirbt er um Stimmen. Clemens darf als Urgestein der AfD gelten, schon 2013 sowie von 2015 bis 2017 war er Beisitzer und Pressesprecher im AfD-Kreisverband Köln. Derzeit arbeitet Clemens als wissenschaftlicher Mitarbeiter eines AfD-Bundestagsabgeordneten.

Bei seinen Themen setzt Clemens bei der Erhaltung der regionalen Baukultur an, „Heimat.Bauen“ nennt er das von ihm aufgesetzte Thesenpapier. Jugend und Familie will er weiter fördern und unterstützen. Kinder sollen behütet aufwachsen, betont er. Weitere Themen, die Clemens nennt, sind der Erhalt der heimischen Kulturlandschaften und Artenschutz. Bei den Medien setzt Clemens auf „eine vitale Gegenkultur zum Mainstream“. (cbt)

Vertrauen schaffen in die Politik: Simon Pugnaghi  (Volt)

  Es ist die Vision von einem demokratischeren und transparenten Europa, die er unterstützt. Es ist der Klima- und Naturschutz, für den er sich aktiv engagiert. Vereint findet Simon Pugnaghi diese Ziele bei der europaweiten Partei Volt. Der 27-jährige Softwareentwickler aus Leichlingen kandidiert nun erstmals für Volt für den Landtag. „Der Klima- und Naturschutz kommt in Deutschland nur träge voran. Das muss sich ändern“, fordert Pugnaghi. Beispielsweise unterstützt der 27-Jährige die Abstandsregelung für Windkrafträder zu verringern. Fördern will er die Produktion von Solar- und Windkraftanlagen innerhalb Deutschland und der EU durch staatliche Aufträge. Das stärke die Betriebe in der Region.

Wenn die Umweltpolitik nicht verstärkt werde, ginge das auf Kosten nachfolgender Generationen. „Mein Leben und das Leben vieler Freunde und Bekannter meiner Generation ist von Enttäuschungen in die Politik geprägt. Das hat das Vertrauen in die Politik gestört“, stellt Pugnaghi fest. Er trete deshalb dafür ein „die Landespolitik nachhaltig zum Besseren zu verändern“. Über einen Listenplatz ist er nicht abgesichert.

Fachmann für Entwicklung individueller Firmensoftware

Den Rheinisch-Bergischen Kreis sieht der Volt-Kandidat als Vorreiter im Bereich der Pflanzenkohle. „Zusätzlich können die Integration von Agrophotovoltaik und die Produktion von Eigenenergie durch Photovoltaik oder Solarthermie für gewerbliche und städtische Gebäude unseren Energiemix erneuerbarer machen“, sagt Pugnaghi. Selbst ein Fachmann für die Entwicklung individueller Firmensoftware, tritt der Leichlinger ebenso für die Digitalisierung ein. (dr)

Als Minister durchgegriffen: Herbert Reul (CDU)

Ob Bekämpfung von Kinderpornografie oder Clankriminalität, eine technische erheblich bessere Ausstattung der Polizei oder seine klare Kante gegen „Gefährder“ – als NRW-Innenminister hat sich der Leichlinger Herbert Reul (69) einen Namen gemacht. Dabei ahnte bei der vergangenen Landtagswahl sogar er selbst noch nicht, dass er in Düsseldorf das Innenministerium leiten würde. 2017 war Reul noch profilierter Abgeordneter im Europaparlament, als ihn nach dem Wahlsieg von CDU und FDP bei der NRW-Landtagswahl Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in sein Kabinett berief.

Mit großem Engagement war der Studienrat, der von 1985 bis 2004 Mitglied des NRW-Landtags war und von 1991 bis 2003 Generalsekretär der CDU in NRW, im Jahr 2004 ins Europaparlament gewählt worden, wo er bald zum Vorsitzenden des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie avancierte und ab 2012 Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament war – bis ihn Laschet als Innenminister nach Düsseldorf holte – und zu großen Herausforderungen.

Themen angehen, Klartext sprechen

Ob Clankriminalität, Missbrauchsskandal von Lügde oder eine dringend nötige Ausrüstungsoffensive bei der Polizei – Reul ging die Themen frontal an und sprach Klartext. Das brachte ihm bisweilen Kritik, aber auch breite Anerkennung in der Bevölkerung ein. Und: Der Vater von drei erwachsenen Kindern möchte gerne weitermachen in Düsseldorf. Diesmal mit einem Landtagsmandat im Rücken.

Dabei wollte er nicht allein über die Landesliste seiner Partei kandidieren, auf der er auf Listenplatz vier rangiert. So bewarb sich Reul parteiintern als Direktkandidat in seinem Wahlkreis und setzte sich bei der Nominierung durch die CDU-Mitglieder deutlich auch gegen den damaligen CDU-Kreisparteichef Uwe Pakendorf durch. Herbert Reul gilt als wichtiges Zugpferd im NRW-Wahlkampf. (wg)

Politik soll handfest sein: Marco Frommenkord (FDP)

Politisch interessiert war Marco Frommenkord schon immer. Dass er aktiv wurde und nun im im Wahlkreis 22 mit Leichlingen, Burscheid, Wermelskirchen, Kürten, Overath und Odenthal für den Landtag kandidiert, hat Frommenkord ein wenig seiner Frau zu verdanken, die bei einem FDP-Vorsitzenden zur Miete wohnte. Dadurch wurde bei Frommenkord das Interesse an der politischen Arbeit geweckt. Als Jura-Student machte er ein Praktikum bei Christian Lindner und arbeitete für ihn als persönlicher Assistent.

In Wermelskirchen engagierte sich Frommenkord zunächst als sachkundiger Bürger, wurde stellvertretender Ortsvorsitzender, Bürgermeisterkandidat, stellvertretender Kreistagsabgeordneter und schließlich Fraktionsvorsitzender. Der 41-Jährige, als Selbstständiger tätig im Online-Bereich für kleine und mittelständische Unternehmen, will für eine handfeste Politik stehen, die Ergebnisse erzielt.

Bildung, Teilhabe, Entlastung der Bürger und Bürgerinnen

Seine Schwerpunktthemen sind Bildung und lebenslanges Lernen als Fundament für Teilhabe, aber er setzt sich auch für eine Entlastung der Bürger von Straßenausbaubeiträgen ein – dafür müsse ein Fonds eingerichtet werden, findet Frommenkord – und will sich sowohl um Mobilität als auch um das große Thema Motorradlärm im Nordkreis kümmern, dafür müssten Lösungen gefunden werden.

Frommenkord, der mit Frau, Kind und Hund in Wermelskirchen lebt, hat auch das Projekt „Rock it 1“ gegründet, bei dem Auszubildende an Schulen und außerschulischen Lernorten Digitalisierung vermitteln. Dieses Projekt liegt ihm sehr am Herzen. Große Chancen auf einen Einzug in den Landtag rechnet sich Frommenkord nicht aus, er steht auf Listenplatz 91. (jer)

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