Mehr Ampeln für Autos?So sollen Busse in Rhein-Berg nicht mehr im Stau feststecken

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Busbuchten sind bisweilen Fallen für Busse, aus denen sie nur langsam wieder herauskommen.

Busbuchten sind bisweilen Fallen für Busse, aus denen sie nur langsam wieder herauskommen.

Rhein-Berg – Die Situation ist ebenso häufig wie ärgerlich: Ein Bus will von einer Haltestelle losfahren, kann aber nicht, weil sich der Verkehr auf der Straße schon staut und ihn die dort Stehenden, selbst wenn sie wollten, nicht einscheren lassen können. Die Folge: Mit jedem Stopp im Stau wird der Bus noch langsamer. Keine gute Performance, um mehr Menschen zum Umsteigen vom eigenen Auto auf den ÖPNV zu überzeugen.

Das ist auch Kreispolitik und -Verwaltung bewusst, die für den Busverkehr im Kreis zuständig sind und nun ein Konzept haben erarbeiten lassen, das den Busverkehr intelligent beschleunigen soll. Und dabei sind keineswegs immer Busspuren nötig, die vielerorts schon aus Platzgründen gar nicht eingerichtet werden können. Ein Überblick über die Problemanalyse des beauftragten Ingenieurbüros „plan:mobil“ – und die vorgeschlagenen Veränderungen:

Wo es hakt beim Busverkehr in Rhein-Berg

Problemfälle und Spitzenreiter

12,5 Kilometer pro Stunde „schnell“ ist die langsamste Busverbindung im Kreis, die Linie 455 vom Gladbacher S-Bahnhof durch Bensberg nach Herkenrath. Problematisch ist vor allem die oft verstopfte Verbindung zwischen Stadtmitte und Bensberg, die auch die Linie 400 ausbremst, sowie die Pendlerstrecke nach Herkenrath.

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34,1 Kilometer pro Stunde ist zum Vergleich schon die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit einer Buslinie im Kreis. Die erreicht die Linie 420 zwischen Bensberg und Overath. So schnell ist nicht mal der „Schnellbus“ SB 40, der den Kölner Hauptbahnhof mit Bensberg verbindet (Durchschnittsgeschwindigkeit 33,3). (wg)

Die gestörtesten Buslinien

Als „besonders auffällige“ Buslinien bewerten die Gutachter folgende Linien:

Linie 451 (Gladbacher S-Bahnhof – Refrath) mit einer Pünktlichkeitsquote von nur 56 Prozent und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 18,1 km/h; Gründe sind vor allem die oft verstopfte Dolmanstraße und Verkehrschaos in Gronau und Stadtmitte.

SB 40 (Köln Hbf – Bensberg), Pünktlichkeitsquote von unter 70 Prozent; Gründe sind vor allem die Fahrten in Hauptverkehrszeiten von und nach Köln, teils auch auf der A4.

Linie 434 (Gladbach S-Bahn – Odenthal – Schildgen – Köln) mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 16,1 km/h; Probleme entstehen in der Gladbacher Stadtmitte auf der Odenthaler Straße und in Schildgen.

Linie 260 (Remscheid – Wermelskirchen – Köln) mit Pünktlichkeitsquote von 58 Prozent und Durchschnittsgeschwindigkeit von 21,6 km/h. (wg)

Hier kommen Busse am schlechtesten durch

Besonders starke Engpässe oder Behinderungen für Busse ergeben sich laut Gutachten unter anderem an folgenden Stellen:

Bergisch Gladbach: problematische Zu- und Abfahrt von Busbahnhof an S-Bahnhof; Busbahnhof Bensberg ist „unterdimensioniert“ für künftig zunehmende ÖPNV-Leistung und hat laut Gutachter keine Erweiterungsmöglichkeit; „störungsanfällige“ Kreuzungen in Schildgen, Konflikte mit Radverkehr auf neuen Umweltspuren in Stadtmitte.

Kürten: Ortsmitte Bechen mit zu kleinem Verknüpfungspunkt für Buslinien, Staustrecken in Kürten-Spitze und B 506, Ampelkreuzung in Kürten-Mitte.

Odenthal: Kreisverkehr in Ortsmitte zeitweise überlastet, Staus auf Bergisch Gladbacher Straße und Altenberger-Dom-Straße.

Overath: Verzögerung an Ampel Propsteistraße/Hauptstraße und bei Ausfahrt aus Busbahnhof auf Hauptstraße.

Rösrath: Behinderungen durch parkende Autos Am Sommerberg und an der Bensberger Straße, „mangelhafte Anfahrbarkeit“ des Busbahnhofs Rösrath. Ampel an der Einmündung Gerottener Weg/ Hauptstraße. (wg)

Problem Geschwindigkeit: Wenn Stau auf einer Straße ist, fährt ein Bus nicht nur genauso langsam wie ein Auto, sondern wegen seiner Halts und der Probleme beim Wiedereinfädeln oft langsamer. Diese Nachteile sollen durch die verschiedenen Lösungsansätze kompensiert werden.

Problem Pünktlichkeit: Sobald Staus den Bus bremsen, kann er insbesondere zu Hauptverkehrszeiten den Fahrplan nicht einhalten. Das macht ihn für Nutzer unattraktiver. Auf einigen Linien haben die Verkehrsunternehmen daher schon die Fahrpläne „gestreckt“ und Verzögerungen eingeplant. Dadurch sind die Linien aber schon vom Fahrplan her langsamer und somit unattraktiver bei der Entscheidung, vom Auto auf den Bus umzusteigen.

Lösungsansatz Busspur: Oft am besten beschleunigen lassen sich Busse, wenn sie auf einer eigenen Spur an möglichen Staus vorbeifahrenkönnen. Allerdings muss am Ende der Busspur, beispielsweise an einer Ampel mit Vorrangschaltung für den Bus, gewährleistet sein, dass sich der Bus wieder in den Verkehr einfädeln kann. Zudem reicht vielerorts der Straßenraum nicht aus, um eine eigene Busspur einzurichten.

Lösungsansatz „Pulkführer“: Wo keine separate Busspur möglich ist, sollte der Bus laut Gutachter zum „Pulkführer“ werden. Das heißt an Haltestellen soll er die Möglichkeit bekommen, als Erster wieder loszufahren, selbst wenn sich der Verkehr auf der Straße gerade staut. Ermöglichen könnten das laut Gutachter Ampeln, die vor der Bus-Haltebucht installiert werden und auf Rot springen, sobald ein Bus in die Haltestelle einfährt. Dann kann er sich nach dem Halt wieder an die Spitze des „Pulks“ der anderen Verkehrsteilnehmer setzen.

Lösungsansatz Ampel: Auf einigen Strecken gibt es sie auch in Bergisch Gladbach bereits, die Vorrangschaltungen für Busse an Ampeln. Sobald sich ein Bus der Ampel nähert, wird diese so ferngesteuert, dass der Bus auf seinem Weg über die Kreuzung freie Fahrt hat. Häufig befinden sich Bushaltestellen auch an Kreuzungen und unmittelbar vor Ampeln. Dort können eigene Ampelsignale für Busse eingerichtet werden, die es diesen ermöglichen, bereits vor den wartenden Autos die Kreuzung zu überqueren. Solche Schaltungen gibt es in Gladbach bereits ebenso wie in Rösrath oder Overath. Gegebenenfalls werden dazu auch die Haltelinien für die übrigen Verkehrsteilnehmer zurückverlegt, damit der Bus auf die Kreuzung fahren kann.

Lösungsansatz Vorrang: Insbesondere an Kreuzungen, an denen eine Buslinie nach links abbiegen muss, ist laut Gutachter auch eine Veränderung der Vorfahrtregelung zu erwägen. So könnte beispielsweise eine abknickende Vorfahrtsregelung eingerichtet wären.

Auch durchgängige Vorfahrtsregelungen in Tempo-20-Zonen, wo sonst stets „rechts vor links“ gilt, können den Busverkehr beschleunigen.

Lösungsansatz Kreisverkehr: Auch ein Kreisverkehr kann den Verkehrsfluss an einer vormaligen Ampelkreuzung verbessern. Wichtig ist es dabei aber laut Gutachter, dass auch Gelenkbusse den Kreisel gut passieren können. Gegebenenfalls sind dafür bei kleineren Kreisverkehren busfreundliche überfahrbare Kreisverkehrsrondells zu errichten.

Lösungsansatz Abfangregelung: Muss ein Bus von einer Seiten- auf eine Hauptverkehrsstraße einbiegen, bietet sich gegebenenfalls die Einrichtung von Lichtzeichen an, die bei Bedarf den Verkehr auf der Hauptverkehrsstraße vor der Einmündung stoppen. Solche Anlagen gibt es vor Feuerwachen bereits ebenso wie etwa an der Ausfahrt des Overather Busbahnhofs auf die dortige Hauptstraße.

Lösungsansatz Parkverbot: Um zu häufiges Abbremsen und Wieder-Anfahren von Bussen zu vermeiden, könnte die Einrichtung von Parkverboten an Straßen sinnvoll sein, wenn man Busse beschleunigen möchte. Allerdings könnte das auch den übrigen Verkehr beschleunigen.

Lösungsansatz Buskap: Anstelle von Busbuchten sollen erhöhte Busbahnsteige direkt an der Straße dafür sorgen, dass der Bus nicht aus dem Verkehr aus- und wieder einscheren muss. Der übrige Verkehr wartet dann hinter dem haltenden Bus.

Weiteres Vorgehen: Das Gutachterbüro hat für alle Städte und Gemeinden im Kreis konkrete Vorschläge für die Beschleunigung des Busverkehrs erarbeitet, die zusammen mit den Defizitanalysen den Städten und Gemeinden und dem Landesbetrieb Straßen NRW zur Verfügung gestellt werden.

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Bei der möglichen Beantragung von Fördermitteln will der Kreis die Kommunen bei Bedarf ebenso unterstützen wie bei weiteren Hilfen. Die Projekte zur Busbeschleunigung – so auch die einhellige Meinung der Kreispolitiker bei der Vorstellung – sollen gemeinschaftlich mit Verkehrsunternehmen, Kommunen und den weiteren Straßenbaulast-trägern angegangen werden. Bei Planungskonflikten sollen Verbesserungen für den Busverkehr Priorität haben.

Die konkreten vorgeschlagenen Maßnahmen zur Busbeschleunigung in einzelnen Orten werden in dieser Zeitung über den Sommer in loser Folge vorgestellt werden.

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