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Es wird knappNeue Erddeponien sind nötig, aber schwer zu realisieren

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Wie am Fließband: Ein Laster nach dem anderen fährt zum Grund des ehemaligen Steinbruchs in Büschhof hinab, um seine Fracht abzuladen.

Wie am Fließband: Ein Laster nach dem anderen fährt zum Grund des ehemaligen Steinbruchs in Büschhof hinab, um seine Fracht abzuladen.

Oberberg – Erde zu Erde – das funktioniert nur auf Friedhöfen leicht. Geht es aber darum, Tausende von Kubikmetern Erdreich abzulagern, sind die Schwierigkeiten für Bauherren und Bauunternehmer groß. Der Deponieraum wird immer knapper, Vorgaben und Auflagen werden immer strenger und der Weg zur Ablagerung immer weiter.

Drei Erddeponien fahren Oberbergs Baufirmen derzeit an: Großenscheidt in Hückeswagen, Lüderich in Overath und den Steinbruch in Nümbrecht-Büschhof. Dort beträgt das Füllvolumen im Rahmen einer Steinbruch-Renaturierung rund eine Million Kubikmeter, ohne Lieferbeschränkung soll das bis 2030 reichen. Großenscheidt kann noch 430 000 Kubikmeter aufnehmen, 2032 soll hier Schluss sein. In Lüderich läuft das Abkippen der letzten 200 000 Kubikmeter, bereits 2019 ist hier Feierabend.

In der Kreismitte fehlt derzeit noch eine Deponie, nachdem die unterhalb der Aggertalsperrenmauer Ende vergangenen Jahres geschlossen wurde. Mehr als 25 Jahre lang wurde hier Erdreich in einem alten Steinbruch abgekippt und aufgetürmt. Die Belästigungen für die Anwohner entlang der Zufahrt waren groß, die Beschwerden auch. So groß, dass die tägliche Annahme auf 80 Wagenladungen begrenzt wurde. Dichtgemacht wurden in den vergangenen Jahren auch die Standorte in Marienheide-Gogarten und Reichshof-Erdingen.

„Die Lage ist sehr angespannt“

Neue Erddeponien zu eröffnen, ist ein schwieriges Geschäft. 40 Standorte hat die Umweltbehörde der Kreisverwaltung vergeblich geprüft, ehe sie endlich in Gummersbach-Flaberg fündig wurde. Im Herbst soll mit dem Abkippen dort begonnen werden. „Die Lage ist sehr angespannt“, sagt Jürgen Konrad, Abteilungsleiter für betrieblichen Umweltschutz bei der Kreisverwaltung.

Die Umweltauflagen für Erddeponien sind streng. Natur- und Landschaftsschutz, Wasserschutz und andere gesetzliche Vorgaben, aufwendige Planverfahren – das alles kostet Zeit und Geld. Genau wie die Kontrollen: Jede Fuhre muss überprüft werden, ob wirklich nur Erdreich angeliefert wird. Schon Baumwurzeln genügen, damit die Anlieferung in eine andere Deponiekategorie eingruppiert und auf eine andere Kippe gebracht werden muss.

Früher war alles anders. „Da hatte praktisch jede Baufirma ihre eigene Erddeponie“, erinnert sich Horst Klapp, Chef des gleichnamigen Tiefbauunternehmens in Gummersbach, fast mit ein wenig Wehmut in der Stimme. Heute sind seine Fahrer oft stundenlang unterwegs, um eine Fuhre Bodenaushub loszuwerden: „Drei, vier Fuhren am Tag, mehr sind dann nicht drin.“ An die Ökobilanz und die Belastungen für Straßen und Brücken wollen die Tiefbauer dabei gar nicht erst denken.

Unter 30 Euro pro Kubikmeter geht nichts

Und teuer ist es obendrein. Den Keller eines simplen Einfamilienhauses ausschachten – 500 Kubikmeter Erde aufladen und abfahren: 20 000 Euro können da für den Auftraggeber rasch zusammenkommen. „Unter 30 Euro pro Kubikmeter geht praktisch nichts mehr. Das ist mit ein Grund, warum viele Leute heute ohne Keller bauen“, sagt Klapp. Ziel eines jeden Bauherren ist es, den Erdaushub auf ein Minimum zu begrenzen und das Erdreich nach Möglichkeit auf dem Grundstück selbst wieder einzubauen oder es auf einer anderen Baustelle der Baufirma einbauen zu lassen. Insofern ist der tatsächliche Bedarf an jährlichen Ablagerkapazitäten kaum exakt zu ermitteln.

Um Ordnung in die Erddeponie-Landschaft zu bringen, vor allem aber, um rechtzeitig neue Lagermöglichkeiten zu finden, wurde 2000 die Bergische Erddeponiebetriebe GmbH (BEB) gegründet. 51 Prozent daran halten die beiden Kreise Oberberg und Rhein-Berg über ihre gemeinsame Mülltochter Avea, zu 49 Prozent sind ein knappes Dutzend heimischer Tiefbauunternehmer daran beteiligt. Die Geschäftsführung teilen sich Kiehl von der Avea und Lars Klapp, Juniorchef des Gummersbacher Tiefbauers.

350 000 Kubikmeter Erdreich sollen in Flaberg abgekippt werden können. 300 000 Euro waren notwendig, um die Deponie an den Start zu bekommen, sagt Axel Kiehl. 30 Laster pro Tag sind zugelassen, damit wird das Füllvolumen für acht bis neun Jahre reichen. Das ist nicht sehr lang, aber immerhin gibt es zunächst wieder eine Erddeponie in der Kreismitte. Ganz aktuell konnte auch die Eremitage in Lindlar unter Dach und Fach gebracht werden. Hier soll ab Mitte 2019 das Verfüllen beginnen.

Insgesamt schätzt BEB-Chef Kiehl den Jahresbedarf an Erddeponieraum in Oberberg auf 100 000 Kubikmeter. Wie schnell die Kapazitäten ausgeschöpft sein können, zeigt der Vergleich mit Oberbergs größter Straßenbaustelle. Allein bei der Verlegung der L 321 in Bielstein werden 25 000 Kubikmeter Erdreich bewegt.

5000 neue Wohnungen wird Oberberg in den nächsten fünf Jahren noch brauchen, hat ein Gutachten über den Immobilienmarkt festgestellt. Da gibt es jede Menge Erdreich abzubaggern und abzulagern.

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