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Vorwürfe gegen Verband und GesundheitsamtArzneimittelrückstände in der Agger gefunden

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Der BUND hat Gewässer auf multiresistente Keime hin untersuchen lassen. Paul Kröfges nahm auch Proben aus der Agger.

Der BUND hat Gewässer auf multiresistente Keime hin untersuchen lassen. Paul Kröfges nahm auch Proben aus der Agger.

Gummersbach/Engelskirchen – Blutdrucksenker, Antibiotika, Schmerzmittel, Mittel gegen Anfallsleiden – 21 Arzneimittel-Wirkstoffe hat ein Labor in einer Wasserprobe identifiziert, die der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) aus dem Wasser der Agger gezogen hat. Die Proben seien im März und im April aus dem Agger-Zulauf der Kläranlage in Engelskirchen-Ehreshoven und 120 Meter aggerabwärts aus dem Fluss selbst gezogen worden, teilt der BUND mit.

Wasserqualität der Agger „besorgniserregend“

In einer Pressemitteilung und einem Offenen Brief an Aggerverbands-Vorstand Prof. Lothar Scheuer, die beide gestern verbreitet wurden, kritisiert der BUND den Aggerverband, den Oberbergischen Kreis, das Kreisgesundheitsamt und Scheuer persönlich scharf.

Bereits im vergangenen September sei das Aggerwasser an gleicher Stelle durch die Ruhr-Universität Bochum untersucht worden. Die Ergebnisse hätten sowohl die Wissenschaftler als auch der BUND als besorgniserregend eingeschätzt. So seien schon damals Bakterien mit Resistenzen gegen elf von zwölf getesteten Antibiotika festgestellt worden.

Schwere Vorwürfe gegen Aggerverband

Paul Kröfges, der für den BUND unter anderem in der Aggerverbandsversammlung sitzt, erhebt jetzt den Vorwurf der Untätigkeit: Scheuer habe seinerzeit „jeden aktuellen Handlungsbedarf“ zurückgewiesen. Stattdessen habe er auf Ergebnisse anderer Untersuchungen, etwa des Landes NRW, warten wollen, obwohl der BUND gefordert hatte, die Ergebnisse mit weiteren Untersuchungen zu überprüfen und den Ursachen auf den Grund zu gehen.

Jetzt fordert der BUND unter anderem, „in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt ein zielgerichtetes Untersuchungsprogramm aufzulegen, um die Eintragspfade von Arzneiwirkstoffen und antibiotikaresistenten Bakterien in die Agger aufzuklären, zum Beispiel den Einfluss der an die Kläranlage angeschlossenen Kliniken“.

Aggerverband werden „mögliche strafbare Versäumnisse“ zur Last gelegt

Zudem schlägt der BUND unter anderem eine Machbarkeitsstudie zur Verbesserung der Situation vor – inklusive der Überprüfung einer möglichen dezentralen Behandlung des Klinikabwassers – und eine Pilotstudie zu geeigneten Maßnahmen in der Kläranlage Ehreshoven.

Auf angekündigte Untersuchungen für ganz NRW zu warten, halte Kröfges hingegen für „unverantwortlich“. Er verweist hingegen sogar auf das Bundesinfektionsschutzgesetz und bringt „mögliche strafbare Versäumnisse“ ins Spiel.

Verantwortliche reagieren gelassen

Der Aggerverband reagierte gestern gelassen auf die Kritik. „Wir nehmen alle Untersuchungen zur Wasserqualität unserer Gewässer ernst – auch die Erkenntnisse, die Herr Kröfges jetzt gewonnen hat“, sagte Prof. Scheuer auf Anfrage.

Der Aggerverband selbst untersuche schon seit einigen Jahren die Spurenstoffe in seinen Gewässern und die sich daraus ergebenden möglichen Konsequenzen für die Abwasserreinigung. „Auf der anderen Seite wissen wir auch, dass unsere Kläranlagen alle gesetzlichen Anforderungen erfüllen“, so Scheuer.

Kläranlagen entsprechen den gesetzlichen Anforderungen 

Dabei gebe es für den Aggerverband sogar besonders scharfe Regelungen, weil seine Kläranlagen fast überall an kleinen Gewässern lägen. Die Reinigungsleistungen der Kläranlagen des Aggerverbandes lägen weit über den Mindestanforderungen.

Zudem, so Scheuer, habe gerade ein zweijähriger Expertendialog ergeben, dass eine sogenannte vierte Reinigungsstufe, mit der man diese Spurenstoffe beseitigen könne, nicht benötigt werde. „Belastbare Erkenntnisse zur Schädlichkeit der Arzneimittelrückstände und konkrete Umsetzungsempfehlungen sind aus diesem Dialog nicht entstanden“, heißt es dazu in einer Mitteilung des Aggerverbandes. 

„Wir gehen nach der Abschlussveranstaltung davon aus, dass wir im Bergischen außer im Ausnahmefall nicht damit rechnen müssen, dass eine zusätzliche Anforderung kommen wird“, sagt Scheuer. Für etwaige weitergehende Forschungsarbeiten oder Pilotprojekte, so Scheuer, verfüge der Verband weder über die notwendigen personellen noch finanziellen Kapazitäten.

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