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„Archäologietour“Schutzwall in Odenthal stammt aus der Bronzezeit

Lesezeit 4 Minuten
So könnte die Befestigung mit ihren fünf Wällen und Gräben auf dem Geländesporn ausgesehen haben.

So könnte die Befestigung mit ihren fünf Wällen und Gräben auf dem Geländesporn ausgesehen haben.

Odenthal – Was unter der Erde des Geländesporns verborgen ist, war lange ein Rätsel. Von der als ehemalige „Burg Erberich“ bekannten Befestigung auf dem Geländesporn hoch über dem Dhünntal zwischen Odenthal und Altenberg war kaum mehr zu sehen als ein paar Erdwälle und Gräben. Was Archäologen der Overather Außenstelle des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege jetzt allerdings bei einer Grabung zutage förderten und datieren ließen, lässt selbst eingefleischte Kenner des Bodendenkmals staunen.

„Absolut fantastisch: Wir haben es hier mit der ersten spätbronzezeitliche Abschnittsbefestigung im Rheinland zu tun. Die älteste Anlage dieser Art – die nächste liegt im Westerwald“, sagt Dr. Erich Claßen, Leiter der Overather Bodendenkmalpflege-Außenstelle. Dabei habe man bislang angenommen, dass es sich bei der „Alten Burg Erberich“ um eine mittelalterliche Befestigung handele.

2000 Jahre älter als gedacht

Weit gefehlt. Statt rund 1000 Jahre dürfte die Befestigungsanlage rund 3000 Jahre alt sein und nicht im Mittelalter, sondern bereits in der späten Bronzezeit (1200 bis 800 vor Christus) angelegt worden sein.

Auf die Spur gekommen sind die Archäologen dieser Erkenntnis, als sie im Rahmen der ersten „Archäologietour“ im Rheinisch-Bergischen Kreis eine Grabung an den erhaltenen Erdwällen anlegten, an der sie den Archäologietour-Besuchern die Arbeit von Archäologen zeigen wollten. Dabei fanden sie in der untersten Schicht mehrerer Wälle Holzkohle. Bevor der Wall aufgeschüttet wurde, hatten die Erbauer offenbar den Wald auf dem Geländesporn gerodet und kleineres Holz verbrannt, wie Archäologe Claßen erläutert: „So kommt die Holzkohle so tief in die Erde.“

In einem Labor in Florida ließen die Archäologen die Holzkohle mit Hilfe der Radiokarbonmethode datieren (siehe „Die Datierung“). Ergebnis: Das Holz, dessen verkohlten Rest die Archäologen im zweiten der insgesamt fünf Befestigungswälle fanden, wurde in der späten Bronzezeit um 1000 vor Christus verbrannt. Kurz danach wurde der Wall aufgeschüttet.

Wovor sich die Erbauer schützen wollten, können die Archäologen noch nicht sicher sagen. Fest steht aber, dass sie auch Gebäude im innersten Bereich der Befestigungsanlage errichteten, ganz vorne auf dem steil ins Dhünntal und zu zwei Seitentälern abfallenden Geländesporn. Entsprechende Pfostenlöcher dieser Holzbauten haben die Archäologen ebenfalls gefunden. Und nicht nur im Boden, sondern auch beim systematischen Absuchen des gesamten Geländes mit Metalldetektoren wurden Mitarbeiter der Bodendenkmalpflege fündig.

„Das hier ist ein Jochaufsatz aus Bronze, durch den die Zügel eines Zugtieres geführt wurden“, erklärt Claßen und zeigt ein etwa daumengroßes Metallstück. Gezogen haben die Pferde oder Rinder, an deren Joch es befestigt war, entweder landwirtschaftliche Geräte oder einen Wagen. Der Jochaufsatz stammt aus der späten Eisenzeit zwischen 200 und 50 vor Christus und lässt darauf schließen, dass die Befestigungsanlage auch in dieser Zeit, aus der auch die Wallanlage der Erdenburg bei Bergisch Gladbach-Moitzfeld stammen dürfte, weiter genutzt wurde. Und sogar erweitert wurde. Denn Holzkohlereste im äußersten Befestigungswall der Erbericher Anlage datieren ebenfalls aus der Eisenzeit.

Wie die komplette Befestigungsanlage einmal ausgesehen haben könnte, hat der Odenthaler Verein Landschaft und Geschichte (Lugev) in einer Zeichnung zu rekonstruieren versucht. Wozu die Befestigung genau gedient hat, wer in ihr gelebt oder Zuflucht gesucht hat – das gibt den Archäologen noch Fragen auf. Genug Stoff für weitere Forschungen rund um die „Alte Burg Erberich“.

Mit einer Legende konnten die Archäologen allerdings schon aufräumen: Einen Goldschatz, der einer alten Erzählung zufolge auf dem Gelände schlummern soll, gibt es nicht. „Den hätten wir mit den Detektoren gefunden“, sagt Claßen.

Ab 5. Februar sollen die Funde aus Odenthal, zu denen auch eine bereits 2012 entdeckte Knopfsichel aus der späten Bronzezeit zählt, im Landesmuseum Bonn in einer kleinen Ausstellung gezeigt werden.

Die Datierung

Das Alter von organischen Materialien wie Pflanzen oder Lebewesen lässt sich mit Hilfe der Radiokarbonmethode (auch „C14-Datierung“ genannt) bestimmen. Möglich ist dieses Verfahren, weil in abgestorbenen Organismen die Menge an radioaktiven Kohlenstoffatomen einer bestimmten Sorte nach einer immer gleichen Gesetzmäßigkeit abnimmt. Je nachdem, wie stark diese Kohlenstoffatome bereits abgebaut sind, lässt sich so auf den Zeitpunkt schließen, zu dem die Pflanze oder das Lebewesen abgestorben beziehungsweise verbrannt oder verendet ist. (wg)

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