1000 Eier verarbeitetFür Rievkooche-Kirmes sind im Dorf Holz viele Helfer aktiv

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Gut gelaunt ist das Bratteam mit Gabi Nieske, Patricia Büser, Melitta Fischer, Erika Meurer und Ulli Pfeiffer (v.l.) im Einsatz. 24 Bäckerinnen sind für die Kirmes für 40 Schichten eingeteilt.

Gut gelaunt ist das Bratteam mit Gabi Nieske, Patricia Büser, Melitta Fischer, Erika Meurer und Ulli Pfeiffer (v.l.) im Einsatz. 24 Bäckerinnen sind für die Kirmes für 40 Schichten eingeteilt.

Odenthal – Wer schält schon gern freiwillig Kartoffeln? Langweilige Küchenarbeit, die schon im Vorfeld Gähnen erzeugt. Doch im Dörfchen Holz, zwischen Glöbusch und Blecher in der Gemeinde Odenthal, drängen sich die Bewohner geradezu ums Kartoffelschälen. Jedenfalls in den Tagen vor der Rievkooche-Kirmes.

1500 Kilo Kartoffeln sind bei Familie von Sommerfeld angeliefert worden. Außerdem mehr als 1000 Eier und in großen Mengen andere Zutaten wie Zwiebeln. Die Reibekuchen werden frühestens am Freitag ab 18 Uhr bis einschließlich Montag im Marathon gebacken und verkauft. „Das Rezept verrate ich nicht, die Mischung ist unser Betriebsgeheimnis“, sagt Jörg von Sommerfeld knapp. Mit starken Armen mischt er in einer großen Wanne die durchgedrehten Kartoffeln mit den Zutaten – hochkonzentriert, da ist keine Zeit zum Plaudern.

Jörg von Sommerfeld bereitet den Reibekuchenteig in einer großen Wanne zu. Die Mischung ist ein Betriebsgeheimnis.

Jörg von Sommerfeld bereitet den Reibekuchenteig in einer großen Wanne zu. Die Mischung ist ein Betriebsgeheimnis.

Im großen Lagerraum sitzen am langen Tisch mehr als ein Dutzend Holzer mit Küchenmesserchen und Sparschälern, vor sich große Eimer mit Kartoffeln. Sie alle schälen und schälen. Eimerweise wird immer wieder Nachschub angeliefert. „Zu viert brauchen wir eine Viertelstunde pro Eimer“, sagt Helmut Schäfer, der auch zu Hause Kartoffeln schält. Draußen im Hof steht schon eine Schubkarre mit hochgetürmten Schalen. „Wir haben Routine, wir machen das schon seit über 40 Jahren.“ Auch Angela Lieb war schon als Kind dabei, wenn in Holz die Rievkooche vorbereitet wurden. „Ich hab eigentlich immer gern gespült“, sagt sie. Jetzt ist mit Tochter Katarina (9) schon die nächste Generation im Einsatz. „Ich mache das seit vielen Jahren“, sagt stolz das Kind, das mit geübtem Griff die Knollen schält. Bruder Emil (5) tritt bereits in ihre Fußstapfen.

Mitten im Lager steht eine große Kartoffelreibe, eine Industriemaschine, die enorme Mengen der frisch geschälten Erdfrüchte in feine, lange Fäden reibt. Mit großer weißer Schürze steht Christoph Schönberger bereit zum Einsatz, füllt eine der 13 Wannen in die Maschine, presst nach dem Reiben die feine gelbe Masse zusammen, schüttet das überflüssige Wasser ab, bevor er sie an von Sommerfeld weiterreicht. „Das muss alles schnell gehen, sonst werden die Kartoffeln braun“, erklärt er.

1500 Kilo Kartoffeln werden für die Rievkooche verarbeitet.

1500 Kilo Kartoffeln werden für die Rievkooche verarbeitet.

Denn „braun“ kommt später, wenn die fertige Masse in Eimern auf der Schubkarre rüber zum Kirmesplatz gebracht wird – zum Rievkooche-Braten. Auf dem kleinen Platz gegenüber vom „Cramerstuben“ steht der Backwagen schon parat für den Einsatz: Das Öl brutzelt in den vier Bratstellen, vier großen Wannen, in denen jeweils zwölf Reibekuchen gebacken werden können. Insgesamt 24 Bäckerinnen hat Chefin Melitta Fischer gefunden, die in den nächsten Tagen in 40 Schichten à vier Stunden braten. „Das ist viel Klinkenputzerei, und der eine oder andere muss ein paar Schichten mehr machen“, plaudert sie aus dem Nähkästchen.

Aber am Freitag kurz vor 18 Uhr hat sie ein gut eingespieltes Team am Werk: Gut portioniert geben Gabi Nieske und Ulli Pfeiffer eine Kelle Teig in das hochtemperierte Öl. Mächtig brutzeln die Teigstücke, bis sie eine schöne hellbraune Farbe haben. Und dann werden sie an das zweite Backteam übergeben, das die Reibekuchen in den Wannen mit etwas weniger Hitze schön weiterbrät, bis sie auch innen gar sind. „Portionieren und vorbacken, dann fertig backen und abtropfen lassen – das dauert fünf bis 15 Minuten, bis eine Runde fertig ist“, erzählt Patricia Büser. Und dann werden die fertigen Reibekuchen von Erika Meurer über die Theke gereicht. Sie trägt eine blütenweiße Rüschenschürze: „Das Auge isst mit.“ Drei Reibekuchen mit Apfelmus oder Apfelkraut kosten 4,50 Euro.

Goldbraun brutzeln die Rievkooche in mehreren Bratstellen.

Goldbraun brutzeln die Rievkooche in mehreren Bratstellen.

Schon vor 18 Uhr stehen die Leute Schlange, können es kaum erwarten, die knusperigen Reibekuchen mit dem saftigen Innenleben zu verkosten. Manche lassen sich gleich 20 Stück im Tupper-Döschen abpacken. Für zu Hause.

Ruth Sterzenbach aus Holz sitzt mit Ehemann und Freunden aus Köln voller Erwartung an einem der Biertische: „So was von lecker! Und das seit 40 Jahren. Ich war schon mit den Eltern auf der Rievkooche-Kirmes.“ Und am Abend sind alle auch beim Mitsingabend im Festzelt dabei. Es geht rund auf diesem kleinen Platz: Außer den köstlichen Reibekuchen gibt es ein Kinderkarussell, eine Schießbude, Bierausschank und am Montag das Schürreskarrenrennen. Erwartet werden wie jedes Jahr über 2000 Besucher. Das alles hat Tradition bei den Holzern.

Mehr als ein Dutzend Holzer Bürger schälen eimerweise die frischen Kartoffeln. Sie haben seit vielen Jahren Routine darin.

Mehr als ein Dutzend Holzer Bürger schälen eimerweise die frischen Kartoffeln. Sie haben seit vielen Jahren Routine darin.

Als Initiative „Holzköpp 1972“ haben sie die Kirmes ausgerichtet, seit einem Jahr sind sie ein eingetragener Verein mit 60 Mitgliedern. „Die ursprüngliche Dorfgemeinschaft hat sich zusammengetan, um mit den Reibekuchen und der Kirmes Geld für Wurfmaterial und Kostüme beim Karnevalszug zu erwirtschaften“, erklärt der Vorsitzende Otto Reintjes. „Wir gehen schon immer im Zug mit Wagen oder als Fußgruppe mit.“ Und nicht nur beim Zoch Glöbusch/Blecher, auch mit der Rievkooche-Kirmes werde das Brauchtum im Dorf gepflegt. „Hier treffen sich Jung und Alt – und es hat sich noch keiner blutig geschnitten beim Kartoffelschälen.“ Kein Wunder, schon die Jüngsten helfen tatkräftig mit.

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