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Bauernhof in Odenthal schließtMilchkühe verlassen Wiesen um Schloss Strauweiler

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In Menrath hatten die Kühe noch jeden Tag Ausgang. Bald werden die Wiesen leer sein, 50 Tiere wurden schon verkauft.

In Menrath hatten die Kühe noch jeden Tag Ausgang. Bald werden die Wiesen leer sein, 50 Tiere wurden schon verkauft.

Odenthal – Es wird leer auf den Wiesen in Menrath. Am Freitag kam der Transporter und damit für 50 schwarzbunte Kühe das Ende ihrer Zeit auf den  bergischen Weiden rund um Schloss Strauweiler. Ihre Milch werden die Tiere künftig in einem landwirtschaftlichen Betrieb in Belgien geben, dann allerdings hochmodern robotergesteuert vom Euter gezapft.

Während die Holsteiner Kühe tags zuvor noch friedlich grasten und nichts von der großen Veränderung in ihrem Leben ahnten, sind Johannes und Therese Simons seit Monaten noch stärker beschäftigt als es der übliche Tagesablauf in der Landwirtschaft ohnehin mit sich bringt. Denn sie wollen sich zur Ruhe setzen. Der Pachtvertrag für ihre 75 Hektar Weideland läuft Ende Oktober aus.

Johannes Simons hat mit 65 Jahren das Rentenalter erreicht und will auch aus gesundheitlichen Gründen kürzertreten. Tochter Melanie, die Diplom-Landwirtin ist, hat zwar  die berufliche Laufbahn des Vaters eingeschlagen, möchte aber den Hof nicht übernehmen. So müssen jetzt die Tiere und Gerätschaften verkauft, Haus, Ställe und Scheunen geleert werden. Damit endet eine Ära in Menrath.

Vom Hof führt eine Allee direkt zum Schloss

Seit 1962 ist der Hof an der Altenberger Dom-Straße im Besitz der Familie Simons. Sie kamen  vom Hahnenberg und hatten in Menrath Gelegenheit, Hof und Wiesen von der Familie zu  Sayn-Wittgenstein zu pachten. Diese ist nicht nur Verpächter, sondern auch direkter Nachbar. Vom Hof, der ursprünglich einer der ältesten Klosterhöfe war, führt eine idyllische Allee direkt zum Schloss.

„Für mich war das damals eine gute Entscheidung“, sagt Johannes Simons, der 1982 den Hof von seinen Eltern übernahm. „Hier konnte sich der Hof besser entwickeln.“ So wuchs die Herde der Milchkühe im Laufe der Zeit von 20 auf 90 Tiere an, und mit den Kühen wuchs auch das Pachtland. Denn in Menrath standen die Tiere nur in den Wintermonaten im Stall. Spätestens ab Mai grasten sie auf den Hofwiesen und waren stets Teil des malerischen Bildes, das der Hof immer abgab. 

Längst ist diese Art der Viehhaltung nicht mehr selbstverständlich. „Mehr als 90 Prozent der Kühe kommen nicht mehr raus“, schätzt Johannes Simons die allgemeine Situation in der Landwirtschaft ein. Denn die „Freilandhaltung“ ist arbeitsintensiv. Für Simons hat sich die Mühe trotzdem immer ausgezahlt. „Für die Kühe ist das besser und das spiegelt sich auch in der Leistung wider.“ 25 bis 30 Liter Milch gibt eine gute Kuh im Schnitt täglich, Spitzenleistungen liegen bei 50 Litern.

Keine gute Zeit zum Verkaufen

Die jüngsten und leistungsfähigsten Tiere wurden jetzt nach Belgien verkauft, obwohl dieses Jahr kein gutes für derartige Geschäfte ist. Die anhaltende Trockenheit hat das Futter knapp werden lassen und Zukäufe von Tieren sind daher eher die Ausnahme. Doch die Milchkühe sind das Kapital der Simons. 1500 Euro seien gängige Marktpreise für eine gute Milchkuh, sagt der Landwirt. Einige Tiere übernimmt ein Verwandter; die ältesten Tiere werden den Gang zum Schlachter antreten müssen.

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Keine leichte Zeit für Johannes Simons: „Als Kind mussten sie mich immer wegstecken, wenn Tiere abgeholt wurden“, sagt er und man ahnt, dass seine Gefühle heute nicht wesentlich andere sind. Zwar ist der Betrieb in den vergangenen Jahren so stark gewachsen, dass die Kühe längst keinen Namen, sondern nur noch Nummern haben, aber die Nähe ist geblieben. „Wenn ihnen die Tiere nicht egal sind, dann ist das ein sehr anstrengender Job“, sagt die Bäuerin.

Bürokratie in der EU

Jeden vierten Tag kalbte auf dem Hof eine Kuh. Dann war die Familie auch nachts im Stall, dennoch hieß es am Morgen wieder um fünf Uhr aufstehen. 72 Stundenwochen waren keine Seltenheit; freie Wochenenden und Urlaubsreisen eher ein Wunschtraum. „In 36 Jahren sind wir dreimal in Urlaub gefahren“, erinnert sich Therese Simons. Ihren Mann scheint das nicht weiter gestört zu haben. „Hier draußen zu sein ist für mich wie Urlaub“, sagt er und schaut auf seine Wiesen.

Die größte Arbeitsbelastung sei aber die von Jahr zu Jahr anwachsende Bürokratie gewesen. „Es ist unglaublich, was man alles dokumentieren muss“, sagt Therese Simons. Für Landwirtschaftskammer oder EU. Viele Höfe hätten daher schon längst aufgegeben. Nun  endet auch die Geschichte des Hof in Menrath als klassischer Milchbetrieb. Im Scherfbachtal haben sich die Simons ein neues Domizil gesucht. Ganz ohne Tiere, aber mit Traktor in der Scheune. Denn ohne Arbeit im Freien, das ahnt man, wird es bei Johannes Simons nicht gehen. Auch nicht im Ruhestand.

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