KunstOdenthaler Fotograf und Fotomodell Ravienne arbeiten mit Greifvögeln

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Zweimal durchdringender Blick: Auch dieses Foto entstand beim Shooting.

Zweimal durchdringender Blick: Auch dieses Foto entstand beim Shooting.

Odenthal – Maya, der malaysische Waldkauz, ist ziemlich tiefenentspannt. Weder der ungewöhnliche Kopfschmuck des Fotomodells neben ihm beeindruckt das Tier noch die Blitzlichter, die vor und hinter ihm immer wieder aufleuchten. Im Gegenteil, anscheinend höchst interessiert beäugt der Greifvogel zuerst das Blitzlicht vor ihm, um dann den Kopf mühelos auf den Rücken zu drehen, um zu schauen, was das Licht hinter ihm macht. Am Set in der Falknerei Bergisch Land in Solingen können sich Model Carolin, die unter dem Künstlernamen Ravienne Art bekannt ist, und Fotograf Cornel Krämer aus Odenthal ein Grinsen nicht verkneifen. Zu putzig sieht es aus, wenn der kleine Kauz den Kopf nahezu vollständig dreht.

„Die schaffen einen Winkel von 270 Grad“, erklärt Ramon Raddei, angehender Falkner und an diesem Tag der Betreuer der Tiere. Raddei kennt seine gefiederten Darsteller gut, weiß, welchem Vogel er die Arbeit vor der Kamera zumuten kann und welche er besser in ihren Volieren lässt. „Für mich ist es das erste Mal, dass ich mit Greifvögeln vor der Kamera stehe“, sagt Model Carolin. Sie agiert seit etlichen Jahren vor Kameras. Schlangen und Insekten hatte sie schon auf der Hand, Tiere insgesamt faszinieren sie. „Als Kind wollte ich Biologin werden, baute mir sogar mein eigenes Labor. Bis ich irgendwann realisierte, was in den Laboren geschieht“, erzählt sie.

Fotograf Krämer macht sich derweil auf die Suche nach dem optimalen Standort für die Aufnahmen. Er liegt in der Nähe der Lichtung, auf der normalerweise die Flugshows für die Besucher stattfinden, umrahmt von hohen Bäumen am Ende des Geländes. Licht bricht durch das dichte Blätterdach. „Ich wollte etwas Kraftvolles und zugleich Mystisches umsetzen“, beschreibt er seine Projektidee, die seine beiden Leidenschaften Fotografie und Greifvögel verbindet. „Ich liebe Raubvögel seit meiner Kindheit. Sie sind für mich ein Symbol der Stärke und Freiheit, obwohl dieser Eindruck in einer Falknerei relativiert werden muss. Das Shooting passt gut in mein Konzept, da die Outdoorfotografie in diesem Jahr mein Schwerpunkt ist.“

Model Carolin, die vor dem Shooting von ihm genau instruiert wurde, wie Make-up und Kleidung aussehen sollen, ist schon im Kostüm. Eine Korsage und ein schwingender Rock, beides in Schwarz, lassen ihre helle Haut und die fragile Statur noch deutlicher hervortreten. Je nachdem, ob Krämer das natürliche Licht oder die Blitzlichter einsetzt, wirken die Aufnahmen tatsächlich mal verträumt, fast poetisch, mal hart und kraftvoll.

Knackender Zweig lenkt den Blick

Nach einigen Bildern ohne Tiere bringt Falkner Raddei das erste geflügelte Modell: einen Mäusebussard. Nachdem der Vogel auf dem Lederhandschuh am Arm des Models Platz genommen hat, muss sich das Tier erst einmal an das Blitzlicht gewöhnen. Soll der Vogel in die Kamera schauen, bricht Falkner Raddei ein paar Zweige hinter dem Rücken des Fotografen. Sofort blicken die wachsamen Augen des Greifvogels in die Richtung, aus der das Knacken kommt. Auch der Waldkauz und eine andere Eule bleiben ziemlich gelassen, scheinen fast mit der Kamera zu spielen. Gar keine Lust aufs Posing hat hingegen ein Wüstenbussard, ein Tier mit braun-schwarz glänzendem Gefieder. Obwohl ein Lederband ihn am Handschuh des Models hält, breitet er seine Schwingen aus und will zielstrebig in Richtung seiner Voliere davonfliegen. Schnell übernimmt Raddei das aufgeregte Tier, hält ihm eine Maus zur Beruhigung hin. Das Shooting ist beendet.

Mit Fotoaufnahmen, aber auch mit Flugshows oder Seminaren wie „Falkner für einen Tag“ finanziert die Falknerei ihre Arbeit. „Wir züchten hier, betreiben dadurch Artenschutz. Außerdem sind 25 Tiere derzeit in Ausbildung“, erklärt Raddei. „Mit Zwang erreicht man bei den hochsensiblen Tieren nichts, es geht nur über das Futter, als Belohnung für gewünschte Verhalten“, ergänzt er.

Wie zum Beweis hüpft „Hope“, eine immerhin sechs Kilogramm schwere Riesenseeadlerdame, leichtfüßig auf seinen Arm und lässt sich füttern. Sie scheint sich wohlzufühlen, breitet ganz langsam die Schwingen aus und lässt sich bewundern. „Solange sie mir nicht mit ihrem großen Schnabel nach Seeadler-Art das Essen aus dem Mund nehmen möchte, ist alles gut“, sagt Raddei grinsend und hält seinem Liebling einen Leckerbissen mit der Hand hin.

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