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Prozess um Totschlag in OdenthalEhe von Täter und Opfer war seit längerem zerrüttet

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Prozess um Totschlag

Vor dem Haus in Odenthal-Blecher, in dem die Tat geschah, liegen kurz nach der Tat im Januar ein Plüschtier und eine Rose.

Odenthal/Köln – In der Beziehung zwischen dem Angeklagten und seiner Frau ging es um Eifersucht und um Sex. Der 38-Jährige drehte ein Video davon, wie er unter dem Balkon des gemeinsamen Reihenhauses im Ortsteil Blecher die Dessous und Sexspielzeuge seiner Ehefrau verbrannte. Zwei Tage danach, am 22. Januar 2018, schlug der Mitarbeiter des Kölner Ordnungsamtes seine 36-jährige Ehefrau mit dem Kopf auf den Boden und erwürgte sie, weil sie sich trennen wollte.

Wegen der verbrannten Dessous soll es am Tattag zu einem Streit zwischen den Eheleuten gekommen sein. So schilderte es der Angeklagte in seiner Erklärung zum Prozessauftakt vor einer Woche vor dem Landgericht Köln, die sein Anwalt Bernhard Scholz vorlas.

Der Angeklagte schweigt

Der Odenthaler gibt zwar zu, seine Frau getötet zu haben, beantwortet aber vorerst keine Fragen zum Tathergang. Deshalb muss nun die Vierte Große Strafkammer in den nächsten Wochen mit Hilfe von Zeugen klären, wie ein Ehestreit so eskalieren konnte, dass der Angeklagte seine Frau umbrachte.

Am nunmehr vierten Verhandlungstag des Totschlagsprozesses sagen Polizeibeamte der Mordkommission Köln aus. Mit Sprüchen wie „Nuttenfummel“ habe der Angeklagte die gefilmte Verbrennungsaktion der Sex-Utensilien begleitet, berichtet ein Beamter, der die Daten des Handys vom Angeklagten ausgewertet hat.

Kurz danach habe der 38-Jährige dann in einem Selfie seine Frau angefleht, ihn nicht zu verlassen. Dieses Hin und Her kennzeichne auch den Verlauf des WhatsApp-Chats seitens des Angeklagten. „Das liest sich wie ein Wechselbad der Gefühle“, schildert der Beamte seinen Eindruck.

Mal beschimpft der Angeklagte seine Frau, sie habe alles zerstört, bezeichnet sie „als Liebe und Enttäuschung seines Lebens“ und fordert als Ehemann das Recht ein, zu wissen, wo sie sei. Außerdem telefonierte er seiner Frau hinterher: „An manchen Tagen kamen seine Anrufe in einem Abstand von Minuten.“

Die Ehefrau habe sich in ihren Sprachnachrichten dagegen kurz gefasst und in wenigen Worten „Abstand und Loslassen“ gefordert, sagt der Beamte. Einmal beschuldigt die Verkäuferin ihren Mann, dass er ihre Autoreifen zerstochen habe.

In seiner Antwort per Whatsapp habe der Angeklagte dies vehement abgestritten. Erst in seinem Geständnis vor Gericht hat er zugegeben, den Wagen seiner Frau sabotiert zu haben. So habe er verhindern wollen, dass seine Frau zu ihrem neuen Freund fahre, gibt er als Begründung an.

Konkrete Bedrohungen habe der Beamte unter den Daten auf dem Telefon nicht gefunden, erzählt der Beamte dem Gericht. Nur eine Sprachnachricht von der Mutter des Angeklagten sei ihm besonders im Gedächtnis haften geblieben.

Mutter fleht den Sohn an

Darin habe die Mutter ihren Sohn inständig gebeten, „nicht durch Gewalt eine Familie zu zerstören. Sondern so, wie er es in der Aggressionstherapie gelernt habe, seine Wut nicht an Menschen, sondern an Dingen auszulassen.“

Auf der Festplatte des sichergestellten Computers habe sich nichts Auffälliges gefunden. Allerdings sind am Tattag Dateien gelöscht worden, sagt der Polizeibeamte: „Es wirkt so, als sollten alle Erinnerungen an das gemeinsame Leben gelöscht werden“.

Rechtsanwalt Klaus Hindelang, der Bruder und Mutter des Opfers als Nebenkläger vertritt, geht davon aus, dass es sich um Hunderte Dateien handele, die vernichtet wurden.

Die Polizeibeamtin, die nach der Tat das Erdgeschoss des Reihenhauses sicherte, fand dort „deutliche Kampfspuren“: „Die Scheibe der Wohnzimmertür war zerschlagen“, erinnert sich die Beamtin. Die Glassplitter hätten sich überall im Raum verteilt.

Auf dem Boden seien auch Blutspritzer gewesen – im Flur, in der Küche und im Wohnzimmer. Auffallend viele Blutstropfen habe es um den mitten im Zimmer liegenden, halb gepackten Koffer herum gegeben. Der Angeklagte hatte in seiner Einlassung behauptet, er selbst sei bei einem Gerangel mit seiner Frau durch die Glastür gefallen und habe sich dabei an der Hand verletzt. Danach sei der Streit eskaliert.

Laut Anklage hat der Odenthaler seine Frau mehrfach hart gegen den Kopf geschlagen. Er habe sein auf dem Boden liegendes Opfer mit Knien und Händen gewürgt, so dass sie später an Sauerstoffmangel im Krankenhaus starb. Das Landgericht hat Verhandlungstage bis zum 10. August angesetzt.

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