„Ohne eure Hilfe ginge es nicht“Mit einem Konvoi Overather Helfer in die Karpaten

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Tonnenweise Möbel, in Bananenkartons verpackte Kleidung und weitere Hilfsgüter hat der Konvoi dabei.

Tonnenweise Möbel, in Bananenkartons verpackte Kleidung und weitere Hilfsgüter hat der Konvoi dabei.

Overath/Sebeș – Niedrig sind die Kellerräume, in denen ältere Menschen in Betten teils in den Fluren liegen. Wärme spendet ein Kaminofen in der Ecke, es riecht streng. Eine Frau sitzt auf ihrer Bettkante und streicht über ein Nachthemd, das sie bekommen hat. Es stammt aus einer der früheren Lieferungen der Humanitären Hilfe Overath. Ebenso wie die höhenverstellbaren Pflegebetten.

Für die Ärmsten der Armen: Ohne die Pflegebetten, die die Humantäre Hilfe Overath in das Bergdorf in den Karpaten gebracht hat, hätte das private Altersheim kaum aufgebaut werden können.

Für die Ärmsten der Armen: Ohne die Pflegebetten, die die Humantäre Hilfe Overath in das Bergdorf in den Karpaten gebracht hat, hätte das private Altersheim kaum aufgebaut werden können.

„All diese Menschen hätten sonst gar keine Bleibe mehr“, sagt Oliver Sturza. „Wir haben hier kein Sozialsystem wie ihr in Deutschland.“ Der evangelische Pastor hat das Altersheim in seinem Haus selbst aufgebaut, neben zwei Waisenkindern, mittlerweile auch noch 21 Senioren unter seinem Dach aufgenommen. Ohne die Unterstützung aus den Hilfskonvois der Humanitären Hilfe Overath wäre das kaum möglich gewesen, sagt der junge Seelsorger in den rumänischen Bergen. „Unterstützung vom Staat bekommen wir hier nicht.“

Autor als ehrenamtlicher Helfer und Fahrer im Hilfskonvoi

Sieben Lastzüge, einen Möbelwagen und zwei Sprinter-Gespanne hat der 69. Hilfskonvoi der Humanitären Hilfe Overath ins rumänische Sebeș gebracht. Unser Autor Guido Wagner war als ehrenamtlicher Helfer und Fahrer mit im Einsatz.

Die Hilfe aus Deutschland hat er über seinen befreundete Pastor Victor Suteu aus der 80 Kilometer entfernten Stadt Sebeș bekommen.

Nach Folter durch den Geheimdienst das eigene Leben umgekrempelt

Suteu, der unter der Gewaltherrschaft des rumänischen Diktators Nicolae Ceaușescu vom Geheimdienst gefoltert wurde und nur knapp mit dem Leben davon kam, hat danach sein Leben umgekrempelt und ein Hilfsnetzwerk für die Ärmsten der Armen aufgebaut. Seit Jahren arbeitet er eng mit der Humanitären Hilfe Overath zusammen.

Unter Diktator Ceaușescu wurde er gefoltert: Pfarrer Victor Suteu (r.) im Gespräch mit Norbert Kuhl (M.) und Uli Gürster.

Unter Diktator Ceaușescu wurde er gefoltert: Pfarrer Victor Suteu (r.) im Gespräch mit Norbert Kuhl (M.) und Uli Gürster.

Der gemeinnützige Verein hat gerade einen weiteren Hilfskonvoi nach Rumänien gebracht. Auch darin sind wieder einige Hilfsgüter, die das private Altersheim dringend benötigt. „Kleidung, Windeln, aber auch neue Bettlaken und Bettdecken“, zählt Victor Suteu auf, nachdem er den Hilfstransporteuren aus Deutschland nach einer irrsinnig langen Tour in die Berge die Einrichtung seines Freundes gezeigt hat. Ein Besuch, der vielen nahe geht.

Zwei Tage Konvoi-Fahrt von Overath ins mehr als 1600 Kilometer entfernte Sebeș

Zwei Tage lang sind die 19 Hilfstransporteure ins mehr als 1600 Kilometer entfernte Sebeș unterwegs gewesen. Um Mitternacht haben sich die Ehrenamtler zum Frühstück getroffen, das Kerstin Engelke im Restaurant Stadtmitte ausgegeben hat – vom 16-jährigen Schüler Sammy Gerliz, der für die Tour in der Schule Sonderfrei bekommen hat, bis zum 81-jährigen Vorsitzenden der Humanitären Hilfe Overath, Norbert Kuhl.

Frühstück um Mitternacht in der Overather „Stadtmitte“.

Frühstück um Mitternacht in der Overather „Stadtmitte“.

Berufskraftfahrer wie Tobias Draßdo, Peter Mantler oder Sergej Gerliz sind ebenso unter den Helfern wie die Feuerwehrleute Stefan Malczewski und Ralf Lütz, Land- und Baumaschineningenieur Martin Dickmann, der Tiefbauexperte Wolfgang Leiter, die frühere Chefin vom Overather Dom-Hotel, Astrid Vogel, der Rettungsdienstmitarbeiter Jan Kolja Gerlinger oder der pensionierte Polizeibeamte Guido Maria Jansen, der wie Lütz bereits den Bergisch Gladbacher Konvoi der Busse für Butscha als Fahrer begleitet hat. Mit dabei sind auch der langjährige Helfer Simon Stachowiak, Willi Bolten und Karin Fischer, die als gute Seele der Humanitären Hilfe auch die Verpflegung unterwegs organisiert.

Unterwegs Suppe auf Rastplätzen aufgewärmt

Benedikt Promberger hat vorgekocht, die Bäckerei Müller Brot und Gebäck gestiftet und weitere Unterstützer haben Kuchen gebacken. Die Selbstverpflegung unterwegs ist kostensparend. Schließlich sind Sprit und Maut in Österreich und Rumänien, wo es selbst für den Hilfskonvoi keine Befreiung gibt mit etlichen Tausend Euro schon teuer genug – wenngleich auch da Unternehmer Spritkosten übernehmen.

Selbstverpflegung: warm gemachte Suppe auf dem Rastplatz.

Selbstverpflegung: warm gemachte Suppe auf dem Rastplatz.

Gegen 1 Uhr in der Nacht rollt auch das letzte der zehn Fahrzeuge durch Overath Richtung Süden, wenig später kommt über Funk auf der A3 die Meldung: „Auch Overath 10 ist auf der Bahn.“

Aufbruch mit den vereinseigenen Aufliegern an der Hammermühle.

Aufbruch mit den vereinseigenen Aufliegern an der Hammermühle.

„Super“, tönt’s von Norbert Kuhl im zweiten Lkw. Es ist bereits der 69. Hilfskonvoi, den der Overather seit Anfang der 90er Jahre in Kriegs-, Krisen- und Armutsregionen steuert. Allein vier waren es in diesem Jahr, drei davon in Kooperation mit dem Gladbacher Verein Hilfe Litauen Belarus, dessen Vorsitzender Uli Gürster im Overather Konvoi nach Rumänien ebenfalls mitfährt. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat auch die Hilfsorganisationen enger zusammenrücken lassen. Erstmals mit dabei ist Peter Budz aus Rösrath-Forsbach, der aus dem siebenbürgischen Hermannstadt (Sibiu) stammt.

Herzlicher Empfang in rumänischer Stadt Sebeș

Nach einer Übernachtung auf einem Pferdehof in Ungarn ist Sebeș am Abend des zweiten Fahrtags nach 29 Stunden Fahrt erreicht.

Nach zwei Tagen ist Sebeș in Siebenbürgen/Rumänien erreicht.

Nach zwei Tagen ist Sebeș in Siebenbürgen/Rumänien erreicht.

Der Empfang ist herzlich, die Gemeinde von Victor Suteu hat eigens eine Lagerhalle für die Verteilung der Hilfsgüter errichtet, die Stadtverwaltung einen Parkplatz für die Lastzüge schottern lassen.

Wiedersehen in Sebeș: die Hilfstransporteure aus dem Bergischen mit ihren rumänischen Partnern.

Wiedersehen in Sebeș: die Hilfstransporteure aus dem Bergischen mit ihren rumänischen Partnern.

Bevor’s am nächsten Morgen ans Abladen geht, haben sich die in Familien untergebrachten Hilfstransporteure und die rumänischen Partner eine Menge zu erzählen und ahnen dabei noch nicht, was der nächste Tag an Überraschungen bringen wird.

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Nächste Folge: Unerwartete Hilfe, ein rostiger Koloss und ein ungewöhnlicher Abladepunkt an der Autobahn.

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